Putins Truppen geholfen
So hat der eigene Geheimdienst die Ukraine verraten

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski räumt im Geheimdienst auf. Höchste Zeit, denn zahlreiche Angestellte sollen den Russen bei der Invasion geholfen haben. Blick zeigt, wie Ukrainer ihr eigenes Land verraten.
Publiziert: 20.07.2022 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2022 um 07:18 Uhr
Guido Felder

In den ukrainischen Sicherheits- und Geheimdiensten wimmelt es von Verrätern, die Geheimnisse an den russischen Feind ausplaudern und diesem so den Vormarsch erleichtern.

Am Sonntag hat Präsident Wolodimir Selenski (44) den Inlandsgeheimdienst-Chef Iwan Bakanow (47) und die Generalstaatsanwältin Irina Wenediktowa (43) entlassen.

Über 60 Mitarbeiter des Geheimdiensts SBU und der Generalstaatsanwaltschaft seien in den von den Russen eroberten Gebieten geblieben und arbeiteten nun mit Russland zusammen, sagte Selenski. Insgesamt 651 Strafverfahren seien wegen Staatsverrats und Zusammenarbeit mit dem Feind eingeleitet worden.

Oleh Kulinitsch war SBU-Chef der Region Krim. Er wurde am Wochenende verhaftet.
Foto: DBR
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«Nach und nach werden sie alle bestraft»
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Den Russen Minenfelder gezeigt

Blick zeigt auf, wo Ukrainer Geheimnisse verraten haben oder auf den eigenen Profit bedacht waren:

  • Gleich zu Beginn der Invasion hatte sich Brigadegeneral Andrij Naumow aus dem Staub gemacht. Der ehemalige Chef der SBU-Verwaltung für Innere Sicherheit wurde drei Monate später in Serbien mit 600’000 Euro und 125’000 US-Dollar in bar sowie zwei wertvollen Smaragden verhaftet. Es wird vermutet, dass er mit den serbischen Behörden in Kontakt stand, die gute Beziehungen zu Moskau pflegen.

  • Schlimme Auswirkungen hatte der Verrat in Cherson. Offensichtlich kannten die russischen Angreifer die Lage der ukrainischen Minenfelder auf der Landenge zwischen der Halbinsel Krim und dem Festland. Zudem ist nicht klar, warum die 1366 Meter lange Antoniwkabrücke über den Dnepr am südlichen Stadtrand von Cherson nicht rechtzeitig in die Luft gesprengt worden war. So konnten die Russen ohne Probleme den Fluss überqueren und die Stadt einnehmen. Des Verrats verdächtigt wird der SBU-Gebietschef Serhij Kryworutschka.

  • Der jüngste Fall, der wohl zur Entlassung von SBU-Chef Bakanow geführt hat, betrifft den SBU-Chef für die Krim-Region. Oleh Kulinitsch wird vorgeworfen, seit 2014 mit den Russen kollaboriert, Kriegsvorbereitungen sabotiert und vor der Invasion Minen entlang der Demarkationslinie geräumt zu haben. Er wurde am Wochenende verhaftet.

  • An Verrat gegenüber der Ukraine grenzt auch das Verhalten des SBU-Chefs der strategisch wichtigen Region Charkiw, Roman Dudin. Selenski hat ihn entlassen, weil «er sich egoistisch nur um seine eigenen Interessen gekümmert hat, anstatt daran zu arbeiten, die Stadt von den ersten Tagen des Kriegs an zu verteidigen». Die Strafverfolgungsbeamten würden herausfinden, was seine Beweggründe waren.

  • Ein ukrainischer Staatsanwalt hat den Russen Listen mit getöteten Soldaten und Zivilisten, die Standorte gefangener oder inhaftierter russischer Soldaten, die Ergebnisse russischer Luftangriffe sowie Passwörter, um ukrainische Kontrollpunkte zu passieren, ausgehändigt. Der Verräter wurde überführt, indem man ihm gefälschte Listen unterschob, die dann bei den Russen auftauchten.

Selenski feuert weitere SBU-Chefs

Die SBU, die auch Wirtschaftsverbrechen und Korruption bekämpfen soll, ist die Nachfolgebehörde des KGB aus der Sowjetzeit. Die Organisation zählt rund 30’000 Mitarbeiter und ist somit siebenmal so gross wie der britische Inlandsgeheimdienst MI5 und fast so gross wie das amerikanische FBI mit 35’000 Beschäftigten.

Für eine Annäherung an die EU fordert Brüssel von der Ukraine neue Strukturen der SBU. Nach dem Rausschmiss seines Jugendfreunds Bakanow kündigte Selenski am Montag an, 28 SBU-Mitarbeiter – darunter der SBU-Vizechef und mehrere Regionalchefs – «wegen unbefriedigender Arbeitsergebnisse» zu entlassen. Zudem stellte er eine Revision der gesamten Arbeit des Geheimdiensts in Aussicht.

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