Rapper Toomaj Salehi (32) sitzt im Iran in der Todeszelle – Blick sprach mit seinem Onkel
«Ich habe Angst um ihn»

Der Musiker Toomaj Salehi (32) hat das iranische Regime kritisiert. Jetzt sitzt er im Gefängnis, wo ihm dem Vernehmen nach ein Bein und mehrere Finger gebrochen wurden, ebenso das Gesicht verletzt. Blick hat mit seinem Onkel gesprochen.
Publiziert: 15.12.2022 um 19:03 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2022 um 19:04 Uhr
Tanja von Arx
Tanja von ArxAuslandredaktorin

Die Nachrichten zu den Protesten im Iran werden von Tag zu Tag schlimmer: Weil die Unruhen nach dem Tod von Mahsa Amini (†22) nicht nachlassen, reagiert die Führung immer brutaler. So steht etwa der Rapper Toomaj Salehi (32) auf der offiziellen Todesliste des Regimes, nachdem er die Staatsführung um Ebrahim Raisi (61) kritisiert hat. Die Anklage gegen Salehi: «Verdorbenheit auf Erden» und «Krieg gegen Gott». Auf beides steht die Todesstrafe.

«Ich habe Angst um ihn», sagt sein Onkel Eghbal Eghbali (67) zu Blick. Der Iraner lebt im deutschen Bochum, um nicht verhaftet zu werden. Denn: Er hat selbst gegen das Regime rebelliert.

Barbarische Folter in der Zelle

Eghbali bestätigt die Angaben einer engen Vertrauten Salehis, wonach dieser im Gefängnis von Isfahan gefoltert werde. Ein Bein sei gebrochen und mehrere Finger, das Gesicht durch Schläge verletzt. Wegen der physischen und psychischen Folter befinde er sich im Hungerstreik. Dies hätten ihr Bekannte zugetragen, die im gleichen Gefängnis gesessen hätten, wie der «Stern» berichtet.

Der iranische Rapper Toomaj Salehi sitzt in der Todeszelle. Grund dafür: Er hat zum Protest gegen das iranische Regime aufgerufen.
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«Meine Schwester hat mich informiert», sagt Onkel Eghbali. Die qualvollen Schläge und einiges anderes würden dazu dienen, Salehi Geständnisse für das TV im Sinne des Regimes abzuringen. Eghbali sagt stolz: «Mein Neffe hat es geschafft, auszuharren und sechs Wochen Widerstand zu leisten.»

«Wir haben es mit einer Mafia zu tun»

Rapper Salehi wurde am 30. Oktober verhaftet. Zwei Tage, nachdem er sein letztes Interview gegeben hat. «Wir leben an einem Ort des Schreckens», sagte er dem kanadischen Fernsehsender CBC. «Wir haben es mit einer Mafia zu tun, die bereit ist, die ganze Nation zu töten, um ihre Macht, ihr Geld und ihre Waffen zu behalten.»

In der Haft soll Salehi zunächst weiter regimefeindliche Parolen und Rhymes gerufen haben, berichtete der Fernsehsender weiter. Dem haben sich offenbar andere Inhaftierte angeschlossen. Mittlerweile hätten die Sicherheitskräfte Salehi in einer isolierten Zelle verbannt.

Damit hat er die Herzen der Iraner erobert

Toomaj Salehi ist einer der bekanntesten iranischen Musiker. «Er ist ein mutiger Rapper, der versuchte, die Stimme seines Volkes zu sein», sagt der Onkel über ihn. Vor allem mit dem Song «Versteckt euch» hätte er das Herz von Millionen Iranern erobert. «Darin bemängelt er die Gleichgültigkeit gegenüber dem Regime, führt einem die miserablen Zustände im Iran vor Augen und fordert Reaktionen ein.» Eghbali: «Er sah viel Potenzial im iranischen Volk.»

Denn: In den Köpfen aller Generationen sei die Alternative zum Regime längst entstanden, sagt Eghbali. «Sie wollen ein demokratisches System, in dem Religion und Staat getrennt sind – wie in den westlichen Ländern.»

«Eine weltweite Unterstützung ist nötig»

Der iranische Menschenrechtsanwalt Mohammad Hossein Aghasi sagt allerdings dem «Stern», jede Hilfe komme wohl zu spät. Er hätte eigentlich den Rapper verteidigen sollen. Stattdessen wurde Salehi ein Anwalt des Regimes zur Seite gestellt. Laut Aghasi könne höchstens internationaler Druck an der Hinrichtung noch etwas ändern.

Eghbal Eghbali sagt, die westlichen Länder sollten sich für die freie Wahl eines Anwalts, die Entsendung eines UN-Komitees für den Besuch politischer Gefangener und die Anwesenheit westlicher Juristen, Journalisten sowie Vertretern der Menschenrechtsorganisationen während der Gerichtsverhandlungen stark machen. «Die revolutionäre Protestbewegung braucht eine weltweite Unterstützung.»

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