Fix zur Gesellschaft
Als ich einen Brotlieferanten überfallen wollte

Unsere Autorin steht auf Brot. Schon immer. Sie ist bereit, einiges für einen guten Laib zu tun.
Publiziert: 08.05.2021 um 17:28 Uhr
Alexandra Fitz

Ich möchte Ihnen mein Verhältnis zu Brot erklären. Anhand eines kleinen Vorfalls, der sich letzte Woche zugetragen hat. Ich bin morgens um viertel nach sieben durch mein Quartier gelaufen, es hat geschüttet wie aus Fässern. Ein Brotbote fuhr mir entgegen. Mit Elektrobike und Anhänger. Dass köstliches Gep(b)äck kutschiert wird, verriet der Aufkleber. Der Name einer sehr hippen, sehr guten Bäckerei. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich mich an einem Punkt in meinem Leben befinde, an dem ich am ehesten einen Brotkurier überfallen würde. Viel eher als einen Geldtransporter. Mein Verlangen nach diesem Brot war so gross, ich erwähne jetzt auch nicht, dass ich in meiner Hand ein Säckli mit Gipfeli hielt, die ich ein paar Minuten zuvor gekauft hatte.

Brot war schon immer sehr wichtig in meinem Leben. Das selbst gebackene meiner Mutter und der Wunsch, im Gasthaus nix bestellen zu müssen, sondern bitte bitte Butterbrot essen zu dürfen – und dann natürlich einen Dessert. Am liebsten: Kaiserschmarren oder Apfelküechli. Okay, «Heisse Liebe» (Vanille-Glacé mit warmen Himbeer-Saucen) tat es in den 90ern auch. Es war mir ganz egal, ob in einer Knelle ein Körbli voller Ruchbrotschnitten kam oder man in einem etwas besseren Restaurant aus einem grossen Korb Minibrötli wie Kornspitz oder Laugen aussuchen durfte. In Wien wohnten wir als Studenten gegenüber einer Spelunke. «Im rostigen Anker» tranken wir Weissgespritzten für 1,70 Euro und bekamen von Wirtin Rosi mit allerlei beschmierte Schwarzbrotschreiben gratis dazu. Rosi war unsere Rettung.

Seit ich selber einen Haushalt führe – oder es zumindest versuche –, mache ich hin und wieder Brot. Im ersten Lockdown buk ich quasi nur Brot. In allen Varianten und Formen. Ich glaube, dass Brotbacken eine wichtige Fähigkeit ist. Das wird mir gerade wieder bewusst. Ich schaue derzeit eine Serie, bei der 100 Jugendliche fast 100 Jahre nach einem Atomkrieg von einer Raumstation auf die Erde geschickt werden und versuchen zu überleben. Was wegen diverser Umstände verdammt schwer ist. Ich stelle mir dann immer vor, dass es schon schampar praktisch wäre, wenn ich nach so einer Apokalypse bisschen backen könnte.

Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin.
Foto: Thomas Meier
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