Russische TV-Journalistin Marina Owsjannikowa über ihren Protest
«Ich konnte nicht schlafen, nicht essen»

Ihr Auftritt mit einem Protestplakat im russischen Staatsfernsehen machte TV-Journalistin Marina Owsjannikowa weltberühmt. Nun ruft sie ihre Landsleute zu kritischem Denken auf.
Publiziert: 21.03.2022 um 01:33 Uhr
|
Aktualisiert: 21.03.2022 um 06:58 Uhr

Marina Owsjannikowa (44) zeigte sich am Sonntag bei einem Interview per Videoschalte mit dem US-Sender ABC überzeugt davon, dass eine Mehrheit der Russen gegen den von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Angriffskrieg sei. «Die Menschen in Russland sind wirklich gegen den Krieg. Es ist Putins Krieg, nicht der Krieg des russischen Volkes.»

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sei es ihr schlecht gegangen, so Owsjannikowa: «Ich konnte nicht schlafen. Ich konnte nicht essen.» Was in ihrem Sender gezeigt worden sei, «war sehr anders als das, was in Wirklichkeit passierte». Mit ihrer Aktion habe sie der Welt zeigen wollen, «dass Russen gegen den Krieg sind».

Zugleich habe sie ihren Landsleuten deutlich machen wollen, dass sie angesichts der Propaganda «kritisch denken und die Informationen, die ihnen präsentiert werden, kritisch analysieren müssen».

Marina Owsjannikowa beim Verlassen des Gerichtsgebäudes, wo sie ihre Geldstrafe erhielt.
Foto: AFP
1/4

Owsjannikowa könnten bis zu 15 Jahre Haft drohen

Die Redakteurin des russischen Staatsfernsehens hatte am Montagabend in den Hauptnachrichten des Ersten Kanals ein Protestplakat gegen den Krieg in der Ukraine in die Kamera gehalten. Auf dem Plakat war auch zu lesen, dass die Zuschauer «hier belogen» werden.

Zudem bezeichnete Owssjannikowa den russischen Angriff auf die Ukraine in einem separat aufgenommenen Video als Verbrechen. In russischen Staatsmedien ist es untersagt, von einem Krieg zu sprechen. Die Staatsführung nennt das Vorgehen im Nachbarland eine «militärische Spezialoperation» zur «Entmilitarisierung» und zur «Entnazifizierung» der Ukraine.

Jetzt spricht die Redakteurin über ihre Busse
1:39
Verfahren schon eingeleitet:Jetzt spricht die Redakteurin über ihre Busse

Owssjannikowa war für ihre Aktion bereits am Dienstag zu einer Geldstrafe von 30'000 Rubel (rund 226 Euro) verurteilt worden. Möglicherweise droht ihr aber noch eine weitere Strafe: Es seien Ermittlungen wegen der angeblichen Verbreitung von Lügen über Russlands Streitkräfte aufgenommen worden, meldete die Staatsagentur Tass unter Berufung auf eine Quelle bei den Ermittlungsbehörden. Befürchtet wurde, dass Owssjannikowa nach dem neuen Mediengesetz belangt werden könnte, das bis zu 15 Jahre Haft vorsieht. (SDA/kin)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?