Opfer spricht erstmals über «Schwedischen Fritzl»
So litt das Escortgirl im Horror-Bunker

Tagelang hielt der Arzt Martin Trenneborg (39) Isabel Eriksson* in einem selbstgebastelten Bunker gefangen. Erstmals erzählt das ehemalige Escort-Girl von ihrem Martyrium.
Publiziert: 18.01.2017 um 22:09 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:32 Uhr
So litt das Escort-Girl im Horror-Bunker
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Opfer spricht erstmals über «Schwedischen Fritzl»:So litt das Escort-Girl im Horror-Bunker

Isabel Eriksson* war dem Arzt Martin Trenneborg (39) im Herbst 2015 in Stockholm begegnet. Der Mann hatte die Schwedin als Escortdame gebucht. Beim ersten Treffen lief alles rund: Er gab sich als Amerikaner aus, der in London lebe und mit Aktien handle. Sie war entzückt.

Beim zweiten Treffen überraschte der Mann die schöne Schwedin mit Champagner und Erdbeeren, die er mit dem Betäubungsmittel Rohypnol präpariert hatte. Als Eriksson davon naschte, verlor die das Bewusstsein.

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Der Arzt brachte sie anschliessend in einem Rollstuhl in ein Landhaus im südschwedischen Kristianstad.

Im Arm steckte eine Nadel

In der schwedischen Talkshow «Skavlan» erzählte Eriksson zum ersten Mal öffentlich, was sie da erlebte. Eriksson: «Ich sah ein Blechdach und einen Mann, der auf einem Stuhl neben mir sass und mich anschaute. Und ich sah eine Nadel, die in meinem Arm steckte und die ich schnell herauszog. Der Mann sagte, dass er mich entführt habe und hier für einige Jahre einsperren würde.»

Sie sei in Panik geraten und habe fliehen wollen. «Ich sprang auf und wollte ihn angreifen. Aber ich stand immer noch unter Drogen», berichtete die Frau.

«Ich sah ein Blechdach»: Hier erwachte das Escortgirl aus der Bewusstlosigkeit.

Trenneborg habe ruhig reagiert und nur gesagt: «Wenn du das nochmals versuchst, werde ich dich ans Bett fesseln und nur mit Knäckebrot füttern.» Wenn sie ihn angreifen und töten würde, bliebe sie mit nichts anderem zurück, als mit einer «stinkenden Leiche», da sie ohne seine Hilfe den Bunker nicht verlassen könne. Der Arzt hatte den Raum tatsächlich mit mehreren Tresortüren und elektronischen Schlössern verriegelt.

Mit dem Peiniger im Bett

Ihr Peiniger sei stolz gewesen auf den 60 Quadratmeter grossen Bunker, an dem er seit 2010 gebaut hatte. Eriksson: «Es war kalt und dreckig. Der Boden war aus Steinen, überall standen Zementsäcke.» Der Raum befand sich unter einem alten Maschinenraum. Er war lichtundurchlässig und schalldicht. Hilferufe waren zwecklos.

Die folgenden Tage wurden für sie zum Albtraum. «Er wollte, dass wir gemeinsam schlafen. Es war absolut schrecklich, neben seinem Entführer schlafen zu müssen. Er wollte ständig Körperkontakt.»

Arzt Martin Trenneborg wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Foto: DUKAS

Zu einer Vergewaltigung sei es aber nicht gekommen, da der Arzt zuerst sicher sein wollte, dass sein Opfer keine sexuell übertragbare Krankheiten habe. Trenneborg habe ihr Blut- und Vaginalproben genommen und sie unter dem Stichwort «unidentifizierbarer Flüchtling» in ein Labor geschickt.

Trenneborg habe Isabel Eriksson immer wieder mit verschiedenen Masken erschreckt. Eriksson: «Ich hoffte, dass jemand gekommen war, um mich zu retten.» Der Entführer habe sich darauf die Maske vom Gesicht gerissen und sie ausgelacht.

Studium statt Escort

Das Martyrium dauerte sechs Tage. Dann gab der Arzt auf und brachte sein Opfer zur Polizei. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Zudem muss er Eriksson umgerechnet 20’000 Franken Schadenersatz bezahlen.

Die junge Frau hat nach der Entführung ihr Leben umgekrempelt. Sie arbeitet nicht mehr als Escort, sondern will im Ausland studieren. Zurzeit lebt sie unter einem falschen Namen an einer geheimen Adresse.

Medien hatten den Entführer «Schwedens Josef Frizl» getauft. Fritzl (81) hatte seine Tochter in Österreich 24 Jahre lang in ein Kellerverlies eingesperrt und missbraucht. Er wurde zu einer lebenslanger Haft verurteilt. (gf)

* Name geändert

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