Grosse Studie zeigt Unterschiede
Wer in der Schweiz wie viele Freunde hat

Eine Studie untersucht erstmals schweizweit, wie viele Freunde wir haben und wie sie uns beeinflussen. Die Zahlen zeigen Erstaunliches bei älteren und Erschreckendes bei jüngeren Leuten.
Publiziert: 07.08.2023 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2023 um 16:12 Uhr
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Aleksandra HiltmannRedaktorin Gesellschaft

Über 3000 Personen zwischen 16 und 80 Jahren hat das Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI) für die erste schweizweite Freundschaftsstudie befragt. Die Antworten zeichnen ein umfassendes Bild darüber, wie Freundschaften unser Leben prägen und warum sie für uns persönlich, aber auch gesamtgesellschaftlich und politisch wichtig sind.

Mehr Freunde sind nicht einfach besser

Schweizerinnen und Schweizer sind im Schnitt mit vier Personen eng befreundet, wobei zwei und drei enge Freundinnen und Freunde am häufigsten genannt werden. Am meisten enge Freundschaften haben die Leute in der Westschweiz (4,3 im Schnitt), am wenigsten jene in der italienischsprachigen Schweiz (im Schnitt 3,3).

Die grosse Freundschafts-Studie

Die Studie «In guter Gesellschaft. Die grosse Schweizer Freundschaftsstudie» wurde in drei Teilen durchgeführt:

  1. Fokusgruppen: In insgesamt fünf Fokusgruppen haben je vier bis fünf Teilnehmende an qualitativen Interviews teilgenommen. Die Befragten waren verschiedenen Alters, die Gruppen gemischtgeschlechtlich. Eine Gruppe bestand aus in die Schweiz Zugezogenen.
  2. Onlinebefragung: Zwischen dem 31. Mai und 6. Juni 2023 nahmen 3000 Personen zwischen 16 und 80 Jahren an einer Onlinebefragung teil. Vertreten waren Personen aus der deutsch-, französisch- und italienschsprachigen Schweiz, die Befragung sei «repräsentativ für Landesteile, Altersgruppen und Geschlechter».
  3. Interventions-Studie: 63 Teilnehmende wurden im Rahmen einer Interventions-Studie befragt. Die Intervention bestand darin, einen Freund oder eine Freundin anzurufen, mit dem oder der man lange keinen Kontakt mehr hatte.

Durchgeführt wurde die Studie vom Gottleib-Duttweiler-Institut (GDI) in Rüschlikon ZH. Den Auftrag dazu gab das Migros-Kulturprozent. Dieses lanciert nun die #freundschaftsinitiative. Ein Jahr lang soll die Bevölkerung mittels verschiedener Projekte dazu motiviert werden, soziale Beziehungen zu pflegen.

Die Studie «In guter Gesellschaft. Die grosse Schweizer Freundschaftsstudie» wurde in drei Teilen durchgeführt:

  1. Fokusgruppen: In insgesamt fünf Fokusgruppen haben je vier bis fünf Teilnehmende an qualitativen Interviews teilgenommen. Die Befragten waren verschiedenen Alters, die Gruppen gemischtgeschlechtlich. Eine Gruppe bestand aus in die Schweiz Zugezogenen.
  2. Onlinebefragung: Zwischen dem 31. Mai und 6. Juni 2023 nahmen 3000 Personen zwischen 16 und 80 Jahren an einer Onlinebefragung teil. Vertreten waren Personen aus der deutsch-, französisch- und italienschsprachigen Schweiz, die Befragung sei «repräsentativ für Landesteile, Altersgruppen und Geschlechter».
  3. Interventions-Studie: 63 Teilnehmende wurden im Rahmen einer Interventions-Studie befragt. Die Intervention bestand darin, einen Freund oder eine Freundin anzurufen, mit dem oder der man lange keinen Kontakt mehr hatte.

Durchgeführt wurde die Studie vom Gottleib-Duttweiler-Institut (GDI) in Rüschlikon ZH. Den Auftrag dazu gab das Migros-Kulturprozent. Dieses lanciert nun die #freundschaftsinitiative. Ein Jahr lang soll die Bevölkerung mittels verschiedener Projekte dazu motiviert werden, soziale Beziehungen zu pflegen.

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Zum erweiterten Freundeskreis zählen die meisten bis zu zehn Personen, zum Bekanntenkreis durchschnittlich 34.

Blick hat Menschen gefragt, was sie mit ihren Freundinnen und Freunden unternehmen. In Schaffhausen haben wir Regine Frey (l.) und Vreni Knoepfel getroffen.
Foto: Siggi Bucher
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Doch mehr ist nicht einfach besser, zeigen die Studienautoren: «Für ein Sozialleben entscheidend ist nicht nur, wie viele Freundinnen man hat, sondern auch, wie oft man diese sieht.»

