Coronavirus könnte Trump zerstören
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BLICK über die US-Wahlen 2020:Coronavirus könnte Trump zerstören

BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über Sars-CoV-2 aus China und die Auswirkungen auf Amerika
Coronavirus könnte Trump zerstören

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die neuartige Lungenkrankheit aus China und deren Auswirkungen auf Amerika und das Weisse Haus.
Publiziert: 28.02.2020 um 08:32 Uhr
|
Aktualisiert: 19.03.2020 um 07:30 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Die Angst vor dem Coronavirus ist diese Woche auch in den USA angekommen. Nur einer will das noch nicht so richtig wahrhaben: US-Präsident Donald Trump (73).

Bislang gibts in den Vereinigten Staaten knapp 60 Infizierte. Das ist verhältnismässig wenig, doch die nationale Gesundheitsbehörde warnt: Die neuartige Lungenkrankheit aus China dürfte sich auch in Amerika ausbreiten.

An der New Yorker Börse ist man von der Angst schon zur Panik übergegangen. Innert einer Woche fiel der Dow Jones, der wichtigste Aktienindex des Landes, um über zwölf Prozent. Am Donnerstag verzeichnete die Wall Street gar einen Rekordverlust: Der Dow Jones verlor knapp 1200 Punkte – so viel wie noch nie zuvor in der 126-jährigen Geschichte!

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent für die Blick-Gruppe.
Foto: Mario Heller
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Bedeutet: Die famosen Gewinne seit dem vergangenen Sommer sind innert sieben Tagen ausradiert worden. Und was die Anleger schmerzt, das lässt Donald Trump nicht kalt. Der US-Präsident sah sich am Mittwoch zu einer Corona-Pressekonferenz gezwungen. Seine Botschaft, die er immer wieder in allen möglichen Variationen wiederholte: Alles easy, folks! Alles easy. Wortwörtlich sagte Trump unter anderem: «Das Risiko für das amerikanische Volk bleibt sehr gering.»

Dumm nur, dass die amerikanischen Experten ihm widersprechen. Die drohende globale Coronavirus-Pandemie sei ein erhebliches Problem für die USA, sagte etwa die Nummer 2 der US-Gesundheitsbehörde. Man rechne mit weiteren Fällen und habe die Schulen angewiesen, sich auf eine rapide Ausbreitung des Coronavirus vorzubereiten.

Coronavirus erhöht Chancen auf Trump-Niederlage

Donald Trump gab nicht nur bei der Corona-Pressekonferenz kein gutes Bild ab. Er machte am Mittwoch via Twitter die Journalisten verantwortlich für die Verluste an den Börsen. Dabei unterstellte er den grossen amerikanischen Medienunternehmen, die Gefahr des Coronavirus absichtlich zu überzeichnen. Der Grund für die präsidialen Twitter-Tiraden sind offensichtlich: Trump hat Angst vor dem Coronavirus. Eine Pandemie könnte seine politische Zukunft zerstören.

Warum? Wegen der Wirtschaft.

Am Mittwoch teilte der Chefökonom von der Rating-Agentur Moody's mit, dass sich wegen dem Coronavirus die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession im ersten Halbjahr verdoppelt habe. Neu schätzen die Ökonomen das Eintreten dieses Risikos auf 40 Prozent ein. Die Analysten von Goldman Sachs zogen am Donnerstag nach. In einem Bericht warnen sie, dass die «Coronavirus-Epidemie das US-Wirtschaftswachstum wesentlich beeinträchtigt». Dies erhöhe die Chance eines «Wahlsiegs der Demokraten».

Hinsichtlich der US-Wahlen im November ist Trump auf eine starke Wirtschaft angewiesen. Gerade er, der sich regelmässig und lauthals als Baumeister der boomenden US-Konjunktur verkauft, dürfte eine Rezession politisch kaum überleben. Es ist auch das Argument Wirtschaft, das so viele konservative Wähler, die an Trumps Stil überhaupt keinen Gefallen finden, bei Laune hält.

Ein Blick zurück zeigt: Kein anderer Faktor fällt so sehr ins Gewicht wie die Lage der Wirtschaft, wenn es um die Wieder- oder Abwahl eines US-Präsidenten geht. Seit dem amerikanischen Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert wurde nur ein Präsident wiedergewählt, bei dem in den letzten beiden Kalenderjahren seiner ersten Amtszeit eine Rezession auftrat: William McKinley im Jahr 1900.

Trump erklärt seinen Vize zum Corona-Chef

Man könnte aus dieser Analyse also schliessen, dass Trump das Coronavirus zur Chefsache erklärt. Schliesslich geht es um seine politische Zukunft – und die geniesst für den US-Präsidenten oberste Priorität. Doch weit gefehlt! Trump wählt einen anderen Weg. Er erklärte an der Pressekonferenz am Mittwoch, dass sein Vizepräsident Mike Pence den Kampf gegen das Coronavirus leiten wird.

Dass er die Angelegenheit in fremde Hände gibt, lässt Raum für Spekulationen. Weiss Trump, dass er in Sachen Coronavirus nur verlieren kann? Will er sich die Finger deshalb nicht noch mehr verbrennen?

Mike Pence steht jedenfalls schon gehörig in der Kritik. Die Medien erinnern an seine Zeit als Gouverneur von Indiana zurück. Damals erlebte er den grössten HIV-Ausbruch in der Geschichte des Bundesstaates mit. Studien zeigten hinterher auf, wie Pence und seine Regierung in der Krisenbewältigung versagt haben. «Und jetzt soll dieser Mann uns vor dem Coronavirus schützen?», fragte ein bekannter Late-Night-Host am Mittwochabend.

Zynisches Fazit dieser Woche: Das Coronavirus gibt den Trump-Gegnern wieder etwas Hoffnung. Denn die Vorwahlen der demokratischen Partei sind bis jetzt ein einziges Trauerspiel. Keiner der Kandidaten scheint in der Lage, Trump im Herbst bezwingen zu können. Die grösste politische Gefahr geht für den US-Präsidenten derzeit also nicht von Bernie Sanders (78) oder Joe Biden (77) aus, sondern vom Coronavirus.

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