Hier gibt es Landjäger, Gruyère-Käse und Emmentaler
Trump zu Besuch in der Mini-Schweiz der USA

Der Parteitag der Republikaner findet in jenem US-Bundesstaat statt, der stark von der Schweiz geprägt ist.
Publiziert: 18.07.2024 um 12:11 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2024 um 16:17 Uhr
Peter Hossli (Text) und Nathalie Taiana (Fotos) aus Milwaukee

Es ist diese Woche der kulinarische Geheimtipp hungriger Republikaner. An ihrem Parteikongress im US-Bundesstaat Wisconsin verpflegen sich viele Parteileute besonders gerne auf dem Milwaukee Public Market, wo sich ein Imbissstand an den anderen reiht. Im Angebot sind auffallend viele Schweizer Produkte made in USA: Landjäger, Gruyère-Käse, Emmentaler, dazu Bier aus New Glarus.

Wisconsin? Das ist die kleine Schweiz in Amerika. Der Staat trägt den Spitznamen «Swissconsin». Allein in Milwaukee leben rund 8000 Menschen mit Schweizer Wurzeln. Die Schweizer betreiben Farmen, Käsereien und Wurstfabriken.

Trump ist zu Besuch in der Mini-Schweiz

Einen Hof führt Jenni Curtin (69) 50 Autominuten nordwestlich von Milwaukee. An ihrer Scheune wehen Sternenbanner und Schweizer Fahne, daneben prangen die Wappen der Kantone Bern und Glarus. «Willkommen auf der ‹Swiss Frau Farm›», sagt Jenni Curtin. Dem Hof der Schweizerin. «Den Namen habe ich mir patentieren lassen.»

Jenni Curtin (69) war schon diverse Male in der Schweiz: «Da habe ich gemerkt, wie sehr ich Schweizerin bin.»
Foto: Nathalie Taiana
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Ihre Urgrosseltern - die Familie Aebli - kamen im 19. Jahrhundert aus Glarus nach Wisconsin. Sie liessen sich in der Stadt New Glarus nieder, wo sie auf andere Glarner trafen. Jenni wuchs dort auf. Ihre Nachbarn waren alle Schweizer. Ihre Mutter sprach Schweizerdeutsch mit ihr und ihrer Schwester. Sie versteht es noch, spricht es aber nur noch brüchig. Viele ihrer Verwandten seien Bauern. Ihre Schwester hatte einen Hof mit über 1000 Milchkühen. Auf ihrer Wiese grasen zehn Geissen, «Schweizer Ziegen», wie die ehemalige Lehrerin sagt. Früher hatte sie dreissig, aber in den Covid-Jahren wurde es schwierig, die Tiere zu schlachten. Deshalb hat sie die Herde verkleinert. Aus der Milch stellt sie Seife her. Die Bienenstöcke stehen hinter einer Hecke. Honig und Seife verkauft ihr Mann zweimal wöchentlich auf einem lokalen Bauernmarkt.

Mitte des 19. Jahrhunderts verliessen Tausende von Schweizern ihre Heimat. Sie hungerten und hofften auf ein besseres Leben in der Ferne. In Wisconsin fanden ein paar Glarner einen Ort, der ihrer Heimat ähnelte. Der Kanton verhalf weiteren Bauern zur Auswanderung. Zwischen 1850 und 1860 verdreifachte sich die Zahl der Schweizer Einwanderer in Wisconsin von 1244 auf 4277. Zehn Jahre später waren es bereits 6069.

«Da habe ich gemerkt, wie sehr ich Schweizerin bin»

Den Schweizern gefiel der Bundesstaat im Norden der USA. Die Hügel sind sanft, die Landschaft pastoral, die Böden fruchtbar. Ein Land mit kalten Wintern und warmen Sommern.

Die Schweizer, die nach Wisconsin kamen, waren beliebt. Sie konnten mit Kühen umgehen, kannten sich mit Milch und Käse aus. Galten als tüchtig. Dank ihnen ist Wisconsin heute der grösste Käseproduzent der USA.

Fünf Mal sei sie schon in der Schweiz gewesen, sagt Jenni Curtin. Die erste Reise sei eine Offenbarung gewesen. «Da habe ich gemerkt, wie sehr ich Schweizerin bin.» Die Frauen dort seien zurückhaltend und zuverlässig, genau wie sie. «Da dachte ich: Das ist mein Zuhause, das bin ich.»

Sie tut viel, um die Heimat ihrer Vorfahren in Amerika zu ehren. Sie backt Birnenbrot, geht in der Glarner Tracht auf den Markt. Als Lehrerin hat sie mit den Kindern «Heidi» gelesen, ein Buch, das sie schätzt, «weil die Autorin darin das Wesen der Schweizer so gut darstellt».

Wenn es um Politik geht, bleibt sie ganz Schweizerin. Darüber spricht sie nur ungern und nur, wenn der Journalist die Aufnahme unterbricht. Dass Trump diese Woche vier Tage in «Swissconsin» verbringe, sei sicher gut für die Wirtschaft des Staates. Mehr sagt sie nicht. Freundlich würde das wohl nicht klingen.

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