Wer muss ihn mehr fürchten – Biden oder Trump?
Robert F. Kennedy – der Königsmacher im US-Wahlkampf

Robert F. Kennedy Jr. ist der unerwartete Königsmacher der US-Präsidentschaftswahlen. Mit seinem Potpourri an Wahlkampfthemen und dem politischen Kennedy-Vermächtnis wird er Biden und Trump gefährlich.
Publiziert: 24.05.2024 um 17:10 Uhr
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Aktualisiert: 24.05.2024 um 17:55 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Kaum ein anderer US-Präsidentschaftskandidat ist so prädestiniert, Spitzenpolitiker zu werden, wie Robert Francis Kennedy Jr. (70). Er ist der Nachkomme einer der berühmtesten politischen Dynastien der USA: Er ist der Neffe von Präsident John F. Kennedy und Senator Ted Kennedy, der 1980 ebenfalls für das Präsidentenamt kandidierte. Auch sein Vater, Senator Robert F. Kennedy, bewarb sich um das Amt. Und nun Kennedy Jr. selbst.

Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zwischen ihm und seinen Vorfahren: Kennedy ist kein Demokrat – sondern Vorsitzender der neu gegründeten Partei «We The People». Und so könnte Kennedy – Umweltanwalt, Autor und Impfgegner – im Herbst die Wahl entscheiden.

Kennedy verrät sein Familienerbe

Kennedy hat keine Chance, US-Präsident zu werden, aber: Der Fakt, dass er weder Donald Trump (77) noch Joe Biden (81) ist, wird für die anderen beiden Kandidaten gefährlich. Das amerikanische Volk ist eines erneuten Rennens zwischen Trump und Biden überdrüssig. Kennedy dient daher als Projektionsfläche für viele Wünsche der Amerikaner. Ein «Produkt unzufriedener Wähler», wie es die deutsche «Tagesschau» nennt. Eine Umfrage der «New York Times» von Mitte Mai bestätigt: Die Hälfte der Kennedy-Wähler gab an, ihre Unterstützung für ihn sei hauptsächlich ein Protest gegen Trump und Biden.

Robert F. Kennedy Jr. wird die US-Wahlen im Herbst entscheiden.
Foto: Getty Images
Kaum ein anderer US-Präsidentschaftskandidat ist so prädestiniert, Spitzenpolitiker zu werden, wie Robert F. Kennedy Jr..
Foto: Getty Images
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Dass Kennedy gegen Biden, den Kandidaten der demokratischen Partei, antritt, ist beinahe ein Skandal in sich. «Beinahe jeder Kennedy unterstützt Joe Biden», sagte beispielsweise Kerry Kennedy (64), Robert Kennedys jüngere Schwester, bei einer Veranstaltung. «Die Kennedy-Familie möchte Joe Biden als Präsidenten.»

Bruder Christopher Kennedy (60) sagte zur «New York Times»: «Die Leute konfrontieren mich im Supermarkt mit der Frage: ‹Warum lassen Sie Ihren Bruder damit davonkommen?› Ich denke, dass wir alle dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Bobby dieses Ergebnis herbeiführt.»

Biden und Trump müssen zittern

Dieses Ergebnis? Damit gemeint ist die Angst der Demokraten, dass Kennedy Biden den Wahlsieg verunmöglicht. Kennedy liegt laut aktuellen Umfragen von «FiveThirtyEight» bei zehn Prozent Unterstützung in den Swing States – also den US-Bundesstaaten, die weder traditionell demokratisch noch republikanisch sind. Diese Swing States entscheiden die Wahlen.

Und bis vor kurzem schien es, als könne Kennedy, der seine Präsidentschaftskandidatur zunächst als Demokrat ankündigte, vor allem Unabhängige und Biden-Wähler auf seine Seite ziehen. Zwei der Gruppen, bei denen Kennedy in den Umfragen am besten abschnitt – Wähler unter 30 (18 Prozent Unterstützung) und Latinos (14 Prozent) –, sind traditionell starke demokratische Wählergruppen. Daher die Angst der Demokraten, dass Kennedy ihnen die wichtigen Stimmen in den Swing States wegschnappt. Anfang Mai lag Biden in den Swing States zwischen 40 und 45 Prozent Zustimmung, zeigt eine Zusammenfassung der Datenplattform Statista. Das sind knappe Werte.

Eine kürzlich von NBC News durchgeführte Umfrage ergab jedoch, dass 15 Prozent der Trump-Anhänger Kennedy ihre Stimme geben würden – im Vergleich zu 7 Prozent der Biden-Wähler. Denn Kennedy ist ein politisches Chamäleon.

In den vergangenen Monaten richtete sein Wahlkampfteam auch Botschaften an republikanische Wähler. Kennedy tritt regelmässig in Podcasts wie dem des Corona-Verschwörungstheoretikers Joe Rogan (56) oder des früheren Fox-News-Moderators Tucker Carlson (55) auf. Sie erreichen Millionen Menschen, die sich von «Mainstream-Medien» abgewendet haben. Menschen, die traditionell für Trump wählen würden. Gut für Kennedy, denn: Unter den Wählern, die angaben, den Grossteil ihrer Nachrichten über soziale Medien zu beziehen, erhielt Kennedy 16 Prozent der Stimmen, so die «New York Times».

Das heisst also: Präsident wird Kennedy nicht, aber er wird entscheiden, wer Präsident wird.

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