Fix zur Gesellschaft
Wieso das Bügelbrett weg muss

Unsere Autorin hat sich mit 36 Jahren das erste Mal ein Bügelbrett gekauft. Nun schreibt sie darüber, warum das ein grosser Fehler war.
Publiziert: 21.05.2022 um 19:59 Uhr
Alexandra Fitz

Ich habe tatsächlich mein erstes Bügelbrett gekauft. Ich überlegte schon lange – ich möchte fast sagen seit Jahren –, ob ich mir eines anschaffen soll. Das hat nichts mit dem Preis zu tun, sondern mit meiner Einstellung gegenüber der Bügelei. Und dass ich mich mit so einem Kauf ein Stück weit selbst verraten würde. Jahrelang proklamierte ich: «Ich bügle nicht, ich tue glatt streichen.»

Man wird aber älter – und vielleicht auch reifer. Das fand auch meine Mutter und bestand schon vor vielen Jahren darauf, dass ich ein Dampfbügeleisen kaufe (sie brachte es zur Kasse, ich musste!). Seither dampfe ich gewisse Kleider. Betonung auf Dampfen. Ich hänge das Stück am Bügel auf und dampfe ein paar Sekunden drüber. Fertig. Derzeit bleibt der Dampfer wieder öfter im Schrank.

Das Dilemma aber ist, dass ich gebügelte Kleidung sehr schön finde. Wenn meine Mama zu Besuch ist und mich fragt, ob ich etwas zu bügeln habe, sage ich natürlich in bester Tochtermanier: «Nein! Du musst doch hier nicht bügeln, Mama!», meine aber in Wirklichkeit: «Ja, den ganzen Schrank kannst du bügeln. Danke!» Und weil sie mich halt kennt, bügelt sie. Und shame on me: Sie muss dann das Bügelbrett bei meiner Schwester im oberen Stock holen!

Das Dilemma der Autorin: Sie findet gebügelte Kleidung eigentlich sehr schön.
Foto: plainpicture/Millennium/Andris Feldmanis

Wenn ich nach Hause komme, hängen die Sachen glatter als glatt im Türrahmen. Ich sage Ihnen, die Sachen sehen ganz anders aus. Manchmal erkenne ich sie gar nicht wieder. Ich sagte meiner Mama dann auch schon, dass ich mich gar nicht traue, die Kleider anzuziehen, geschweige denn, mich im Tram hinzusetzen. Vor lauter Angst vor Falten.

Jetzt bin ich noch etwas älter – und vielleicht auch reifer. Darum kam mir die Idee, dass abends Bügeln auch etwas Meditatives sein könnte. Ich bestellte ein Brett. Und als es kam, lehnte es erst mal ein paar Wochen an der Wand. Verpackt. Und da fühlte es sich an, als ob ich mich selbst verraten hätte. Dieser Gegenstand in meiner Wohnung, ich wollte ihn loswerden. Ich überwand mich, packte das Bügelbrett aus und stellte es auf. «So ein Scheiss!», sagte ich zu mir selbst. Es war total niedrig. Und das ist ja nicht gut für den Rücken. «Du gehst schön wieder zurück», sagte ich zum Bügelaccessoire. Ein bisschen froh darüber, dass es ein Fehlkauf war, druckte ich die Retourenetikette aus. Das Bügelbrett lehnt jetzt wieder verpackt an der Wand.

(«Mama, liest du das? Kannst du bitte wieder mal bügeln kommen? Merci!»)


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