KPMG-Mobilitäts-Studie
China erobert die Welt, Europa verliert den Anschluss

Die Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft KPMG malt ein düsteres Bild für die Autobranche in Europa. Gemäss ihrer Mobilitätsstudie «Global Automotiv Executive Survey» wird 2030 nur noch jedes 20. statt heute jedes 4. Auto auf unserem Kontinent gebaut.
Publiziert: 16.02.2021 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2021 um 22:57 Uhr
Wolfgang Gomoll

Wie weiter mit der Autoindustrie – fokussiert sich in zehn Jahren alles auf China? Welche Antriebstechnik setzt sich durch? Weltweit befragten Wirtschaftsprüfer der KPMG für ihre Studie «Global Automotiv Executive Survey» mehr als 1150 führende Manager aus Autoindustrie und Umfeld sowie über 2000 Autokäufer aus 30 Ländern.

Die Antworten zeichnen ein düsteres Bild für die Autobranche in Europa. Drei Viertel der befragten Topmanager sind überzeugt, dass schon in neun Jahren nur noch fünf Prozent aller Autos in Europa gebaut werden – heute sind es noch 24 Prozent. Folglich kommt es zu einer weiteren Aufsplittung der Märkte. Das sich überall gut verkaufende «Welt-Auto» ist passé: Zu unterschiedlich werden die regionalen Anforderungen. Grund für diese Diversifikation sind aber nicht auseinanderdriftende Kundenwünsche, sondern mehr Einfluss der Industriepolitik und der Rohstoff-Verfügbarkeit.

Diese zwei Faktoren bestimmen laut Studie in Zukunft die Technologie-Agenda, nach der sich erfolgreiche Autohersteller richten müssen: 83 Prozent der Entscheider sehen die je nach Region unterschiedliche Industriepolitik und die lokalen Regularien, die durch Steueranreize und Subventionen bestimmte Antriebsformen forcieren, als wichtigen Treiber. Logisch: Wer eine Batteriefertigung inklusive der Rohstoffe dazu hat, wird die reine batterieelektrische Mobilität forcieren. Andere Regionen setzen auf Hybridantriebe oder eventuell sogar auf die Brennstoffzelle.

Für die Studie «Global Automotiv Executive Survey» wurden von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KMPG mehr als 1150 führende Manager der Autobranche und 2000 Kunden aus 30 Ländern befragt.
Foto: Oliver Killig
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Gesinnungswandel bei Managern

Die Mehrheit der Executives vermutet – übrigens erstmals, seit diese Studie regelmässig durchgeführt wird –, dass in zehn Jahren nicht mehr der Verbrenner das Rückgrat der Individualmobilität sein wird. Sie prognostizieren folgenden Antriebsmix: nur noch 25 Prozent der Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Aber 27 Prozent batterieelektrisch, 23 Prozent mit Brennstoffzelle und 25 Prozent Plug-in-Hybride. Und die Mehrheit der befragten Manager geht davon aus, dass E-Mobile durch staatliche Fördermassnahmen einen Verkaufsschub erhalten.

«Dass China die Subventionen und Steuervergünstigungen für Autos mit elektrifizierten Antrieben auslaufen lässt, ist kein Anzeichen dafür, dass sich die Asiaten aus diesem Markt verabschieden. Vielmehr ist diese Massnahme ein klares Signal, dass China die nächste Phase der langfristig angelegten Strategie startet. Nun sollen nationale Autohersteller entstehen, die qualitativ hochwertige Produkte anbieten», fasst KPMG-Autoexpertin Angelika Huber-Strasser zusammen. Damit sollen die Autobauer aus dem Reich der Mitte fit für ihr grosses Ziel «aus China für die Welt» werden. Zudem haben auch die Manager in Peking erkannt, dass nicht eine Antriebsform das allein seligmachende Mittel der Mobilität ist.

Kunden glauben nicht an Elektro

Bei den befragten Konsumenten ist aber längst nicht jeder der Ansicht, dass man in Zukunft rein elektrisch fährt. Die in der Studie befragten Kunden nennen Preis, Ladestruktur und zu wenig Reichweite als die häufigsten Gründe, warum sie vor dem Kauf eines rein elektrischen Fahrzeugs zurückschrecken. Fast 70 Prozent prognostizieren ein Scheitern der Batterie-Mobilität aufgrund der fehlenden Infrastruktur oder der Herausforderung, diese zu installieren. Bemerkenswert: Damit steigt die Skepsis gegenüber derselben Befragung vor einem Jahr um 14 Prozent.

Skepsis gegenüber autonomem Fahren

Übrigens: Gross ist die Skepsis von Managern und Kunden auch gegenüber dem autonomen Fahren. 77 Prozent aller Befragten gehen davon aus, dass der Mischverkehr aus autonomen Fahrzeugen und konventionellen Vehikeln zu Sicherheitsproblemen und Haftungsansprüchen führen wird. Zudem ist sich die Mehrheit der Kunden einig, dass es bis zum vollautonomen Auto wohl noch eine ganze Weile dauert.


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