Sie haben im Lockdown die Liebe gefunden
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Über Tinder:Sie haben im Lockdown die Liebe gefunden

Wegen der Pandemie machen Paare schneller ernst
Im Lockdown zur Liebe

Die Pandemie beschleunigt die Liebe: Diese vier Paare sind während des Lockdowns zusammengekommen – und sind überzeugt, dass die Krise auf ihre Beziehung einen positiven Einfluss hatte.
Publiziert: 28.07.2021 um 01:21 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2021 um 13:42 Uhr
Katja Richard

Mehr Zeit zu zweit, weniger Ablenkungen von aussen: Für Paare, die im Lockdown zusammengekommen sind, war die aussergewöhnliche Situation eine Chance, sich langsamer und zugleich intensiver kennenzulernen. Vier Frischverliebte erzählen, wie gerade dank der Pandemie endlich das passende Gegenüber gefunden haben.

Milena Haller (52), Mentorin, und Thomas Thöni (56), Architekt

Beim ersten Kuss hatte Milena Haller (52) leichten Husten und etwas Fieber. Thomas Thöni (56) sagt lachend: «Ich hatte Covid schon durchgemacht, darum haben wir es gewagt.» Kennengelernt hat sich das Paar im letzten Oktober, kurz vor dem zweiten Lockdown, auf der Dating-App Tinder. Milena wünschte sich schon länger, mit einem Mann zusammen durchs Leben zu gehen, und informierte sich auch bei einer Vermittlungsagentur: «Man sagte mir, dass meine Chancen mit Ü50 und meiner Körpergrösse gering seien.» Die Sängerin und Speakerin ist 1,78 Meter gross und trägt gerne Absätze. Auf der App störte das kaum: «Ich hatte ein Gold-Abo und bekam 2130 Likes, das schmeichelte mir. Aber ich hatte einen klaren Filter: Abenteuer interessierten mich nicht, ich wollte einen Mann, mit dem ich ein Nest bauen und losziehen kann.»

Sie wohnte ganze 16 Jahre lang allein. «Corona hat auf meine wunden Punkte gedrückt, plötzlich verspürte ich eine Einsamkeit, wie ich sie vorher nicht gekannt hatte.» Zudem sei sie in einem Alter, in dem sie keine Zeit zu verlieren habe, lange Chats, das ist nicht ihr Ding. Nach dem ersten Telefonat wollte sie Thomas eigentlich gar nicht treffen – und ist heute froh, es trotzdem getan zu haben: «Er überzeugte mich mit seiner wunderbaren Persönlichkeit.» Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick, als ihm das ehemalige Model Milena entgegenkam, bei ihr dauerte es etwas länger – nach ein paar Monaten war sie überzeugt.

Im Lockdown verliebt: Milena Haller und Thomas Thöni.
Foto: Anja Wurm
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Eine rosa Brille helfe nicht beim Dating, es brauche Mut, so Milena. «Wir haben alles auf den Tisch gelegt, es war ein ehrlicher Austausch.» Das war zunächst eher anstrengend als romantisch, und die Beziehung verlief nicht nur harmonisch, es gab öfters Auseinandersetzungen. «Bei jeder anderen wäre ich davongelaufen, aber mit Milena erlebte ich vom ersten Tag an eine tiefe Herzensverbindung, so, wie ich das vorher nicht kannte», erinnert sich Thomas.

Die Wochenenden im Pandemie-Winter verbrachte das Paar meist in Milenas Wohnung in Luzern. «Da gab es nur uns, man konnte weder ausgehen noch Events oder Freunde besuchen. Und ich war da auch nur zu Gast», sagt Thomas, der damals noch in Basel wohnte. Das war auch eine Probezeit für die Liebe unter erschwerten Bedingungen, zugleich eine Chance, sich wirklich näher zu kommen. Im Frühling schmiedete das Paar Pläne fürs Zusammenleben, am 10. Juni war es so weit, der Architekt und die Expertin für Auftritt bezogen nicht nur eine gemeinsame Wohnung, sondern teilen seit Juli auch Büroräume in Luzern.

Beide sind sich sicher: Ohne Pandemie wäre das nicht so schnell gegangen. «Man lernt sich viel intensiver kennen, ein halbes Jahr fühlt sich an wie zwei Jahre.» Für Thomas ist Milena die Frau seines Lebens, und auch sie ist sich sicher: «Es gibt die grosse wahre Liebe, ich habe immer an sie geglaubt, jetzt habe ich sie gefunden – Thomas ist mein Traummann.»

Katharina (51), Event-Managerin, und Franco (51), Jurist

Die Lust aufs Alleinsein ist Katharina (51) so richtig vergangen, als es letzten Herbst wieder mit dem Lockdown losging: «Ich war auf verschiedenen Dating-Plattformen, die Sehnsucht nach menschlicher Nähe war gross, aber bloss eine Affäre, das wollte ich nicht. Zum Glück hatte ich noch meine beiden Katzen zum Schmusen.» Kam erschwerend hinzu, dass echte Begegnungen wegen Corona kaum möglich waren. Denn Katharina war diesbezüglich sehr vorsichtig: «Wir hatten Kontakt im kleinen Familienkreis, und meine Eltern sind schon ziemlich betagt.»

