Neuer Messzyklus machts nicht einfacher für Importeure
Wurde der CO2-Grenzwert aufgeweicht?

Im letzten Jahr durften Schweizer Neuwagen im Schnitt nur 95 g/km CO2 ausstossen, sonst setzte es Bussen für die Importeure. Seit Januar 2021 gilt nun ein höherer Wert – warum?
Publiziert: 22.01.2021 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2021 um 08:37 Uhr
Andreas Faust

Neues Jahr, neuer Grenzwert: Seit dem 1. Januar 2021 gilt für Schweizer Neuwagenflotten je Marke ein CO2-Grenzwert von 118 g/km bei den Personenwagen. Also ein höherer Wert als noch im letzten Jahr? Wie passt das zusammen mit dem Ziel des Klimaschutzes?

Ins Jahr 2020 schauten die Schweizer Autoimporteure mit Bangen – dazu hätte es Corona nicht einmal gebraucht. Denn seit Januar 2020 galt in der Schweiz ein CO2-Grenzwert für Neuwagenflotten von 95 g/km. Tatsächlich stiessen die Schweizer Neuwagen noch 2019 138 g/km aus – ein deftiger Unterschied. Etwas abgefedert wurde der neue Wert, weil nur 85 Prozent der Modelle eingerechnet werden mussten (sogenanntes «Phasing-in») und gleichzeitig Stromer und Plug-in-Hybride doppelt berücksichtigt wurden (sogenannte «Supercredits»).

2020 ist noch nicht ausgewertet

«2020 ist eine Riesen-Herausforderung für uns. Und noch weiss keiner so recht, wie wir sie bewältigen sollen», sagte Amag-Chef Morten Hannesbo dazu im letzten Januar. Ob und wie sich die Corona-Pandemie auf den tatsächlichen CO2-Schnitt auswirkte und welche Strafzahlungen nun möglicherweise auf die Importeure für 2020 zukommen, wird allerdings erst in einigen Monaten feststehen.

Wurde der CO2-Grenzwert aufgeweicht? Denn seit diesem Januar gilt bei Neuwagenflotten ein Grenzwert von 118 g/km statt 95 g/km wie bisher.
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Seit Anfang Januar gilt nun ein neuer Grenzwert von 118 g/km. Der bedeutet aber keine Aufweichung: Der Wert von 95 g/km musste noch im sogenannten NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) erreicht werden. Der entsprach in seinem Fahrprofil mit langsamer Beschleunigung, geringen Geschwindigkeiten und zahlreichen legalen Möglichkeiten zur Verbrauchssenkung am Auto allerdings kaum der Realität.

Neuer Zyklus, höhere Verbräuche

Seit 1. September 2018 ist nun der sogenannte WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) Grundlage der Verbrauchs- und CO2-Messung. Der WLTP-Zyklus wird ebenfalls auf dem Rollenprüfstand gefahren, aber die Messstrecke ist fast doppelt so lang, die Tempi sind höher, und vor allem ist der Fahrstil dynamischer – nicht sportlich, aber alltagsnah.

Weil die Motoren mehr gefordert werden, liegen die Werksverbräuche mit WLTP nun tendenziell höher. Dennoch profitieren die Autofahrer, weil sie so näher bei den Realverbräuchen liegen, also nachvollziehbarer sind. Ein TCS-Test zeigte, dass mit dem NEFZ der Realverbrauch zwischen 1,6 und 1,8 l/100 km über der Werksangabe lag. Mit WLTP reduzierte sich die Differenz auf rund drei Deziliter.

Nach einer Übergangsphase, in der noch der NEFZ Grundlage der CO2-Messung war, gilt nun definitiv der WLTP. Und die 118 g/km? Sind eine Umrechnung des bisherigen Grenzwertes auf den neuen Verbrauchszyklus, bedeuten also keine Aufweichung. Faktisch ist der Wert sogar schärfer: Beim Phasing-in werden ab 2021 neu 90 Prozent aller Modelle in die Berechnung des Flottenausstosses einbezogen und Fahrzeuge mit Stecker können nur noch 1,67-fach einberechnet werden.

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