«So was würde kein Hase essen»
Chinesen machen sich über unseren Zmittag lustig

Der Hashtag «White People’s Lunch», zu Deutsch «Zmittag weisser Leute», geht gerade in China viral. Zu sehen sind Rohkost, Salate und Sandwiches. Der Vorwurf aus China: Solche Gerichte nehmen jegliche Freude am Essen.
Publiziert: 21.06.2023 um 21:23 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2023 um 10:53 Uhr
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Janik LeuenbergerRingier Journalistenschüler

Zum Zmittag im Zug einen kleinen Salat und ein Rüebli, dazu ein Stück Brot und ein gekochtes Ei. Was in unseren Breitengraden ohne weiteres als vernünftiges Zmittag durchgeht, sorgt auf chinesischen Social-Media-Kanälen für Spott.

Dort verbreiten sich derzeit Videos von europäischen Mittagessen, meist begleitet von hämischen Kommentaren. Bemerkungen wie «mit dem absoluten Minimum an Aufwand und ohne Liebe zubereitet», «Sowas isst kein Hase» oder «Wer isst sowas freiwillig?» hagelt es unter den Videos und Bildern.

Mittlerweile gibt es für den Trend in China sogar einen eigenen Begriff. Ob Salat, Sandwich oder Früchte: Unter die Kategorie «White People's Lunch» fallen Gerichte, die einfach, schnell und manchmal auch roh zubereitet werden – praktisch, wenn man nur wenig Zeit hat und sich gesund ernähren will.

Ob Salat, Sandwich oder Bowl: Unter die Kategorie «White People's Lunch» fallen Gerichte, die einfach und schnell zubereitet werden: Bilder von solchem Essen gehen gerade auf chinesischen Social-Media-Seiten viral.
Foto: douyin/王者风范
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Schweizerin wegen Salat verspottet

Auch die Schweiz hat ihren Auftritt: Ein Video auf der chinesischen Plattform xiaohongshu zeigt eine Frau in einem SBB-Zug, die sich aus einem Kopfsalat und ein wenig Senf ein Essen zubereitet. Dazu schreibt die chinesische Nutzerin: «Die Schweizer schockieren mich immer wieder aufs Neue ...». Das Video, das «The Guardian» aufstöberte, hat schon über 100 Kommentare.

Viele chinesische User erzählen in den Kommentaren von den eigenen Kulturschocks: «Immerhin nimmt sie Senf. Mein weisser Arbeitskollege hat letztens Radieschen einfach roh gegessen!» Sogar als «Folter» werden die Mahlzeiten beschimpft.

Ein anderer User probiert, das System vom «White People's Lunch» mit Sarkasmus zu erklären. «Einige essen am Mittag nur rohe Gurken oder Nektarinen. Da wechseln sie dann ab – Montag, Mittwoch und Freitag gibt es Gurken, Dienstag und Donnerstag Nektarinen. Wenn man ganz luxuriös sein will, kann man es auch kombinieren: Gurken UND Nektarinen!» Andere Nutzenden fragen sich dabei nach dem Sinn des Lebens.

Auch positive Reaktionen

Laut dem Experten Marcelo Wang komme die Faszination für solches Essen daher, dass man in China oft mit vielen verschiedenen Zutaten kocht. Das sagt er gegenüber dem «Guardian». So komme es zum Kulturschock.

Die «weisse» Esskultur sorgt aber nicht nur für Unverständnis. Einige Nutzer loben die kleinen Snacks sogar: «Das ist definitiv gesünder als unsere Bowls mit gebratenem Reis oder Nudeln». Eine Nutzerin will die Salate sogar in ihren eigenen Diätplan einbringen: «So lässt sich bestimmt gut abnehmen». (jl)

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