Genau da sieht aber fast die Hälfte der Befragten ein Problem. Sie geben an, zu wenig Zeit zu haben, um Freundschaften zu pflegen.

Während die Anzahl enger Freundinnen und Freunde in Deutschland und den USA ähnlich ist wie in der Schweiz, sei die Häufigkeit, mit der man sich trifft, in der Schweiz im internationalen Vergleich eher tief, so die Studienautoren.

Dabei wären häufige Treffen wichtig. Die Zahlen aus der Schweiz zeigen: Jene Befragten, die sich öfter sehen, sind zufriedener mit ihren Freundschaften.

Social Media und Internet als Chance für Ältere

Einige der Teilnehmenden, die man in kleineren Gruppen befragte, gaben zu Protokoll, dass sie Routinen entwickelt haben, um regelmässig Kontakte zu pflegen. Eine Person sagte etwa: «Ich darf zweimal pro Woche abends weg, um Kollegen zu treffen. Diese Abmachung habe ich mit meiner Familie.» Eine weitere trifft sich wöchentlich zum Kegeln, eine andere geht jeden zweiten Freitag zum «Männerabend». Auch Social Media wird genannt, um Freundschaften zu pflegen.

Soziale Medien mögen auf den ersten Blick oberflächlich und deshalb echten Freundschaften wenig dienlich erscheinen. Die Studie des GDI zeigt jedoch, dass Social Media nebst der Möglichkeit, Freundschaften zu pflegen, noch eine weitere wichtige Funktion übernehmen können: Gerade für ältere Personen, die nicht mehr zur Schule oder Arbeit gehen, sind sie ein wichtiger Ort, um neue Freundinnen und Freunde zu finden – auch solche, mit denen sich ein enges Verhältnis entwickelt. Bei den über 64-Jährigen trifft das auf mehr als jede zehnte Person zu.

Die Jungen fühlen sich am einsamsten

Ebenso wenig, wie man erwartet, dass Pensionäre eher Freunde im Internet finden als Junge, denkt man, dass es eher die Jüngeren sind, die mit Einsamkeit zu kämpfen haben.

Rund ein Drittel der unter 35-Jährigen fühlt sich die Hälfte der Zeit oder häufiger einsam. 20- bis 35-Jährige mit vielen engen Freundinnen und Freunden sind somit ähnlich einsam wie über 64-Jährige, die mit niemandem eng befreundet sind.

Dass in der Schweiz die Einsamkeit steigt, zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Dass Einsamkeit der Gesundheit schadet, haben zahlreiche Studien bereits dargelegt.

Was kann die Gesellschaft tun, um diesem Trend entgegenzuwirken und gerade jüngere Menschen aus dem negativen Gefühl zu befreien?

Aufschluss darüber gibt die sogenannte Interventions-Studie, die ein Teil der grossen Freundschaftsbefragung war. Die Teilnehmenden wurden gebeten, einen Freund oder eine Freundin anzurufen, mit der der Kontakt vor langer Zeit abgebrochen war.

Gerade die jüngeren Teilnehmenden seien positiv überrascht gewesen, wie gut dieses Gespräch verlaufen sei, so die Studienautoren. «Als wäre keine Zeit vergangen. Dabei hatten wir zehn Jahre Funkstille (...), wir waren sofort wieder die Jungs von damals», schreibt einer der Teilnehmer.

Das eigene Netzwerk zu aktivieren – gerade auch die eingerosteten Teile – lohnt sich laut Studie also. Ebenso lohne es sich, Orte aufzusuchen, wo man auf Gleichgesinnte trifft, etwa Vereine. Denn Gemeinsamkeiten seien essenziell, dass Freundschaften entstehen können, schreiben die Studienautoren, das zeigen auch die Zahlen.

Freunde motivieren einen, sich sozial zu engagieren

Ein gutes soziales Netz zu haben hilft nicht nur gegen Einsamkeit und deren Auswirkungen. Die Studie des GDI zeigt, dass gerade gute Freundschaften nebst positiven Effekten auf Psyche und Persönlichkeitsentwicklung auch der Gesellschaft etwas bringen.

So würden sich nämlich über die Hälfte der Befragten zumindest teilweise wegen ihrer Freundinnen und Freunde sozial und politisch engagieren oder sich in einem Verein, Ehrenamt oder in der Nachbarschaft einbringen. «Wünschenswert» finden das die Studienautoren angesichts einer polarisierten Welt. Und mehr Engagement führe auch wieder zu mehr Kontakten und somit Freundschaften.

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