Die Bewegung «En Marche!» mobilisiert in der Schweiz viele Franzosen
Auch in der Schweiz geht es «vorwärts!»

Die Bewegung «En Marche!» des französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron mischt in der Schweiz kräftig im Wahlkampf mit.
Publiziert: 19.04.2017 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:04 Uhr
Adrian Meyer

Macron-Fan gründet «En Marche!»-Sektion in der Schweiz

«Wir werden gewinnen», sagt Joachim Son-Forget (34). Der in Genf wohnhafte Franzose ist zuversichtlich – und zwar wegen Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron (39). Der französische Ökonom hat mit seiner Bewegung «En Marche!» («Vorwärts!») in der Schweiz ungewöhnlich viele Menschen mobilisiert und die hiesige Franzosen-Gemeinschaft gehörig aufgemischt.

Radiologe Son-Forget hat die Schweizer Sektion von «En Marche!» vor einem Jahr gegründet. Der unabhängige, liberale, pro-europäische Macron erfüllt ihn mit Euphorie: «Ich traf ihn vor einem Jahr bei einem Dinner in Paris. Ich wusste sofort, dieser Mann ist anders.» Also versprach er, «En Marche!» in der Schweiz aufzubauen. 

Vor einem Jahr waren sie bloss eine Handvoll Aktivisten, heute sind sie mehr als 1200 «Marcheurs». Die Bewegung ist hierzulande im Wahlkampf so aktiv wie keine andere Partei. «Pro Wahlberechtigte haben wir in der Schweiz sogar mehr Mitglieder als in Frankreich», sagt Son-Forget. In Genf, Lausanne, Neuenburg, aber auch in Zürich und Bern treffen sich regelmässig Komitees, um Macrons Ideen unter die französischen Expats zu bringen.

Joachim Son-Forget (34, l.) und Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron (39). Son-Forget gründete die Schweizer Sektion von Macrons Bewegung «En Marche!».
Foto: zvg
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Nirgends leben so viele Ausland-Franzosen wie in der Schweiz

Nirgends leben so viele Ausland-Franzosen wie in der Schweiz: Rund 200'000, die meisten in der Romandie. Wahlberechtigt sind dieses Jahr 134'000 – 20 Prozent mehr als 2012. Sie galten bisher als politisch wenig aktiv. Vor fünf Jahren beteiligte sich nur jeder Vierte an den Parlamentswahlen – obwohl sie online wählen konnten.

Kaum eine Rolle spielt in der Schweiz der in den Umfragewerten starke Front National (FN) unter Marine Le Pen (48). Der FN organisierte keine Schweizer Wahlkampfveranstaltungen im Vergleich zu «En Marche!» und den konservativen «Les Républicans» unter Präsidentschaftskandidat François Fillon (63). In der Schweiz kommt es daher wohl zum Duell Macron gegen Fillon.

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Vor allem bei den Liberalen rechts der Mitte punktet «En Marche!». Die Bewegung erreicht viele, die bisher nicht wählten. Die Enttäuschten, die Abgehängten. «Ihnen gefällt unsere Bewegung, weil sie auf Zusammenarbeit und Respekt beruht», sagt Son-Forget. «Das passt zur Konsenskultur in der Schweiz.»

Joachim Son-Forget begrüsst Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron.
Foto: zvg

Seit zehn Jahren lebt Son-Forget in Genf, als Radiologe arbeitet er im Lausanner Universitätsspital. Seine Freizeit verbringt er damit, das Programm Macrons vorzustellen, neue Mitglieder anzuwerben, mit den Franzosen in der Schweiz zu diskutieren.

«Die Franzosen wollen etwas Neues», sagt er. «Keine korrupten Politiker, keine Extremisten, sondern eine nationale Einigkeit in Frieden.» Als parteiübergreifend versteht sich «En Marche!». Links oder rechts spielt weniger eine Rolle als der Glaube daran, dass es Macron gelingt, Frankreich zu erneuern.

Schweiz-Abgeordnete unterstützt François Fillon

Die Schweiz-Französin Claudine Schmid (61) vertritt die Schweiz-Franzosen als Abgeordnete in der französischen Nationalversammlung. Sie lebt in Zürich und ist Mitglied der konservativen «Les Républicains» von Fillon. Sie ist skeptisch gegenüber Macron. «Die Menschen wissen gar nicht, wofür er steht», sagt sie. «Bei Fillon weiss man das ganz genau.»

Fillon sei schliesslich Premierminister gewesen, er kenne die Dossiers, habe ein klares, radikales Wirtschaftsprogramm. Macron betreibe bloss Marketing, sein Programm sei vage und widersprüchlich. «Die Franzosen aber wollen konkrete Lösungen», sagt Schmid. 

Über Fillons Veruntreuungsskandal «Penelopegate» kann Schmid hinwegsehen. Fillon soll als Abgeordneter seine Ehefrau Penelope als parlamentarische Mitarbeiterin scheinbeschäftigt haben. In acht Jahren habe sie eine halbe Million Euro bekommen, ohne jemals zu arbeiten. «Das ist doch nichts angesichts der Terrorismusgefahr, der Arbeitslosigkeit, der Zukunft Frankreichs», sagt Schmid. «Nur darum geht es.»

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«En Marche!»-Vertreter Son-Forget ist sich Claudine Schmids Kritik gewöhnt: «Ich glaube, sie hat Angst», sagt er. Denn vor fünf Jahren wurde Schmid noch mit knapp 60 Prozent der Stimmen ins Parlament gewählt. Ob ihr das angesichts des Erfolgs der «marcheurs» nochmals gelingt, ist mehr denn je offen. 

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