Strategie-Treffen in Sotschi
Arbeiten Putin und Lukaschenko an einer Vereinigung?

Der Belarus-Diktator und der russische Staatspräsident treffen sich heute Freitag am Schwarzen Meer. Der litauische Aussenminister fürchtet grössere Pläne.
Publiziert: 28.05.2021 um 14:36 Uhr

Fünf Tage nach der Flugzeug-Entführung trifft sich Alexander Lukaschenko (66) mit seinem wichtigsten Verbündeten: Wladimir Putin (68). Der Belarus-Diktator fliegt am Freitag ans Schwarze Meer, nach Sotschi.

Hier, im Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014, hatten sich die beiden Staatschefs erst im Februar getroffen – einträchtig zeigten sie sich beim Skifahren.

Nach der Flugzeug-Entführung und der Verhaftung des Journalisten Roman Protasewitsch (26) und seiner Freundin ist das Gipfeltreffen besonders symbolträchtig: Lukaschenko sucht den offenen Schulterschluss mit Putin, auf das Demokratie-Angebot der EU mit Aussicht auf ein drei Milliarden schweres Wirtschafts- und Investitionspaket ist er nicht eingegangen.

Putin und Lukaschenko treffen sich regelmässig – diesmal ist es aber besonders symbolträchtig.
Foto: Getty Images
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Worüber sprechen Lukaschenko und Putin?

Belarus behauptet, eine Bombendrohung hätte zu der erzwungenen Zwischenlandung von Ryanair-Flug FR4978 geführt. Ein von den belarussischen Behörden zitiertes E-Mail mit der angeblichen Bedrohung wurde aber erst nach dem Abfangen des Flugzeugs gesendet, wie der Schweizer E-Mail-Anbieter ProtonMail am Donnerstag mitteilte.

Russland hat das Belarus-Manöver rund um den Ryanair-Flug FR4978 verteidigt und mehreren Airlines aus der EU, die den belarussischen Luftraum nun meiden, Alternativrouten über Russland offenbar verwehrt. Auch eine direkte Beteiligung Moskaus an der erzwungenen Zwischenlandung ist nicht ausgeschlossen.

Die EU hat bereits entschieden, künftig keine Starts und Landungen von belarussischen Fluggesellschaften und keine Überflüge mehr zu erlauben. Mehrere europäische Länder hatten seit Anfang der Woche bereits Verbote ausgesprochen. Im Gegenzug stellte die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belavia alle Flüge nach Deutschland und in sechs weitere EU-Länder ein.

Sanktionen treiben Belarus in die Enge

Am Donnerstag berieten die EU-Aussenminister über die konkrete Umsetzung der Sanktionen. Erst in den kommenden Wochen soll dann entschieden werden, welche Unternehmen oder Wirtschaftszweige betroffen sein sollen. Unterdessen forderte eine Gruppe von mehr als 30 Abgeordneten des Europaparlaments den deutschen Siemens-Konzern auf, die Lieferung von Kraftwerksausrüstung nach Belarus auszusetzen und die Zusammenarbeit mit dem autoritären Regime einzustellen.

Lukaschenko will mit Putin über die Folgen der Sanktionen der EU und der USA sprechen. Sie treiben das wirtschaftlich schwache Belarus weiter in die Arme von Moskau. Auch Putin wird wohl weiter an dem Belarus-Diktator festhalten: Seit 26 Jahren hält sich Lukaschenko mit Terror und Gewalt an der Macht, er garantiert Putin Stabilität und ein Bollwerk gegen die EU und die angrenzenden Nato-Staaten Litauen und Polen.

Litauens Aussenminister Gabrielius Landsbergis (39) fürchtet aber, die Zusammenarbeit der beiden Länder könnte mit dem Treffen in Sotschi eine neue Stufe erreichen.

Belarus-Diktator arbeitet an Verfassungs-Änderung

Wie Landsbergis laut «Zeit Online» am Rande eines Treffens der Aussenminister der Europäischen Union (EU) sagte, gebe es eine Art Vereinigungspläne zwischen Lukaschenko und Putin.

Der belarussische Machthaber arbeite daran, die Verfassung zu ändern, sodass es möglich wäre, aus Russland und Belarus ein einziges Land zu machen. Russland gehe dabei ähnlich vor wie bei der Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014. «Das ist die Krim, nur im grösseren Massstab», sagte Landsbergis über das 9,5 Millionen Einwohner Land, das stark von russischen Subventionen abhängt.

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Belarus mehr Distanz zu Russland gesucht hatte. Nach Zoff um einen neuen Ölpreis bestellte Belarus etwa vergangenes Jahr eine erste Lieferung von Öl aus den USA.

Doch die manipulierten Wahlen änderten die Sachlage. Weil Lukaschenko die Proteste gewaltsam niederschlug und der Westen ihn nicht als legitimen Staatspräsidenten anerkennt, gehen ihm die Optionen aus. (kin)

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