Plünderungen, Vergewaltigungen, Zerstörungen – Uno-Bericht kritisiert Türkei massiv
So brutal wüten Erdogans Truppen in Syrien

Ein Bericht der Uno wirft den unter türkischer Aufsicht operierenden Truppen in Nordsyrien massive Vergehen vor. Gar von Kriegsverbrechen ist die Rede.
Publiziert: 16.09.2020 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2020 um 20:52 Uhr

Unter der Kontrolle der türkischen Besatzer sorgen Ankaras Verbündete in Nordsyrien für Schrecken. Zum ersten Mal macht nun ein Uno-Bericht die Türkei für schwere Verbrechen mitverantwortlich.

So würden die Taten in Gebieten stattfinden, die «effektiv unter türkischer Kontrolle» stünden. Viele der Verbrechen seien zudem keine Einzeltaten, sondern zeugten vielfach von «systematischem» und «koordiniertem» Vorgehen:

  • Vergewaltigungen: Frauen und Mädchen wurden von Kämpfern bei Razzien oder in Haft vergewaltigt, teils mehrfach. Manchmal wurden männliche Gefangene gezwungen zuzusehen.
  • Folter: Syrische Zivilisten, überwiegend Kurden, wurden von der Syrischen Nationalen Armee verhaftet, verhört und gefoltert – teilweise in Anwesenheit türkischer Offiziere. Eine Jesidin wurde bedroht und aufgefordert, zum Islam zu konvertieren.
  • Plünderungen: In Afrin und Ras al-Ain wurden überwiegend kurdischen Familien die Häuser weggenommen. Auch wurden ihnen Geld, Stromgeneratoren, Türen und Fenster aus Häusern gestohlen. Die Türken waren informiert und griffen nicht ein.
  • Zerstörung von Weltkulturerbe: Satellitenaufnahmen zeigen, dass die hellenistische Stätte von Kyrrhos und der hethitische Ain-Dara-Tempel mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht wurden. Zudem stahlen Kämpfer kostbare Mosaike.
  • Grabschändung: Mehrere jesidische Schreine und Gräber wurden geplündert und zerstört.

Kriegsverbrechen der Türkei?

Schon seit längerem häufen sich Berichte über Verbrechen, welche die Kämpfer der «Syrischen Nationalen Armee» in Nordsyrien begehen, schreibt spiegel.de. Der lose Verband von vielen religiösen Milizen wird von der Türkei gelenkt und bezahlt. Er hat nichts mit den Streitkräften der Arabischen Republik Syrien von Machthaber Bashar al-Assad (55) zu tun.

Im Oktober 2019 drangen türkische Truppen in Nordsyrien ein.
Foto: AFP
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Möglicherweise hat die Türkei sogar selber Kriegsverbrechen begangen. Gefangene Syrer seien in die Türkei verschleppt und nach dortigem Recht verurteilt worden, was man als unrechtmässige Deportation bezeichnen könne. Der Uno-Bericht verweist auf das internationale Besatzungsrecht, nach dem der Besatzer in den besetzten Gebieten für die Sicherheit und das Wohlergehen der Bevölkerung sorgen müsse.

Und der Bericht hält an die Adresse der Türkei klar fest: «Die Kommission empfiehlt der Türkei, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit in denen von ihr kontrollierten Zonen zu gewährleisten, um Verstösse der Syrischen Nationalen Armee und das Verwenden ziviler Häuser für militärische Zwecke zu verhindern.»

Einmarsch vor einem Jahr

Die Türkei war im Oktober 2019 in Nordsyrien eingedrungen, gemäss dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, um «Terroristen» von dort zu vertreiben. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hat die Türkei seit Anfang Februar mehr als 9440 Lastwagen und Militärfahrzeuge nach Syrien geschickt, zusätzlich zu den über 12’800 türkischen Soldaten, die in Idlib und Aleppo stationiert sind.

Anfang März erzielten die Türkei und Russland ein Waffenstillstandsabkommen über Syrien, nachdem Dutzende von türkischen und syrischen Regimetruppen getötet worden waren. (gf)

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