Erste Fahrt im Stromer Megane E-Tech Electric
Mit dem fährt sich Renault wieder hoch

Renault-CEO Luca de Meo drückt den Reset-Knopf: Alles neu, fast alles elektrisch – so wirds bei Renault. Symbol des Neustarts ist der Megane E-Tech Electric. Blick drehte schon eine Testrunde.
Publiziert: 09.11.2021 um 15:14 Uhr
Andreas Faust

Dieser Mann redet nicht um den heissen Brei. Die Hälfte aller Probleme bei Renault gebe es, weil man den SUV-Trend verpennt habe, mit 70 Prozent der Modellpalette zu viele kleine Autos baue und nach dem ersten Elektromodell Zoe weiter auf 130 Jahre alte Verbrenner gesetzt habe. Seit 14 Monaten ist Luca de Meo (54) als Renault-CEO am Start und nimmt keine Rücksicht: Alles soll anders werden, zehn Stromer bis 2025, 90 Prozent Elektro-Verkäufe bis 2030. De Meo nennt es Renaulution.

Fehlt nur noch ein grosser Wurf bei den Neuheiten. Der soll der Elektro-Crossover Megane E-Tech Electric werden. Untere Mittelklasse, aber vorne mit dabei dank neuer Plattform und Antriebstechnik. «Ein Auto», versichert de Meo, «keine Waschmaschine», nimmt er das Faible für Extravaganz und Volldigitalisierung bei der Konkurrenz auf die Schippe. Dabei habe Renault selbst vor fünf Jahren die komplette Intel-Entwicklungsabteilung übernommen – 400 Chip-Spezialisten. «Das wusste ich bis neulich selber nicht», witzelt de Meo. Auch er ist längst auf hauseigene Elektronik und Software angewiesen.

Nur elf Zentimeter Batterie

Ein Wurf ist der Megane optisch definitiv – gleich wiedererkennbar, aber trotzdem futuristisch, ohne dabei abzuschrecken. Mit schmalen Heckleuchten und Zickzack-LEDs vorne tarnt Designer Gilles Vidal die grössere Höhe weg und trotzdem drückt die nur elf Zentimeter flache Batterie den Schwerpunkt gegenüber dem Verbrenner-Megane von heute um acht Zentimeter nach unten.

Mit dem hier fährt sich Renault wieder hoch: Blick konnte mit dem neuen Renault Megane E-Tech Electric schon eine Runde um Paris fahren.
Foto: Germain Hazard / DPPI Media
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Drinnen gibts nicht ganz so viel Platz wie in manch anderem Stromer – Renault packt den kompletten Antrieb wie eh und je samt Klimaanlage unter die Front, weil das 100 Kilogramm Gewicht spart «gegenüber dem VW ID.3» – womit de Meo gleich den Gegner nennt. Perforiertes Holz bringt optische Wärme, flaches Dach und tief montierte Sitze sorgen für Fahrbahngespür. Aber insgesamt wirkt der Megane innen recht knapp – eine optische Täuschung, denn abgesehen vom Fussraum hinten unter den Vordersitzen sitzt man proper.

Grazil statt brachial

Erste Testfahrt rund um Renaults Entwicklungszentrum nahe Paris: Mit 218 PS – es gibt auch eine 130-PS-Basis – fetzt der Fünfplätzer nicht ganz so ungestüm los, aber für den Sieg beim Ampelstart reichts immer. Im Sportmodus wirkt er direkter, auf Eco legen sich spürbar einige PS schlafen, ohne dass man mehr als acht bis zehn Kilometer zu den 470 der 60 Kilowattstunden (kWh) grossen Batterie gewinnen würde. Dafür ist der Elektro-Megane fast so agil wie sein leichterer Verbrenner-Bruder: keine Hüftsteife wegen der schweren Batterie, kein Schieben aus der Kurve, dazu eine direkte Lenkung mit extrem kurzer Übersetzung und Talent zum Hakenschlagen. Statt auf schiere Kraft setzt Renault auf Fahrwerkskunst, um der Stromer-Konkurrenz davonzufahren.

Renault Mégane E-Tech Electric

Antrieb Elektromotor 130 PS (96 kW) oder 218 PS (160 kW), Eingang-Getriebe, Frontantrieb, Batterie mit 40 oder 60 Kilowattstunden (kWh) Netto-Kapazität, Reichweite 300 bis 470 km
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 7,4 s, Spitze 160 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H Limousine 4,21/1,78/1,50 m, Leergewicht 1624 kg, Laderaum 440 l
Umwelt WLTP ca. 12,8 kWh/100 km (entspricht ca. 1,5 l/100 km Benzin), 0 g/km CO2 lokal
Preise noch nicht bekannt

Antrieb Elektromotor 130 PS (96 kW) oder 218 PS (160 kW), Eingang-Getriebe, Frontantrieb, Batterie mit 40 oder 60 Kilowattstunden (kWh) Netto-Kapazität, Reichweite 300 bis 470 km
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 7,4 s, Spitze 160 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H Limousine 4,21/1,78/1,50 m, Leergewicht 1624 kg, Laderaum 440 l
Umwelt WLTP ca. 12,8 kWh/100 km (entspricht ca. 1,5 l/100 km Benzin), 0 g/km CO2 lokal
Preise noch nicht bekannt

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Drinnen tatscht man für die meisten Funktionen auf einem Screen mit Google-Technologie – aber die Klimaanlage hat noch Tasten – danke! Der Display-Innenspiegel irritiert nur so lange, bis man den Schalter zum Umstellen auf normalen Spiegel entdeckt. Und nach einer Stunde Fahrt kann man auch die vier Bedienstöcke am Lenkrad einigermassen fehlerfrei unterscheiden – einer ist sicher zu viel: «Wir wollten die drei typischen erhalten und noch einen Fahrstufenhebel unterbringen, damit das Cockpit auch Altkunden passt», sagt de Meo. Einen Kompromiss müsse man machen.

Marktstart im März

Mit serienmässig 130 Kilowatt Ladeleistung maximal könnte der Akku innert 30 Minuten 300 Kilometer Reichweite tanken – das schaffen manche schneller. Dafür liegt der Verbrauch von rund 12,8 kWh auf 100 Kilometern theoretisch rekordverdächtig tief. Geheizt wird per Wärmepumpe oder mit den Kühlkreisläufen von Motor oder Batterie – je nachdem, wo ein paar Grad Wärme abfallen.

Los gehts im März mit dem Elektro-Megane. Allerdings stehen die Preise noch nicht fest. «Wie der ID.3, nur einen Tick tiefer», grinst de Meo. Ende 2024 läuft der aktuelle Megane mit Verbrenner aus. Dann tritt der Stromer allein sein Erbe an. Und was wäre mit Allrad oder mehr Leistung? Schliesslich teilt er sich die Plattform mit Nissans kommendem Elektro-Allradler Ariya. Oder einer R.S.-Version aus Renaults Sportabteilung? Die Ingenieure schweigen. Aber sie zwinkern.

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