Fix zur Gesellschaft
Vom Himbeerstrauch und vom besten Riebel der Welt

Die Grossmutter unserer Autorin ist verstorben. Bei all der Traurigkeit dankt sie ihr für die schöne Kindheit.
Publiziert: 16.01.2021 um 20:09 Uhr
|
Aktualisiert: 09.04.2021 um 15:05 Uhr
Alexandra Fitz

Am Freitag war die Beerdigung meiner Grossmutter. Sie wurde fast 92. Auch wenn ich weiss, dass es ihr bis zum Ende gut ging, sie nicht leiden musste und sie ein langes Leben hatte, bin ich traurig. Traurig über diese Endgültigkeit. Bei der Verabschiedung und bei den Tränen, die einen immer mal wieder übermannen, in den unerwartetsten Momenten, wurde mir klar:

Wie viele Kindheitserinnerungen mit einer Oma verbunden sind. Wenn ich Oma sah, sah ich mich auch immer als kleines Mädchen und erinnerte mich an eine frühere Zeit.

Wenn wir bei meiner Oma ankamen – wir fuhren jeden Mittwochnachmittag und oft am Wochenende zu ihr –, stieg ich aus dem Auto und rannte zum Himbeerstrauch hinterm Haus. Ich pickte jede Beere ab und stopfte sie genüsslich in den Mund. Bald war ich enttäuscht, dass keine Beeren mehr übrig waren. Aber als ich dann ins Haus kam, lag da schon eine kleine Glasschale voller dunkelroter Himbeeren. Oma hatte sie bereits gepflückt, weil sie wusste, wie gern ich sie habe.

Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin.
Foto: Thomas Meier

Bei Oma durften wir auch immer wünschen, was wir essen möchten. Aber zum Frühstück wollten wir immer Riebel. Ein Armeleuteessen aus dem Vorarlberger und St. Galler Rheintal. Wir assen ihn mit Zucker und Milch, Oma und Opa mit Kaffee. Heute noch liebe ich das Maisgericht – nach dem Tod von Omi ass ich es jeden Morgen. Als Erinnerung.

So viele Speisen verbinde ich mit meiner Grossmutter, aber auch Orte der Gemütlichkeit und Idylle. Zum Beispiel «Hintrm Hus». So nannten wir einen Sitzplatz im Garten hinter einem alten Bauernhaus, in dem mein Grossvater aufwuchs. Die Wiese war voller Obstbäume. Äpfel, Birnen, Zwetschgen. Und es war immer etwas los: Gäste, Freunde, Nachbarn. Die Leute kamen einfach und schauten, wer so da ist, mein Grossvater presste selbst Most und brannte Schnaps, den musste man natürlich probieren. Meine Oma richtete für alle Briend (Plättli), buk frischen Zopf und tischte selbst gemachte Marillenmarmelade auf. Finden Sie nicht auch, dass Marillen viel hübscher klingt als Aprikosen?

Ich erinnere mich so gern an meine Kindheit. Nun weiss ich, woran das liegt. Es liegt an meiner tollen Omi.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?