Einsatzprotokolle der Polizei veröffentlicht
So skurril war die Suche nach der Berliner Löwin

Ende Juli hielt eine vermeintliche Löwin die Berliner Behörden in Atem. Schliesslich entpuppte sich die Raubkatze als Wildschwein. Inzwischen sind die Polizei-Protokolle des Einsatzes aufgetaucht. Sie zeigen, wie kurios die Suche tatsächlich war.
Publiziert: 26.09.2023 um 17:08 Uhr

Mitte Juli war in Berlin für knapp 40 Stunden die Hölle los. Nachdem auf den sozialen Medien ein Video von einer vermeintlichen Löwin aufgetaucht war, herrschte am Rande der deutschen Hauptstadt Raubtieralarm. 

Mehrere Hundert Polizisten suchten fieberhaft nach der Raubkatze, die sich schliesslich als Wildschwein entpuppte. Gar ein Panzerfahrzeug war im Einsatz. Die Suche nach der angeblichen Löwin sorgte weltweit für Schlagzeilen. Wie die «Welt am Sonntag» berichtet, liegt mittlerweile das Einsatzprotokoll der Jagd vor. Die Dokumente zeigen, wie irre die Suche tatsächlich war.

Donnerstag, 20. Juli

2.12 Uhr: Ein Nutzer namens «lqzze1» teilt auf X (ehemals Twitter) ein Video, auf dem angeblich eine Löwin zu sehen war. Nachdem auf dem Account geschrieben wurde, dass die Polizei bereits informiert sei, bestätigen auch die Behörden die Sichtung. Auf 20 Meter Entfernung handle es sich «zweifelsfrei» um eine Löwin, wie es im Protokoll heisst.

Diese vermeintliche Löwin löste einen fast zweitägigen Raubkatzenalarm in Berlin aus.
Foto: Twitter
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8.00 Uhr: Innerhalb von wenigen Stunden hat sich die Nachricht über die mögliche Bedrohung wie ein Lauffeuer verbreitet. Zahlreiche Anwohner berichteten zudem bereits davon, ein «verdächtiges Rascheln» gehört zu haben. 

Je länger die Suche andauerte, desto kreativer wurden die Tipps von besorgten Bürgern, wie man das Tier einfangen könnte. «Um sie anzulocken, könnte man doch das Gebrüll eines männlichen Löwen aus einem Lautsprecher ablaufen lassen», so eine Berlinerin. Die Polizei schien von dem Vorschlag jedoch nicht wirklich begeistert zu sein. Im Protokoll ist vermerkt, dass «der Hinweis zur Kenntnis genommen wurde».

18.37 Uhr: Die Einsatzkräfte stellten nahe dem Waldfriedhof einen «verdächtigen Wildtiergeruch» fest. Es wird angenommen, dass es sich um Exkremente der Löwin handelt. Wie im Protokoll festgehalten ist, hat der Tierarzt drei Stunden später Entwarnung gegeben. Es habe sich wohl doch nur um Hundekot gehandelt.

Freitag, 21. Juli

1.37 Uhr: In der Nacht auf Freitag wird die Existenz der vermeintlichen Löwin noch ein Stückchen realer. Unabhängig voneinander berichteten gleich zwei Anwohner aus Berlin-Zehlendorf von Löwengebrüll. Wie es im Protokoll heisst, handelte es sich dabei jedoch um einen Fehlalarm. Demnach hätten drei Männer das Gebrüll von der Anlage ihres Autos aus abgespielt. Zwischenzeitlich kam auch der Verdacht auf, dass diese Personen das Wildtier für jemanden suchen würden. Im Protokoll ist von «Clanbezug» die Rede. 

Zeitweise wurde spekuliert, ob die Löwin einem der Söhne von Clan-Boss Issa Remmo, Firas Remmo, entlaufen ist. In einem Post auf Instagram hatte er impliziert, dass ihm die Löwin «Nala» gehört. Wie sich später herausstellte, führte er mit seiner Aktion jedoch lediglich die Polizei an der Nase herum.

Auch den Beamten selbst ist das nicht entgangen. Sie durchschauten Firas Remmos Masche schnell. Im Protokoll wird Remmos Post als «reine Provokation und Wichtigtuerei» abgetan.

9.33 Uhr: Inzwischen wurde ein ausgebildeter Spuren-Fährtenleser auf den Fall angesetzt. Der Tracker, der der festen Überzeugung war, dass es sich auf dem Video um keine Löwin handelte, untersuchte nochmals systematisch die Spuren. Drei Tage später konnten die Anwohner schliesslich aufatmen: Die gefundenen Kot- und Haarproben stammten von einem Wildschwein.

Dafür, dass die Raubkatze doch nur ein Wildschwein war, ernteten die deutschen Behörden mächtig Spott. Auch zahlreiche internationale Medien, die über den Grosseinsatz berichtet hatten, mussten den Irrtum ihren Lesern melden. «Die Bürger können ihre Dackel wieder hervorholen», schrieb beispielsweise die französische «Libération». (dcz)

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