«Eine verbale Eskalation, die er sich nicht leisten kann»
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Gysling zu Putins Atom-Drohung:«Eine verbale Eskalation, die er sich nicht leisten kann»

Oligarch packt aus
Putin will Ukraine nicht erobern, sondern zerstören

Leonid Newslin (62) war Vizepresident des früheren russischen Ölkonzerns Yukos. Heute lebt der Geschäftsmann in Israel – und ist ein scharfer Kritiker von Wladimir Putin.
Publiziert: 02.08.2022 um 18:30 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2022 um 09:17 Uhr

Fast 20 Jahre ist es her, seit Leonid Newslin (62) aus Russland floh und in Israel eine neue Heimat fand. Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine verzichtete er dieses Jahr öffentlich auf seine russische Staatsbürgerschaft. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) bezeichnet er als «Psychopathen» und «Verbrecher».

In Russland wurden Newslin mehrere Fälle der Verschwörung zum Mord vorgeworfen. 2008 wurde er in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Newslin war bis zu deren Zerschlagung der Vizepräsident der russischen Erdölgesellschaft Yukos. Das Verfahren gegen ihn bezeichnet er als einen von Putin inszenierten Schauprozess. In einem Interview mit «The Times of Israel» äussert er sich nun ausführlich über die Situation in der Ukraine – und darüber, was Putin seiner Meinung nach erreichen will.

«Rachsüchtige und feige Persönlichkeit»

Als Putin seine Truppen an der ukrainischen Grenze zusammenzog, glaubte Newslin zunächst nicht an einen bevorstehenden Angriff. Doch dann sei ihm klar geworden: «So verhält sich ein Psychopath, wenn ihm jemand sein Spielzeug wegnimmt – er beginnt einen Zermürbungskrieg.» Das ergebe zuerst keinen Sinn, so Newslin. «Aber dann versteht man, dass es sich nicht um einen Staatschef handelt, sondern um den Anführer einer Mafia mit einer rachsüchtigen und feigen Persönlichkeit.»

In Russland zu lebenslanger Haft verurteilt: Leonid Newslin.
Foto: Facebook
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Während sich die Ukraine laut Newslin nur mit einer Instandsetzung des Grenzverlaufs von 2014 – also inklusive einer Rückholung der Krim – zufriedenstellen und als Siegerin sehen kann, genügt für Putin auch ein Teilsieg. «Wenn er die gesamte Donbass-Region übernimmt und seinen Bürgern zeigt, dass er gewonnen und ‹die Nazis vernichtet› hat, das russische Territorium vergrössert, den Donbass mit der Halbinsel Krim verbunden und die Kontrolle über das Asowsche Meer erlangt hat, wird die russische Propaganda den Rest erledigen.»

Und was sind die Ziele Putins? Newslin: «Wenn er anfangs die Erneuerung des sowjetischen Modells und die Angliederung der Ukraine, Moldawiens und Weissrusslands an Russland anstrebte, dann hat sich jetzt alles geändert. Putin versucht, die Ukraine zu zerstören. Wir sehen das an der unerträglichen Gewalt und der Grausamkeit dieses Krieges.»

Putin schlachte Ukrainer ab, zerstöre die Infrastruktur, sagt Newslin. «Zunächst gab es Gerüchte, er wolle das ukrainische Vermögen unter den ihm nahestehenden Oligarchen aufteilen. Wenn das der Fall wäre, hätte er Asowstal nicht zerstört, sondern übernommen, um es später an seine Verbündeten weiterzugeben.» (noo)

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