«Es ist höchste Zeit, dass wir wieder loslegen können»
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Sänger Büne Huber:«Es ist höchste Zeit, dass wir wieder loslegen können»

Corona-Schutzkonzepte bringen Künstler und Veranstalter an den Anschlag
«Der Kantönligeist ist eine Katastrophe»

Maskenpflicht, Stehplätze, Datenangabe bei der Ticketbestellung. Der Bundesrat öffnet die 1000er-Grenze für Veranstaltungen ab Oktober. Die Schutzkonzepte überlässt er den Kantonen. Keine einfache Situation für die Event-Veranstalter.
Publiziert: 13.08.2020 um 22:49 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2020 um 13:50 Uhr
Flavia Schlittler und Jean-Claude Galli

Seit bald 20 Jahren tourt «Das Zelt» durch die Deutschschweiz. Die Plattform für Comedy-Künstler wie Divertimento und Bliss gehört zu den festen Bestandteilen der tourenden Events. Gründer und Mitinhaber Adrian Steiner (53) blickt mit gemischten Gefühlen auf das vom Bundesrat per Oktober gegebene grüne Licht für Events für mehr als 1000 Personen. «Die Kantone haben sehr starke und leider auch verschiedene Stimmen. Der Kantönligeist ist eine Katastrophe», sagt Steiner, welcher aus Erfahrung spricht. Denn bereits bis anhin musste er bei jedem einzelnen jeweils eine neue Bewilligung einholen. Dies werde im Rahmen der Corona-Schutzkonzepte noch viel komplizierter. «Nur schon in den Kantonen Luzern, Bern und Aargau werden unterschiedliche Konzepte verlangt.»

Sein Programm für «Das Zelt» stünde, sagt Steiner. Nun gehe es darum, ob seine Künstler mitziehen werden. «Wir werden bestimmt Maskenpflicht ab einem bestimmten Alter einführen. Und dann müssen wir entscheiden, ob wir unser Zelt vergrössern und weniger Leute hineinlassen.» Dies sei ein momentaner Entscheidungsprozess. Steiner hofft, seine Tour im Oktober starten zu können. «Und ich hoffe, dass wir eng mit den Kantonen zusammenarbeiten werden. Denn schliesslich freuen wir uns alle, wieder unterwegs sein zu können.»

«Es braucht viele Corona-Polizisten»
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CEO Steiner von «Das Zelt»:«Es braucht viele Corona-Polizisten»

«W. Nuss vo Bümpliz» lautstark hinter Schutzmasken

Diese Freude teilt auch Patent-Ochsner-Frontmann Büne Huber (58). Er gibt mit seiner Band vom 8. bis zum 11. September täglich ein Konzert vor 1000 Personen am Blausee im Berner Oberland. Diese werden unter strengen Sicherheitsmassnahmen durchgeführt. «Wir haben vier Sektoren und vier verschiedene Wege für den Einlass.»

Adrian Steiner, Gründer und Mitinhaber von «Das Zelt», stellt sich kritisch zu den verschiedenen Kantonsbestimmungen.
Foto: CARO Gammenthaler
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Dass die Besucher ihren Kultsong «W. Nuss vo Bümpliz» hinter Schutzmasken singen werden, stört Huber nicht. «Es ist so, dass ganz viele Dinge nicht mehr so sind, wie sie vorher waren. Aber ich komme mit der Vorstellung besser klar, als auf einer Autobahnraststätte aufzutreten, wo Leute mit Scheibenwischern oder Lichtblinken applaudieren.» Es sei für ihn und seine Bandkollegen Zeit, endlich wieder auftreten zu dürfen. «Wir wurden im vollen Lauf gestoppt. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder loslegen können.»

«Es ist höchste Zeit, dass wir wieder loslegen können»
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Sänger Büne Huber:«Es ist höchste Zeit, dass wir wieder loslegen können»

Im Hallenstadion gibt es vorerst keine Stehplätze

Wann im Zürcher Hallenstadion wieder Events stattfinden, ist zurzeit noch offen. Der erste werde wohl ein Eishockeyspiel sein, sagt Hallenstadion-CEO Philipp Musshafen (45). Das Schutzkonzept sei bereits erarbeitet. «Es ist so ausgerichtet, wie es nach unserer Auffassung funktionieren kann. Ob das den Kriterien des Bundes entspricht, das werden wir am 2. September erfahren und dann entsprechend anpassen», so Musshafen.

Der CEO ergänzt: «Uns wäre es ein grosses Anliegen, wenn wir bei den Kriterien, die der Bund ausarbeitet, mitreden könnten, unser Fachwissen einer Location und unsere Erfahrungen mit einbringen könnten.» Konkret umfasst ihr Konzept: Maskenpflicht bei den Ein- und Ausgängen, im Foyer und den Toiletten. Vorerst keine Stehplätze, personalisierte Tickets inklusive E-Mail-Adresse und Handynummer von jedem Besucher, nummerierte Sitzplätze, keine Pausen in den Shows und verlängerte Einlasszeiten.

