Der TCS hats getestet
So gefährlich sind Recycling-Pneus

Auch bereits benutzte Autoreifen lassen sich aufarbeiten und wieder verwenden. Aber wie sicher sind solche Recycling-Pneus? Dieser Frage ging der TCS nach.
Publiziert: 05.10.2021 um 12:09 Uhr
Martin A. Bartholdi

Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Mobilität allgegenwärtig. Das zeigt sich nicht nur bei den steigenden Verkaufszahlen von Elektroautos. Auch bei der Innenausstattung hat es Konsequenzen und zahlreiche Hersteller rühmen sich, Sitzbezüge oder andere Oberflächen aus recyclten Materialien herzustellen.

Doch deutlich höhere Umweltbelastungen verursachen die Reifen. Abgesehen davon, dass sie unter anderem aus Rohöl gefertigt werden, ist vor allem die Entsorgung ein Problem. Werden alte Pneus nicht richtig gelagert oder fachgerecht entsorgt, können sie ein Umweltrisiko darstellen. Teilweise werden sie in Zementfabriken verbrannt, wo die Wärme genutzt wird oder die enthaltenen Rohstoffe werden wieder gewonnen und erneut verwendet.

Neues Profil wie bei Schuhen

Dritte Art der Entsorgung: Wiederverwertung als sogenannter runderneuerter Reifen. Dabei wird das abgefahrene Profil von der Karkasse – also dem Reifenkörper – gehobelt. Danach wird eine neue Lauffläche fix mit dem alten Unterbau verbunden – ähnlich, als zöge man eine neue Sohle auf Schuhe auf. Damit soll ein solcher aufbereiteter Reifen an die Qualität von Neureifen herankommen – und das zu einem deutlich günstigeren Preis, schreibt der TCS in einer Mitteilung

Alte Pneus sind eine Umweltbelastung. Sie werden deshalb in Zementfabriken verbrannt, in ihre Einzelteile zerlegt oder nochmals verwendet.
Foto: TCS
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Bleibt die Frage, wie sicher solche recycelten Reifen sind. Deshalb hat der TCS die Winterversion eines solchen runderneuerten Pneus im Rahmen seines alljährlichen Winterreifentests getestet (hier finden Sie die Resultate). Die Wahl fiel auf die Marke King Meiler, weil diese mit einer intensiven Werbekampagne auf Recycling-Pneus aufmerksam macht. Ausserdem sind andere runderneuerte Reifen-Marken im Schweizer Markt laut TCS nicht relevant.

Schlecht bei Regen und auf Schnee

Das Resultat ist ernüchternd. Schon frühere Tests haben gezeigt, dass runderneuerte Reifen nicht mit neuen Pneus mithalten können. Der King Meiler hat diese Erkenntnisse nun bestätigt. Er schneidet vor allem bei Nässe, auf Schnee und bei der Geräuschentwicklung schlecht ab. Geradezu lebensgefährlich ist der lange Bremsweg. Bei einer Vollbremsung aus Tempo 80 kommen Autos mit runderneuerten Reifen erst drei Fussgängerstreifen nach den besten Reifen in der Kategorie zum Stillstand. Damit kann ein Aufprall mit einem Fussgänger tödlich enden.

Selbst auf trockener Strasse ist das Handling eines Autos mit King-Meiler-Reifen laut TCS unpräzise und schwammig. Bei einem plötzlichen Ausweichmanöver kann es zu Kontrollverlust führen. Bei Regen ist es sogar noch schlimmer und der King Meiler tendiert schnell zu Aquaplaning.

Wie vier verschiedene Pneus

Eine mögliche Ursache für die schlechten Testergebnisse sieht der TCS in den gebrauchten Karkassen. Diese unterscheiden sich von Hersteller zu Hersteller. Dadurch besteht bei runderneuerten Reifen die Gefahr, vier unterschiedliche Pneus am Auto zu haben, obwohl das Profil gleich ist. Damit hat laut des TCS auch jedes Rad andere Fahreigenschaften.

Mit dem Test will sich der TCS allerdings nicht gegen runderneuerte Reifen aussprechen. Nachhaltige Reifen seien grundsätzlich gut, aber das dürfe nicht auf Kosten der Sicherheit gehen. Und gerade hier gibt es noch Nachholbedarf.

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