Heiler sollte Krankheit auspendeln
Mädchen (†14) an Krebs gestorben – Eltern verurteilt

Der Fall schockte ganz Österreich: Ein junges Mädchen verstarb an Krebs, da die Eltern nicht auf medizinische Hilfe, sondern auf Heiler und Schamanen setzten – vor Gericht fällt das Urteil mild aus.
Publiziert: 16.05.2024 um 13:20 Uhr
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Natalie ZumkellerRedaktorin News

Ein Gemisch aus Honig, Ingwer, Zimt und Nelken, Auspendeln und Besuche bei einem Schamanen: Damit wollten Hannas* (†14) Eltern den aggressiven Krebs ihrer Tochter behandeln. Dieser breitete sich während der falschen Behandlung immer weiter in ihrem Körper aus – als das Mädchen im Februar 2023 in Österreich ins Spital eingeliefert wurde, konnten die Ärzte aber nichts mehr für es tun

Der Fall wurde am Mittwoch abschliessend vor einem Gericht in Klagenfurt (Ö) verhandelt, wie die «Kleine Zeitung» berichtet. Die Staatsanwaltschaft warf den Eltern vor, dass sie Hanna «körperliche Qualen» zugefügt hätten, während das Mädchen «wehrlos» gewesen sei und «keine adäquate Aufklärung über ihre Krankheit, deren Verlauf und die Therapiemöglichkeiten» erhalten habe. Trotzdem fiel das Urteil mild aus. 12 Monate Knast – aber bedingt. Heisst: Die Eltern müssen nicht ins Gefängnis.

«Handball-grosser Tumor am Hals»

Der Tumor, der im Oktober 2022 in Hannas Fuss entdeckt wurde, weitete sich auf ihren ganzen Körper aus – sie litt an Schluckbeschwerden, Atemnot, Geschwülsten und Lähmungserscheinungen. Vor Gericht beschrieben Mediziner den Zustand des Mädchens: «Die Tumore waren von aussen sichtbar. Am Hals hatte das Mädchen einen Handball-grossen Tumor.»

Die Eltern mussten sich am Mittwoch vor Gericht verantworten.
Foto: Keystone
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Einer der zuständigen Chefärzte erklärte der Richterin unter Tränen weiter, dass er solche Symptome noch nie gesehen habe. So hat der Tumor nicht nur die Wirbelsäule angefressen, auch die Luftröhre sei extrem geschrumpft. Während diese bei einem normalen Menschen rund 20 Millimeter breit ist, mass sie bei ihr noch 4,5 Millimeter – sie dürfte kaum Luft bekommen haben und einen schmerzvollen Tod gestorben sein.

Einer der Heiler, den die Eltern konsultierten, brachte sein Pendel sogar mit vor das Gericht – wo er es auf die Staatsanwältin richtete. So wollte er beweisen, dass seine Techniken wirksam sind.

«Die Eltern wählten den fatalen Irrweg»

Während die Staatsanwaltschaft betonte, dass das Mädchen nicht genügend über mögliche Optionen aufgeklärt wurde und ihr daher die Chance auf eine Heilung verwehrt wurde, zeigte sich die Verteidigung stur: Sie beharrten darauf, dass sich die 14-Jährige selbst dazu entschieden habe, keine schulmedizinische Hilfe aufzusuchen. «Die Eltern wollten nichts, als ihr Kind auf dem selbstbestimmten Weg zu begleiten.»

Der Chefarzt betonte, dass das Mädchen sogar eine Chance aufs Überleben gehabt hätte, wenn der Tumor bereits bei seiner Entdeckung behandelt worden wäre. «Ich kenne Parallelfälle. Aber die Eltern wählten den fatalen Irrweg.» 

Die Richterin betonte am Ende des Prozesses, dass Hanna sich «mangels kompetenter Aufklärung durch Fachpersonal» kein Bild machen konnte, wie «das Ganze» abläuft. Ihr Todesurteil.

* Name geändert 

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