Im falschen Lokal?
Zu Besuch im Napulé in Meilen

Stellen Sie sich vor, Sie essen in einem Restaurant – und es schmeckt nicht. Sie sind enttäuscht, auch weil man über diesen Ort quasi von gastronomischen Wundern spricht. Und Sie fragen sich natürlich: Hat das Restaurant einen schlechten Tag? War ich selbst nicht gut drauf? Oder beides?
Publiziert: 02.11.2018 um 12:26 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2018 um 12:28 Uhr
Michael Merz

So geschehen beim Besuch vor einem halben Jahr im Napulé in Meilen ZH, dem Pizzalokal eines Weltmeisters namens Raffaele Tromiro. Nun würde ich mich nie als Champion der Pizzaschmecker bezeichnen, aber ich habe unzählige gegessen und weiss, wie ich Pizza mag – und weshalb.

Was also ist eine Pizza?

Im Grunde genommen ein Nichts. Ein Teig aus Mehl, Hefe, Wasser und Salz. Ein wenig Passata di pomodoro, gehackte frische Tomaten, dann Mozzarella darüber, und sicher auch noch etwas Oregano. Vielleicht Basilikum zum Schluss. Vielleicht… Die Pizza war immer – und das seit dem 17. Jahrhundert – ein gebackener Teigfladen. Erst mit Würfeln von Schweinerückenspeck und enormen Mengen von zerdrücktem Knoblauch belegt. Auf der Suche nach Extrakalorien hat man – vielleicht – Olivenöl darübergeträufelt. Finito.

Später kamen Tomate, Pecorino, dann Mozzarella dazu. Und dies oder jenes, ganz nach Lust und Bestand der Vorratskammer. Nur keinen Rucola, bitte, und schon gar nicht Ananas. Sagen die Neapolitaner. Aber wenn Sie ohne nicht leben können…?

Die Pizza war immer – und das seit dem 17. Jahrhundert – ein gebackener Teigfladen. (Symbolbild)
Foto: Getty Images

Pizza wie in Neapel

Und damit ins Napulé. Das Lokal recht locker besetzt. Die Tische klein und eng. Die Karte zeigt eine beschränkte Auswahl. Dann steht der Salat vor dem Gast. 1 Prise Rucola in der Tellermitte, wenige Lattichstreifen, dazu drei oder vier Gurkenscheibchen. Die Sauce extra. Das darin verwendete Olivenöl hat eine ranzige Note.

Auftritt der Pizzas Napoli und Bella Italia. Letztere mit circa 30 g Rohschinken belegt, dazu Büffelmozzarella und Cherrytomaten. Erstere klassisch mit sechs Sardellen auf Tom-Mozz. Alles handwerklich gekonnt unförmig. Die Ränder breit und voller Brandblasen. Die Napoli dunkel, die Italia gar bleich. Und bleich ist auch ihr Geschmack, während die neapolitanische Version kräftig schmeckt. Beide bieten grosszügig Teig. Er hat Geschmack, ist etwas gar dick, verliert seine Knusprigkeit rasch, endet schliesslich teigig. Damit wird es schwierig, die ganze Pizza zu meistern. Auch ein Grund, weshalb wir beim ersten Besuch die Calzone Napoli mit Wurstbelag zur Hälfte liegen liessen.

Preise: 24.50 CHF für die Napoli und 29.50 CHF für die Bella Italia

Allerdings gibt es zu alledem noch ein «allerdings». Denn die Preise im Napulé sind … sagen wir es so: fantastisch. Niemand verlangt, dass sich das Lokal an Neapels Ur-Pizzerien di Brandi und Michele Napoli orientiert, die vergleichbare Pizzas für 5 Euro anbieten. Aber 24.50 für die Napoli und 29.50 für die Bella Italia? Moll ... das fegt das eine Portemonnaie leer und füllt dafür das andere besonders gut!

Nach so viel Enttäuschung musste ein Dessert her. Doch die Profiteroles mit Schoggi schmeckten wie kalter Karton, die Füllungen sehr süss, und der Schlagrahm zerrann wässerig. Genau wie jener beim Zitronentörtchen, das sein zuckrig-alkoholisches Aroma von allzu viel brennend zitronigem Limoncello bezog.

Wir waren einmal dort und zweifelten. Wir gingen ein zweites Mal hin und sagen: Bei dem Ruf, den das Napulé hat, waren wir sicher im falschen Lokal!

Napulé
Kirchgasse 59, 8706 Meilen
www.pizzerianapule.ch

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