Auch Franco (51) wollte wegen Corona keine Risiken eingehen. «Ich wurde als möglicher Risiko-Patient eingestuft, und wir hatten zwei Fälle in der Familie, einer davon mit heftigem Verlauf.» Wie also lernten sich die beiden kennen? «Durch Zufall und gemeinsame Freunde», so Franco. Auf Facebook fiel ihm bei einem Freund ein Foto von Katharina auf. «Ihr Gesicht hatte ich schon ein paar Mal gesehen, aber durch die gemeinsamen Bekannten aus der Musikszene fiel es mir nun leichter, sie anzuschreiben.» Franco spielt Gitarre, Katharina ist Sängerin und Tänzerin. Der Kontakt blieb lange virtuell, dafür umso intensiver: «Wir haben uns stundenlang über Videocalls unterhalten. Auf diese Weise haben wir uns ganz anders kennengelernt», so Katharina.

Zwei Monate ging das so, bis sich die beiden für einen Spaziergang verabredeten. Franco: «Das war schon irgendwie merkwürdig, aber im positiven Sinn. Man sieht jemanden zum ersten Mal, und doch ist man sich schon total vertraut.» Auch für Katharina war es eine besondere Begegnung: «Bei der ersten Umarmung fühlte ich mich wie ein Teenager, unsere Verbindung kommt total aus dem Herzen.» Darum habe sie auch ihre Bindungsängste überwinden können. Seit dem 25. Februar sind die beiden offiziell ein Paar: «Emotional fühlt sich das schon viel länger an.» Beide erinnern sich gut an ihr erstes Dinner auswärts im April in einem Hotel: «Was vorher selbstverständlich war, wurde zu einem ganz besonderen Augenblick.»

Auch wenn die Pandemie-Situation weiterhin einschränkend sei: «Für uns persönlich hat sie auch etwas Schönes hervorgebracht. Geholfen hat auch, dass wir punkto Corona die gleichen Ansichten teilen.»

Egon Castlunger (52), Wanderleiter, und Barbara Nicoli (46), Künstlerin

Eigentlich hätten sie sich schon vor drei Jahren verlieben können: «Wir haben uns auf einer Reise in Brasilien kennengelernt», erzählt Egon Castlunger. «Die Anziehung zwischen uns war da.» Für eine Beziehung war es noch nicht der passende Moment. Der Yogalehrer und Wanderleiter kommt ursprünglich aus den Dolomiten, in den letzten Jahren war er viel zwischen der Schweiz, Italien und Brasilien unterwegs.

Barbara Nicoli stammt aus der Lombardei, getroffen haben sie sich im letzten Sommer wieder. «Es war im Juni, der erste Tag, als der strenge Lockdown in Italien aufgehoben wurde und man sich wieder frei bewegen konnte», erzählt Barbara. Sie holte Egon am Bahnhof in Bozen ab, in den Bergen hat sie ein kleines Haus. Barbara: «Egon wollte nur ein paar Tage bleiben, daraus wurden Wochen. Seither sind wir eigentlich immer zusammen.»

Auch den zweiten Lockdown verbrachte das Paar zusammen in den Bergen, mitten im Schnee und völlig abgeschieden, lernten sie sich auf gemeinsamen Skitouren, beim Kochen und Musizieren so richtig kennen. «Auf so engem Raum merkt man sofort, ob es zwischen einem stimmt», so Egon, und sie ergänzt: «Wir passen total gut zusammen, wir lieben die Berge, haben die gleichen Leidenschaften und Interessen, sogar beim Essen mögen wir dasselbe.»

Egon war lange Zeit Single und zufrieden damit: «Bis mir Barbara begegnete, dachte ich, mein Leben ist perfekt, so wie es ist.» Trotzdem war da ein Gefühl, dass da doch etwas fehlt: «Allein war es schön, mit Barbara ist es doppelt so schön, mindestens!» Dass es so weit gekommen ist, dazu hat der Lockdown durchaus beigetragen. Egon: «Für mich war es ein Slowdown und die Chance, dass wir beieinander ankommen können.» Jeden Abend, beim Einschlafen, freut er sich aufs Aufwachen: «An der Seite von Barbara für ein neues Abenteuer.»

Aline Feichtinger (43) Yogalehrerin, und Angel Herrera (41) Reiseleiter

Eigentlich wollte sie nie nach Südamerika – jetzt reist sie bereits zum zweiten Mal ins Land der Inkas: Aline Feichtinger hatte im Lockdown einen Gast aus Peru zu Besuch – und verliebte sich Hals über Kopf. Kennengelernt hat sie Angel Herrera schon früher, 2019 am anderen Ende der Welt auf Bali, als man noch nichts von Corona wusste. «Wir sassen uns bei einem Nachtessen während einer halben Stunde gegenüber und haben spontan Adressen ausgetauscht.»

Im Januar 2021 bekam Aline plötzlich eine Whatsapp-Nachricht: Angel war in St. Gallen, in seinem Reisebüro in Peru war nichts los, und er wusste aufgrund der Pandemie noch nicht, wann er zurückkehren würde. «Zuerst war ich etwas überrascht, aber dann war es total schön, ihn hier zu haben», so Aline. Sie ist Lehrerin für tibetisches Heil-Yoga, Angel kommt aus der indigenen Tradition: «Wir unterrichten beide uralte Traditionen und verstehen uns auch ohne viel Worte.»

Inzwischen ist Angel wieder in Peru, sie hat ihn kürzlich besucht, und die nächste Reise steht schon bevor: «Wir wollen nicht nur zusammenleben, sondern auch eine gemeinsame Existenz aufbauen – mit ursprünglichem Cacao Chuncho aus dem Dschungel, den wir aus Peru importieren.» Beide haben Kinder im Teenager-Alter. Aline: «Für meine Tochter war das eine ziemliche Überraschung, aber sie freut sich für mich.»

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