Recyclinganlage in Solothurn geplant
Schweizer Start-up will Akkus von E-Autos ausschlachten

Immer mehr Schweizer kaufen elektrifizierte Autos – Tendenz stark steigend. Doch wohin mit den Akkus, wenn diese Autos schrottreif sind? Das frisch gegründete Schweizer Start-up Librec präsentiert eine Lösung.
Publiziert: 28.04.2021 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 13:06 Uhr
Raoul Schwinnen

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) glaubt ans Schweizer Start-up Librec (für «Lithium-Battery-Recycling»). Jedenfalls hat das Bafu bereits 400’000 Franken Startkapital an die junge Firma überwiesen. Auch namhafte Unternehmen aus der Schweizer Autobranche sowie die Empa, die Stiftung Auto-Recycling Schweiz, Swiss e-Mobility oder die Berner Fachhochschule halten viel vom Vorhaben des Unternehmens und unterstützen es. Die Importeursvereinigung Auto-Schweiz denkt mit dem traditionellen Batterierecycler Batrec und Librec gar an eine nationale Branchenlösung fürs Recycling von Elektroautos-Batterien. «Das könnte ähnlich wie bei der Entsorgung von Elektronikgeräten funktionieren», sagt Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik.

Die Idee von Librec: Ab 2024 will das 2021 gegründete Start-up in einer neuen Recyclinganlage im Kanton Solothurn Batterien von Elektroautos verwerten und so mindestens 90 Prozent der Rohstoffe zurückgewinnen. Im ersten Jahr sollen rund 300 Tonnen Akkus von rund 1000 E-Autos rezykliert werden. Bis in zehn Jahren hofft Librec-Geschäftsführer Jodok Reinhardt auf mehr als 3000 Tonnen jährlich, wie er gegenüber der «NZZ am Sonntag» verriet. Und gegenüber Blick schliesst er nicht aus, dass längerfristig («in 10 oder 20 Jahren») und bei weiter steigender E-Mobilität über einen zweiten Anlagestandort nachgedacht werden müsse. Finanzieren will Librec das Entsorgungssystem mittels Beitrag beim Kauf eines elektrifizierten Fahrzeugs (z.B. ein Franken pro Kilo Batterie, also rund 200 bis 600 Franken je nach E-Auto) sowie durch den Verkauf der Rohstoffe.

Baubeginn 2022, betriebsbereit 2024

Es tut sich was in der Schweiz in Sachen Akku-Recycling – siehe den Ansatz von E-Fahrzeug-Hersteller Kyburz mit eigener Anlage. «Der grosse Vorteil des Akku-Recyclings in der Schweiz liegt darin, dass massiv weniger Transporte anfallen würden», sagt Reinhardt zu Blick. Heute spediert beispielsweise US-Anbieter Tesla alle in der Schweiz ausgemusterten Modelle zur Entsorgung nach Holland. Wenig umweltfreundlich und teuer, weil die E-Autos und ihre Akkus wegen Brandgefahr geschützt transportiert werden.

Bereits mehr als ein Drittel aller in der Schweiz verkauften Neuwagen sind elektrifizierte Modelle wie etwa der rein elektrische VW ID.4 ...
Foto: Uli_Sonntag
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In der geplanten Anlage auf dann 10'000 bis 20'000 Quadratmetern im Raum Oensingen SO (Baubeginn 2022) werden entweder die E-Autos oder die zuvor ausgebauten Akkus angeliefert. Dann werden die Batterien als Erstes komplett entladen. Allein mit dieser Restenergie will Librec-Geschäftsführer Reinhardt über ein Viertel des Strombedarfs seiner Anlage decken. Danach wird geprüft, ob sich die zu entsorgenden Akkus allenfalls noch für einen Second-Life-Einsatz eignen – wenn nicht, werden die Batterien geschreddert und rezykliert.

Über 90 Prozent zurückgewonnen

«Heute werden Batterien eingeschmolzen oder landen auf Deponien», sagt Reinhardt. Also wenig umweltfreundlich. Das Librec-Recyclingverfahren, das in Deutschland entwickelt wurde und dort erfolgreich eingesetzt wird, gewinnt 90 Prozent der in den Batterien verwendeten Materialien zurück. Und Librec will mit weiteren Verfahren den Anteil zusätzlich erhöhen, indem zum Beispiel Graphit zurückgewonnen werde, ist Reinhardt überzeugt. Und so soll sein Schweizer Start-up die weltweit höchste Recyclingquote bei Akkus von E-Autos erreichen.

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