Carl XVI. Gustaf über Corona: «Ich denke, wir sind gescheitert»
König von Schweden tadelt sein eigenes Land

König Carl XVI. Gustaf ist geknickt und sauer zugleich. Er sagt, dass die schwedische Corona-Strategie grosses Leid verursacht habe.
Publiziert: 17.12.2020 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2021 um 15:05 Uhr
Guido Felder

Jetzt sagt sogar der schwedische König Carl XVI. Gustaf (74) öffentlich, dass sein Land mit seiner Corona-Strategie auf dem Holzweg ist. «Ich denke, wir sind gescheitert», sagte der König in einem Interview, das das schwedische Fernsehen SVT am Donnerstag ausschnittsweise veröffentlichte und das am 21. Dezember ganz ausgestrahlt wird.

Der König weiter: «Wir haben eine grosse Anzahl Menschen, die gestorben sind, und das ist schrecklich.» Das schwedische Volk habe unter schwierigen Bedingungen «kolossal» gelitten.

In Schweden sind inzwischen gegen 7900 Menschen am Coronavirus gestorben. Rund 75 Prozent von ihnen waren älter als 70 Jahre. Täglich kamen in den vergangenen sieben Tagen im Schnitt 6200 neue Infektionen dazu, womit Schweden seine Nachbarländer Norwegen mit 398 und Finnland mit 448 Fällen bei weitem übertrifft.

König Carl XVI. Gustaf: «Wir haben eine grosse Anzahl von Menschen, die gestorben sind, und das ist schrecklich.»
Foto: Getty Images
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Schweden hatte bis vor kurzem weniger strenge Corona-Massnahmen als andere, zieht nun aber die Schraube an.

Mitgefühl mit Familien

Carl Gustaf sagte, leid täten ihm vor allem die Familien, die sich nicht von ihren Verwandten hatten verabschieden können. «Ich denke, es ist eine schwere und traumatische Erfahrung, nicht herzlich Abschied nehmen zu können.»

Auf die Frage, ob er selbst Angst vor einer Infektion mit Covid-19 habe, sagte er: «In letzter Zeit fühlt es sich konkreter an, es ist näher und näher gekrochen.» Im November waren sein Sohn, Prinz Carl Philip (41), und dessen Frau Sofia (36) positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Kritik wächst

Die Kritik am schwedischen Modell, das Staatsepidemiologe Anders Tegnell (64) vorgibt, wird im Land selber immer lauter. Diese Woche veröffentlichte die Corona-Kommission einen ersten Bericht, der den Umgang mit den alten Menschen durchleuchtet.

Die Vorwürfe sind massiv. Die Gesundheitsbehörden hätten keine Ahnung davon gehabt, wie man im Falle einer Pandemie in der Alterspflege reagieren müsse. Die Alterspflege weise «seit Jahren bekannte strukturelle Mängel» auf.

Für diese Mängel macht die Kommission die aktuelle sowie die früheren Regierungen verantwortlich. Sie hätten Kenntnis von den Mängeln gehabt, aber nichts unternommen.

Opposition schiesst scharf

Für die Kritiker der linken Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven (63) ist dieser Bericht ein gefundenes Fressen. Nebst den Christdemokraten gehen auch die rechten Schwedendemokraten, inzwischen die drittstärkste Partei im Land, mit Löfven hart ins Gericht. Parteichef Jimmie Åkesson (41) sagt: «Der Bericht ist die Quittung dafür, wie schlecht Ministerpräsident Stefan Löfven und seine Regierung in einer Krise reagieren.»

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