Deswegen müssen die «Ghost Hunters» ausrücken
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Ist es Grossmutters Geist?Deswegen müssen die «Ghost Hunters» ausrücken

Bei den Spichers in Ueberstorf FR rücken Geisterjäger an
Wann hat der Spuk ein Ende?

Seit Jahrtausenden glauben Menschen an Geister. Besonders in Alpenländern wie der Schweiz ist Aberglaube verbreitet – bis heute. Auch bei den Spichers aus Ueberstorf FR soll es spuken. Nun sollen Geisterjäger helfen.
Publiziert: 22.04.2023 um 19:05 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2023 um 12:43 Uhr
Kathrin Brunner Artho

Auf dem Hof der Familie Spicher hat man das Gefühl, die Zeit sei stillgestanden: Ein Drehscheibentelefon hängt an der Wand, die Fussböden knarzen, und der Spannteppich hat längst seine Farbe verloren. Mutter Rosmarie (71) und Sohn Benjamin (41) sind noch die einzigen Spichers auf dem Hof. Sie und der Geist, der nachts poltert und tagsüber schlechte Stimmung verbreitet.

Um diesen Geist zu vertreiben, suchte sich Familie Spicher Hilfe bei den Ghosthunters Schweiz, einem Verein, der sich kostenlos um paranormale Aktivitäten kümmert, mit dem Ziel, aufzuklären und zu helfen.

«Ich vermute, dass dies noch meine Grossmutter ist, sie war eine gehässige Frau, die mit jedem stritt», erzählt Rosmarie Spicher den Geisterjägern Simone (48) und Manuel (32) sowie Vereinsgründer Thomas Frei (51). Sie sei öfters nachts wach geworden und habe im Kälberstall Lärm vernommen, der nicht von den Tieren stamme. Zudem gab Sohn Benjamin an, dass sich im Stöckli nebenan die Hunde merkwürdig verhielten, und mehrmals wird von der düsteren Stimmung gesprochen, die seit Generationen auf dem Hof herrsche.

Benjamin Spicher ist Landwirt und führt den Hof seiner Eltern in Ueberstorf FR.
Foto: Zamir Loshi
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Als Benjamin und Rosmarie Spicher ihre Schilderungen beendet haben, gehen die Ghosthunters durchs Haus. Mit dem EMF-Gerät, das wie ein dicker Taschenrechner aussieht, messen sie, ob sich dort Energien befinden, also elektromagnetische Felder (EMF). Thomas Frei erklärt: «Wir bestehen alle aus Energie, du und ich sind zusammengestellt aus Atomen. Wenn wir also sterben und wir unseren Körper zurücklassen, dann bleibt nur unsere Energie übrig, die wir mit dem EMF-Gerät messen und auf der Kamera eventuell sehen können.» Gemessen wird im Schlafzimmer der Mutter, in der Küche, an dem Ort, wo ihr Schwiegervater im Sterben lag, im Kälberstall und im Stöckli. Während Manuel misst, fotografiert Simone alles, was ihr vor die Linse kommt.

Woher kommt der Glaube an Geister?

Es gibt keinerlei wissenschaftliche Beweise für die Existenz von Geistern. Aber woher kommt der Glaube daran? Bereits die frühesten Menschen glaubten an Übernatürliches – als Begründung für das Unerklärliche, Blitz und Donner zum Beispiel.

Konrad Kuhn (44) vom Seminar für Kulturwissenschaft an der Universität Basel erklärt, dass der Geisterglaube vor allem in Alpenländern wie der Schweiz weit verbreitet sei: «Da die Schweiz ein von Bergen und Seen geprägtes Land ist, waren die Menschen stets auch den Naturgewalten ausgesetzt. Geistersagen ermöglichen es, geheimnisvolle Dinge zu erklären und angstgeprägten Erfahrungen Sinn zu verleihen.»

Aber auch die Skepsis gegenüber den Geistern hat eine ebenso lange Geschichte. Selbst Homer schrieb eine lange Liste mit Pro- und Kontra-Argumenten über ihre Existenz. Ob an Geister geglaubt wird oder nicht, hängt von den Erfahrungen des jeweiligen Menschen ab. Doch Rationalität hat sich noch nicht überall durchgesetzt.

Der Geist der Vergangenheit

Und was finden die Geisterjäger auf dem Hof der Spichers? Die Geräte lassen nichts erkennen, und auch Thomas Frei, der sich als Medium bezeichnet, spürt nichts. Doch dann plötzlich grosse Aufregung: Da sei ein Orb. Simone glaubt, ihn auf der Kamera zu sehen. Ein Orb? Thomas Frei sagt: «Orbs sind gebündelte Energie, die verschiedene Wesen sein können. Es kann ein Verstorbener sein, aber auch geistige Helfer und Elementarwesen können ein Orb zeigen.» Meist seien die Orbs im Moment der Aufnahme von blossem Auge nicht zu erkennen und zeigen sich danach erst auf dem aufgenommenen Bild. Er untersucht die Bilder und sagt dann: Es war nur der Staub, der in der Luft lag.

Am Stubentisch wird nach der Untersuchung Bilanz gezogen: Geister gebe es auf dem Hof Spicher keine. Woher die Geräusche stammen und wieso sich die Hunde merkwürdig verhalten, können die Geisterjäger nicht sagen. Spuk und Heimsuchung könnten verschiedene Erklärungen haben. Frei beginnt aufzuzählen. Seine erste Erklärung: Es will sich tatsächlich eine Seele im Haus bemerkbar machen. «Dann müssen wir mit der Seele Kontakt aufnehmen.» Die zweite sei eine rationale Erklärung. Frei erzählt von einem Reisewecker, der in einem Fall auf dem Dachboden lag und dem die Batterie langsam ausging. Als dieser immer zur selben Uhrzeit klagend tönte, habe die Familie gedacht, auf dem Dachboden spuke es. «Dann gibt es noch die dritte Lösung, und das ist die menschliche.» Phänomene können gemäss Ghosthunter Frei auch heraufbeschworen werden. Dies kann dadurch entstehen, dass sich emotionale Geflechte wie Hass, Neid und Gier seit Generationen durch die Familiengeschichte fressen und so die Familie heimsuchen. Rosmarie und Benjamin Spicher würden noch sehr an der Vergangenheit hängen, daher rät Frei ihnen, damit abzuschliessen. Mutter und Sohn sind erleichtert: keine Geister.

Die Zeit auf dem Hof der Spichers scheint stehen geblieben. Aber es ist nicht der einzige Ort in der Schweiz, wo der Glaube an Geister existiert.

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