Kolumne «Wild im Herzen» über die Bachstelzen
Twerking in der Vogelwelt

Dschiwitt! In diesen Tagen hört man den Ruf der Bachstelze wieder, der Frühling kann nicht mehr weit sein. Wer da vor lauter Vorfreude ein Twerking-Tänzchen hinlegt, ist nicht allein: Der Vogel wackelt mit.
Publiziert: 12.03.2021 um 07:02 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2021 um 16:06 Uhr
Simon Jäggi

Eine Schwalbe allein beendet noch keinen Winter – eine Bachstelze gehört auch dazu. Wie die Schwalben gelten die Bachstelzen als Frühlingsboten, besonders für jene Menschen, die die wärmeren Tage ganz besonders fest herbeisehnen. Die Bachstelze zählt nämlich zu den ersten Zugvögeln, die heimkehren. Sie taucht bereits auf, wenn die ersten Krokusse spriessen – in diesen Tagen sollten Sie die ersten Heimkehrer beobachten können. Ihren typischen hellen Ruf, dschiwitt, kann man frei übersetzen mit: «Durchhalten, jetzt gehts nicht mehr lange.»

Anders als ihr Name es vermuten lässt, besiedelt die Bachstelze nicht nur Fliessgewässer. Sie ist eine Kulturfolgerin, auch zu entdecken in Gärten, auf Dächern, Spielplätzen oder an Strassen. Nur den Wald meidet sie. Die Nähe zum Wasser sucht sie vor allem der Insekten wegen, von denen sie sich ernährt – hauptsächlich Fliegen und Mücken. Ein weiterer Ort, wo Bachstelzen häufig zu beobachten sind, sind Bauernhöfe – auch hier, weil es kreucht und fleucht.

Zudem profitiert sie von den Nistplätzen, die Bauernhöfe bieten. Die Bachstelze kann ihre Nester fast überall bauen. Sogar in Kotflügeln von Lastwagen sind schon Gelege entdeckt worden. Erstaunlicherweise zieht sie die Zivilisation der Natur vor.

Simon Jäggi, Mitarbeiter Naturhistorisches Museum Bern.
Foto: Rodriguez/NMBE

Ruhe auf den billigen Plätzen

Die älteren Männchen kommen früher zurück aus dem Süden und besetzen lieber Reviere, die Nistplätze in künstlicher Umgebung bieten, also zum Beispiel in Mauernischen. Gelege in natürlicher Umgebung gehören zu den «billigen Plätzen». Offenbar, weil sie oft weniger hoch gelegen sind. Die Weibchen kommen zwei Wochen nach den Männchen an – und wenn sie noch keinen Partner haben, suchen sie sich einen mit einem attraktiven Nistplatz.

Auch wenn die Bachstelze vom Menschen profitiert: Auch ihre Bestände nehmen in letzter Zeit ab. Als Insektenfresser leidet sie unter der intensiven Landwirtschaft, etwa dem Einsatz von Pestiziden.

Ein typisches Merkmal der Bachstelze ist das Wippen mit dem Schwanz – ein ständiges Twerking, wie man es vom füdliwackelnden Tanzstil kennt. Den Grund dafür kennt die Wissenschaft nicht, sie hat bloss Vermutungen. Ein überzeugender ist, dass die Bachstelze ihren Jägern signalisieren will: «Ich bin wachsam. Es lohnt sich gar nicht, mich anzugreifen.»

Simon Jäggi (41) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK über Tiere.

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