So sieht das Schutzkonzept vom Hallenstadion aus
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Keine Pausen und Sitzplätze:So sieht das Schutzkonzept vom Hallenstadion aus

Düsteres Bild für die Samsung Hall

Anke Stephan (49), Geschäftsleitungsmitglied der Samsung Hall, sagt: «Wie das Sicherheitskonzept für unsere Veranstaltungen aussieht, ist von der Art und Grösse des Events abhängig. Die Schutzmassnahmen werden passend zum Event definiert und den Kantonen vorgestellt.» Kritisch fügt sie an: «Schutzkonzepte zu den verschiedenen Anlassarten liegen dem BAG bereits seit April durch unsere Branchenverbände vor. Daher besteht bei uns ein völliges Unverständnis darüber, warum man jetzt erst Konzepte seitens der Kantone ausarbeiten möchte. Zudem von Personen, die keinerlei Fachverständnis für unser Schaffen haben.»

Grundsätzlich zeichnet Stephan ein düsteres Bild: «In Bezug auf Shows oder Konzerte bleibt die Planungsunsicherheit, inwiefern internationale Acts einreisen dürfen respektive wollen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Jahr keine Konzerte mehr stattfinden. Wir verlieren in diesem Jahr im Minimum 80 Prozent unseres Umsatzes, bei laufenden Kosten für die Halle.»

Circus Knie setzt auf Maskenpflicht für alle ab 12 Jahren

Auch der National-Circus Knie, der seine Saison am 4. September startet, setzt auf Maskenpflicht für alle ab zwölf Jahren, Aufteilung in Sektoren, Datenerfassung bei der Ticketbestellung, nummerierte Sitzplätze und auch Optimierung der Luftzirkulation durch drei Lüftungen in der Zeltkuppel.

Ab 12 Jahren gilt Maskenpflicht
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Schutzkonzept des Circus Knie:Ab 12 Jahren gilt Maskenpflicht
In drei Wochen gibt es Klarheit

Künstler, Sportler und Event-Veranstalter können aufatmen: Ab 1. Oktober dürfen wieder Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern stattfinden. Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen.

Klarheit herrscht dennoch nicht. Denn wie genau und mit welchen Auflagen die Kantone die Events bewilligen oder verbieten dürfen, steht noch nicht fest. Gesundheitsminister Alain Berset (48) muss bis am 2. September zusammen mit den anderen Departementen und den Kantonen einheitliche Kriterien aufstellen.

Drei Wochen nur, um 26 Kantone und die verschiedenen Branchen unter einen Hut zu bringen – ein sportlicher Zeitplan. Dem Vernehmen nach sollen bereits am Freitag erste Telefonkonferenzen zwischen Bund und Kantonen stattfinden.

Doch genaue Absprachen sind nötig, um einen Flickenteppich zu verhindern. Die Gesundheitsdirektoren haben daher «griffige Bewilligungskriterien auf nationaler Ebene» gefordert.

Wie könnten die Kriterien und Auflagen aussehen? Klar ist bereits, dass es ausschliesslich und namentlich zugeteilte Sitzplätze geben wird. Die Kantone wünschen sich zudem eine maximale Auslastungsquote der Konzerthallen und Sportstadien – etwa von 50 Prozent. Sie fordern nicht nur Schutzkonzepte in den Veranstaltungsorten, sondern auch Zugangskonzepte. Und schliesslich könnte bis zum 2. September festgelegt werden, bei welcher epidemiologischen Entwicklung keine Bewilligung mehr erteilt werden kann – oder auch eine bereits erteilte Bewilligung widerrufen wird. Sermîn Faki

Künstler, Sportler und Event-Veranstalter können aufatmen: Ab 1. Oktober dürfen wieder Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern stattfinden. Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen.

Klarheit herrscht dennoch nicht. Denn wie genau und mit welchen Auflagen die Kantone die Events bewilligen oder verbieten dürfen, steht noch nicht fest. Gesundheitsminister Alain Berset (48) muss bis am 2. September zusammen mit den anderen Departementen und den Kantonen einheitliche Kriterien aufstellen.

Drei Wochen nur, um 26 Kantone und die verschiedenen Branchen unter einen Hut zu bringen – ein sportlicher Zeitplan. Dem Vernehmen nach sollen bereits am Freitag erste Telefonkonferenzen zwischen Bund und Kantonen stattfinden.

Doch genaue Absprachen sind nötig, um einen Flickenteppich zu verhindern. Die Gesundheitsdirektoren haben daher «griffige Bewilligungskriterien auf nationaler Ebene» gefordert.

Wie könnten die Kriterien und Auflagen aussehen? Klar ist bereits, dass es ausschliesslich und namentlich zugeteilte Sitzplätze geben wird. Die Kantone wünschen sich zudem eine maximale Auslastungsquote der Konzerthallen und Sportstadien – etwa von 50 Prozent. Sie fordern nicht nur Schutzkonzepte in den Veranstaltungsorten, sondern auch Zugangskonzepte. Und schliesslich könnte bis zum 2. September festgelegt werden, bei welcher epidemiologischen Entwicklung keine Bewilligung mehr erteilt werden kann – oder auch eine bereits erteilte Bewilligung widerrufen wird. Sermîn Faki

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