So lief der Super Tuesday für Joe Biden
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Blick TV in San Diego:So lief der Super Tuesday für Joe Biden

US-Korrespondent Nicola Imfeld über den Betrugsvorwurf, dass Sanders die Kandidatur geklaut wird
Das steckt hinter Trumps Verschwörungstheorie

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die Vorwahlen der Demokraten und um die Frage, ob Bernie Sanders – wie Trump behauptet – die Kandidatur geklaut wird.
Publiziert: 06.03.2020 um 07:57 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2020 um 11:02 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Viel Drama, Spektakel und eine irre Wende: Der amerikanische Super-Wahltag namens Super Tuesday hat Wort gehalten. Wie erwartet wird der Vorwahlkampf der Demokraten nun zum Rennen zwischen Joe Biden (77) und Bernie Sanders (78). Das Duell verspricht Hochspannung: der Revolutionär gegen den Liebling des Establishments.

Ex-Vizepräsident Biden ist nicht nur zurück im Geschäft, er gilt nun gar als Favorit auf die demokratische Präsidentschaftskandidatur. Sanders hat seine Poleposition quasi über Nacht verloren. Jemand, der das früh erkannt und an dieser Entwicklung überhaupt keine Freude hat, ist Donald Trump (73).

Dass sich der US-Präsident Sanders als Gegner wünscht, ist in Washington längst kein Geheimnis mehr. Der linksorientierte Senator aus Vermont hätte einen deutlich schwierigeren Stand im Direktduell mit Trump als Biden. Politbeobachter in Amerika sind sich (fast) einig: Wenn jemand eine Chance hat, Donald Trump zu schlagen, dann ist es Joe Biden.

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent für die Blick-Gruppe.
Foto: Mario Heller
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Demnach erstaunt es auch nicht, dass der US-Präsident die ganze Woche eine Verschwörungstheorie bewarb. Die Demokraten würden Sanders mal wieder die Kandidatur «stehlen», wiederholte Trump von Sonntag bis Donnerstag gefühlt in Dauerschleife. In einem Tweet sprach er gar von einem «Coup» der demokratischen Partei. Was steckt hinter dieser Verschwörungstheorie aus dem Weissen Haus?

2016 wurde Sanders von den Demokraten benachteiligt

Eine Rückblende auf 2016 zeigt: Mehr als man vielleicht denkt! Damals wurde der parteilose Sanders bei den Vorwahlen gegen Hillary Clinton (72) erwiesenermassen benachteiligt. Von den Demokraten und den grossen US-amerikanischen Medien.

Die Fakten: Wikileaks-Enthüllungen zeigten im Sommer 2016, dass die Organisation der demokratischen Bundespartei, das Democratic National Committee (DNC), Clinton im Vorwahlkampf gegenüber Sanders bevorzugt hatte. Und das, obwohl die Parteistatuten Unabhängigkeit verlangen.

Im gleichen Zeitraum erschien eine Medienuntersuchung von «Harvard». Diese befand, dass über die Kampagne von Sanders weniger und in einem schlechteren Licht berichtet wurde als über Hillary Clintons Kandidatur.

Wiederholt sich also die Geschichte? Trump stützt seine Aussage einerseits auf 2016, andererseits auf Bewerber wie Pete Buttigieg (38) und Amy Klobuchar (59). Beide haben kurz vor dem Super Tuesday ihre Kandidatur zurückgezogen und ihre Anhänger aufgerufen, Biden zu unterstützen. Ein «abgekartetes Spiel», wie Trump kommentierte.

Was Trump wirklich versucht

Noch fehlen Studien und Daten zum Vorwahlkampf 2020. Demnach kann man Trumps Verschwörungstheorie weder abschliessend belegen noch widerlegen. Man hat den Eindruck, dass die US-Medien Sanders diesmal von Anfang an ernst genommen und intensiv über seine Kandidatur berichtet haben.

Als Sanders im Februar die Bundesstaaten New Hampshire und Nevada gewann, war er tagelang Gesprächsthema Nummer 1. Nur logisch, dass seit dem Super Tuesday nun die Aufmerksamkeit Comeback-Kid Joe Biden gilt. Auch Sinn macht es, dass sich die moderaten Buttigieg und Klobuchar hinter den letzten verbliebenen Mitte-Demokraten stellen: Biden. Von einem «Coup», wie Trump es bezeichnet, kann keine Rede sein.

Allerdings gilt auch festzuhalten: Eine Vielzahl von Kommentatoren, die in den klassischen US-Medien auftreten, bevorzugen Biden. Ob es daran liegt, dass der Ex-Vizepräsident bessere Chancen gegen Trump hat, oder ob sie einfach eine Mitte-Politik gegenüber einer linken bevorzugen, ist offen. Wohl treffen beide Aussagen etwas zu.

Trump verfolgt mit seiner Verschwörungstheorie indes nur ein Ziel: Er will bei den Demokraten Unruhe stiften. Dumm ist das nicht. Verboten auch nicht. Diese Taktik könnte sich gar auszahlen, schliesslich haben einige Sanders-Anhänger 2016 aus Frust Trump anstelle von Clinton die Stimme gegeben.

US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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