16 reife Schweizer Spitzenweine an einem Nachmittag
Degustation von reifen Schweizer Spitzenweinen

Ältere Schweizer Weinschätze zu degustieren, ist ein seltenes Erlebnis. Blick-Wein-Redaktor Nicolas Greinachers Freude war darum gross, an einer einmaligen Degustation 16 solcher Weine probieren zu dürfen, die auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind.
Publiziert: 31.08.2022 um 16:32 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2022 um 11:02 Uhr
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Ende August organisierte die Swiss Wine Connection in Zürich eine Degustation von reifen Schweizer Spitzenweinen. Dabei wurden in Anwesenheit der Winzer rare Weine der Jahrgänge 2011, 2008, 2005 und 2002 von den bekannten Weingütern Domaine Louis Bovard, Denis Mercier, Weinbau von Tscharner Schloss Reichenau und Gialdi Vini verkostet.

Die vier Weingüter deckten mit Waadt, Wallis, Graubünden und dem Tessin jeweils einen wichtigen Schweizer Weinkanton ab. Bei den anwesenden Weingütern handelt es sich um qualitativ erstklassige Betriebe, die es alle in die Blick-Liste der 100 besten Schweizer Weingüter geschafft haben.

Waadtländer Chasselas zum Auftakt

Zugegeben, bei trockenen Weissweinen ist die Rebsorte Chasselas nicht meine erste Wahl. Mein Herz schlägt eher für Riesling, Sauvignon blanc und Chardonnay. Von vielen Weinexperten, unter anderem von Académie-du-Vin Chef Joachim Günther, hörte ich aber in der Vergangenheit, dass die besten Chasselas Weine mit zunehmender Flaschenreife wunderschön zu trinken und aromatisch sehr spannend seien.

Ende August fand in Zürich eine von Swiss Wine Connection organisierte Degustation von reifen Schweizer Spitzenweinen statt.
Foto: Nicolas Greinacher
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Vier gereifte Spitzenweine der Domaine Louis Bovard sollten nun also an meinem Chasselas Weltbild rütteln. Der erste Eindruck: Kein Wein war altersmüde. Das war erstaunlich, da der älteste Wein bereits über 20 Jahre alt war und die meisten Chasselas-Weine, auch aufgrund ihrer relativ niedrigen Säure, rasch nach der Abfüllung getrunken werden sollten.

Neben dem Publikumsliebling des Jahrganges 2008, hat mich der 2005er Dézaley Grand Cru Médinette im Nu bekehrt. Wunderschön komplexe, dezente Aromen von Orangen- und Zitronenschalen, kandiertem Pfirsich und Nüssen trafen auf einen geschmeidigen, körperreichen Gaumen mit einem langen Abgang. Wer von diesem Traumwein noch eine Flasche im Keller hat, kann sich glücklich schätzen.

Abstecher ins Wallis mit Cornalin

Die Rotwein-Serie der Degustation startete mit vier Weinen der Rebsorte Cornalin vom Walliser Spitzenweingut Denis Mercier. Alle Weine waren sortentypisch mit gut erkennbaren Aromen von Waldbeeren und Sauerkirschen. Je älter die Weine, desto würziger, erdiger und weicher präsentierten sie sich, was für die besten Cornalin-Weine ebenfalls typisch ist.

Auch in dieser Serie überzeugte mich der 2005er am meisten. Bei diesem Wein stimmte einfach alles: Eine würzige, dunkelbeerige und erdige Nase traf auf einen kompakten, konzentrierten Gaumen mit weichen Gerbstoffen, etwas Schmelz und einem langen Abgang.

Dass der 2005er Cornalin im Vergleich zu den anderen Jahrgängen so brillierte, war vorhersehbar. 2005 gilt auch heute noch als einer der grössten Rotweinjahrgänge im Wallis der vergangenen 20 Jahre. Der warme Jahrgang erbrachte präzise, komplexe und ausbalancierte Weine mit viel Lagerpotenzial, wie das Beispiel von Denis Mercier zeigte.

Elegante Blauburgunder aus Graubünden

Weiter ging es mit vier reinsortigen Blauburgundern, auch bekannt als Pinot noir, der Familie von Tscharner vom Schloss Reichenau. Der Vorzeigebetrieb blickt auf eine langjährige Geschichte zurück und ist auch für Spargeln eine der besten Adressen in der Region.

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Der 2011er Churer Blauburgunder Gian-Battista zeigte sich sehr konzentriert mit einer typischen Nase von roten Kirschen, einer hohen Säure und würzigen Aromen. Bei den Jahrgängen 2008 und 2002 gesellten sich schöne Reifenoten von Erde, Pilzen und Leder dazu. Auch in dieser Serie bevorzugte ich den 2005er-Jahrgang, wo Kraft, Konzentration, Komplexität und Eleganz in Harmonie vereint waren.

Grande Finale mit Merlot aus dem Tessin

Weiche, fruchtige Rotweine der Rebsorte Merlot gehören zu den besten der Welt. Deren Herkunft muss allerdings nicht immer Bordeaux oder die Toskana sein, wie die letzte Serie unter Beweis stellte. Egal ob rund um den Lago Maggiore oder in etwas erhöhten Lagen: Im warmen, sonnigen Tessiner Klima fühlt sich Merlot ausgesprochen wohl.

In dieser Serie war für einmal nicht der 2005er mein Favorit, sondern der 2011er Sassi Grossi. Aus dem Glas strömten intensive Aromen von roten und schwarzen Kirschen, roten Pflaumen, Vanille, Gewürznelken sowie dezenter Rauch, Erde und etwas Leder. Weiches, geschmeidiges Tannin und ein konzentrierter, breiter Gaumen lieferten den Beweis, dass auch Spitzen-Merlots aus dem Tessin ein langes Leben in der Flasche haben können.

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