Deutschland belieferte Russland mit Waffen
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Zwei krachende Niederlagen für die SPD bei Landtagswahlen
Ist der Kanzler schuld am Wahldebakel?

Erst Schleswig-Holstein, jetzt Nordrhein-Westfalen. Bei zwei Landtagswahlen in Folge fährt die SPD historische Wahlschlappen ein. Straft der Wähler auch die Bundes-Ampel ab? Experte Stefan Marschall erklärt, warum die Sozialdemokraten nicht überzeugen.
Publiziert: 16.05.2022 um 18:42 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2022 um 19:24 Uhr
Myrte Müller

Der Wahlkampf im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland war Chefsache. Kanzler Olaf Scholz (63) nahm sich am 2. April den ganzen Samstag Zeit, um den SPD-Kandidaten Thomas Kutschaty (53) in Nordrhein-Westfalen öffentlich den Rücken zu stärken. Sechs Wochen später ist klar: Der Kanzler-Bonus blieb aus. Im Gegenteil, Olaf Scholz stand einem Wahlerfolg in NRW sogar im Weg.

Denn die Sozialdemokraten fuhren am vergangenen Sonntag mit 26,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in NRW seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein – und das nach dem SPD-Wahldebakel in Schleswig-Holstein nur eine Woche zuvor. Ebenfalls hart gelandet ist die FDP. Sie verliert gegenüber der Wahl 2017 mehr als die Hälfte der Stimmen und schafft es mit 5,9 Prozent nur knapp in den Düsseldorfer Landtag. Die Fortführung der schwarz-gelben Regierungskoalition ist somit verspielt.

Wahlkampf von Ukraine-Krieg überschattet

Währenddessen triumphieren die Schwarzen und die Grünen. Der amtierende CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst (46) freut sich über 35,7 Prozent der Wählerstimmen. Und die Grünen konnten mit 18,2 Prozent ihr Wahlergebnis sogar verdreifachen. Die AfD zieht mit 5,4 Prozent ins Parlament ein. Die Linke scheitert mit 2,1 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.

Ist Kanzler Olaf Scholz mit schuld an der Wahlschlappe der SPD in Nordrhein-Westfalen? Experten sagen, ja. Seine schwache Kommunikation in Sachen Waffenlieferungen an die Ukraine wurde mit Wahlapathie bestraft.
Foto: imago/Future Image
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Was haben die Verlierer falsch gemacht? Falsche Kandidaten? Schwache Programme? Für Experte Stefan Marschall (53), Professor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf (D), war der Wahlkampf von der Ukraine-Krise überschattet. «Die Menschen beschäftigten sich mit dem Krieg, mit der Energiesicherheit, mit dem allgemeinen Preisanstieg», sagt der Politikwissenschaftler, «landespolitische Themen wie Schule, Wohnen, Verkehr traten in den Hintergrund.»

Auch Wahlbeteiligung auf historischem Tief

Der Schlingelkurs des Kanzlers in Sachen Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wurde offenbar vom Wahlvolk abgestraft. «Olaf Scholz hat keine klare Linie und grosse kommunikative Defizite gezeigt. Das ist vielerorts kritisiert worden», sagt Stefan Marschall. Es seien vor allem SPD-Wähler gewesen, die den Urnen fernblieben. Die Wahlbeteiligung von 55,5 Prozent sei ebenfalls historisch tief.

Ähnlich unzufrieden sei das Wahlvolk mit der FDP. «Sie ist auf Bundesebene geschwächt, zeigt kaum Profil und handelt nun in der Ukraine-Krise gegen die Grundgenetik der Partei, die eigentlich in der Haushaltskonsolidierung liegt», sagt der deutsche Politikwissenschaftler. Stark hingegen zeigten sich die grünen Bundesminister. «Wirtschaftsminister Robert Habeck (52) und Aussenministerin Annalena Baerbock (41) sowie auch andere grüne Politiker gelten als gute Köpfe und kompetent in der Bekämpfung des Klimawandels», sagt Stefan Marschall.

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