«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»
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Anwalt zum Polizistenmord:«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»

Das Protokoll der Todesnacht
So kam es zum schrecklichen Mord an zwei Polizisten

Zwei Polizisten wurden in Deutschland im Einsatz getötet. Alexander K. und Yasmin B. wurden während einer Verkehrskontrolle erschossen. Andreas S. und Florian V. sitzen mittlerweile in U-Haft. Blick rekonstruiert die Ereignisse.
Publiziert: 02.02.2022 um 18:30 Uhr
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Aktualisiert: 03.02.2022 um 06:53 Uhr
Der Polizist Alexander K. und seine 24-jährige Kollegin Yasmin B. wurden erschossen.
Foto: Facebook
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Der Doppelmord an zwei Polizisten in Deutschland am Montag löste über die Landesgrenzen hinaus Entsetzen aus. «Sie wurden grausam ermordet, um uns zu schützen und uns Sicherheit zu geben», sagte rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer einen Tag nach dem entsetzlichen Verbrechen.

Wie genau die Verkehrskontrolle so schrecklich enden konnte, schilderten die Ermittler in einer ausführlichen Pressekonferenz.

Das Protokoll der Todesnacht:

Sonntag, 22 Uhr
Oberkommissar Alexander K.* (†29) und seine Kollegin Yasmin B.* (†24) beginnen ihren Dienst auf der Polizeiinspektion Kusel. Die junge Frau ist noch in der Ausbildung, es ist ihr zweiter Dienst auf der Wache. Ihr letztes Praktikum vor dem Abschluss im Mai.

In der Gegend kam es in der Vergangenheit häufiger zu Einbrüchen. Also sollen die beiden Streifenpolizisten Ausschau nach Verdächtigen halten.

Montag, 4.19 Uhr
An der Kreisstrasse K22 zwischen Ulmet und Mayweilerhof werden die Polizisten zufällig auf einen weissen Kastenwagen in der Haltebucht aufmerksam. Sie funken: «Dubiose Personen im Bereich Ulmet festgestellt, der ganze Kofferraum ist voller Wild.»

Yasmin B. läuft mit einer Taschenlampe in der Hand zum Auto. Im Wagen sitzen Andreas S.* (38) und Florian V.* (32). S. übergibt der Polizistin seinen Ausweis und den Führerschein. Nichtsahnend überprüft die junge Frau die Papiere.

Plötzlich wird ihr aus nächster Nähe in den Kopf geschossen. Die 24-Jährige hat keine Chance, zu ihrer Waffe zu greifen. Sie ist sofort tot.

4.20 Uhr
Alexander K. fordert umgehend Verstärkung an. «Kommt schnell, die schiessen auf uns», funkt er. Ein Schuss ist zu hören. Der Polizist greift zu seiner Waffe, schiesst 14 Mal auf seine Mörder, leert sein ganzes Magazin. Er selber wird insgesamt vier Mal getroffen, bevor er sich in Sicherheit bringen kann. Eine Kugel trifft den Kopf.

4.28 Uhr
Die Verstärkung ist da. Ihr bietet sich ein Bild des Grauens. Yasmin B. liegt tot vor dem polizeilichen Zivilfahrzeug. Ihre Pistole steckt noch im Holster.

Hinter dem Auto, im Bereich einer Böschung, liegt ihr schwer verletzter Kollege. «Er war nicht mehr ansprechbar», erklärt der Einsatzleiter später an der Pressekonferenz. Alexander K. stirbt vor Ort, noch bevor die Rettungskräfte eintreffen.

Von den Tatverdächtigen fehlt jede Spur. Die beiden Männer sind bereits weg. Am Tatort, neben der ermordeten Yasmin B., finden die Ermittler jedoch den Führerschein und den Ausweis von Andreas S. Sie leiten umgehend eine Grossfahndung ein.

7.10 Uhr
Die Polizei veröffentlicht die Nachricht über die Gewalttat. Die Bevölkerung soll auf keinen Fall Anhalter mitnehmen.

8.25 Uhr
Die Fahndung wird auf das benachbarte Saarland ausgedehnt. Denn die Fluchtrichtung der Täter ist unbekannt.

12.35 Uhr
Die Polizei schreibt Andreas S. öffentlich zur Fahndung aus.

17.57 Uhr
Die Polizei informiert: Andreas S. wird kurz nach 17 Uhr in Sulzbach in der Nähe seines Wohnorts festgenommen. Die Polizei habe ihn «in einem günstigen Moment beim Verlassen seiner Wohnung» verhaftet.

Kurze Zeit später klicken auch bei Florian V. die Handschellen. Nach «Bild»-Informationen war der 32-Jährige gerade dabei, das Wild zu zerlegen. Er trug eine Metzgerschürze. Beide Männer lassen sich widerstandslos verhaften.

Das Auto von Andreas S. wird gefunden – es ist von Einschusslöchern beschädigt. Auf der Ladefläche liegen immer noch mehrere erlegte Wildtiere. Die Polizei stellt ausserdem die Tatwaffen – eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr – und noch weitere Waffen sicher.

Dienstag
Gegen beide Männer wird aufgrund von Fluchtgefahr Haftbefehl erlassen. Andreas S. ist bereits wegen Jagdwilderei und Verkehrsunfallflucht polizeilich bekannt, Florian V. wegen Betrugsdelikten.

An einer Pressekonferenz informieren die Ermittler über den Stand der Dinge. Andreas S. hüllt sich bisher in Schweigen. Florian V. dagegen hat die Wilderei eingeräumt. Er bestreitet jedoch, auf die Polizisten geschossen zu haben. Die Ermittler sehen das jedoch anders.

«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»
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Anwalt zum Polizistenmord:«Mutmassliche Mordwaffen waren eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr»

Oberstaatsanwalt Stefan Orthen sagt: «Wir gehen davon aus, dass mindestens zwei Waffen benutzt wurden. Wir gehen ausserdem davon aus, dass beide Beschuldigten geschossen haben.» Yasmin B. sei mit der Schrotflinte getötet worden. Das Motiv für den Doppelmord: Vertuschung der Wilderei, glauben die Ermittler.

Sollten sich die aktuellen Erkenntnisse bewahrheiten, droht den beiden Beteiligten lebenslange Haft. (man)

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