«Die Schweden gehen mir aus dem Weg»
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Höhere Fallzahlen:Schweizer Corona-Strategie verglichen zum Ausland

Schweizer will wegen Corona Maske tragen
«Die Schweden gehen mir aus dem Weg»

Wegen der steigenden Corona-Zahlen haben nun auch die Schweden die Schraube angezogen. Dennoch: Eine Maskenpflicht gibt es nicht. Wer dennoch eine trägt, wird zum Teil wie ein Aussätziger behandelt.
Publiziert: 01.12.2020 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2020 um 12:03 Uhr
Guido Felder

Der schwedische Sonderweg hat eben eine unerwartete Wende genommen: Der relativ lockere Umgang mit der Corona-Pandemie wurde durch eine Strategie mit klaren Massnahmen ersetzt. Seit einer Woche dürfen sich in der Öffentlichkeit nur noch maximal acht Personen treffen, die Restaurants schliessen um 22.30 Uhr und Museen sind geschlossen.

Schweden verlässt heute offiziell den Corona-Sonderweg
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Ende der laschen Massnahmen:Schweden verlässt heute offiziell den Corona-Sonderweg

Grund für die Wende: Die Neuinfektionen sind nach einem ruhigen Sommer Ende November auf täglich rund 5000 angestiegen, insgesamt sind rund 6700 Menschen an Corona gestorben.

«Falsche Sicherheit»

Zwar hat die schwedische Regierung massiv die Schraube angezogen. Doch eine Schutzmassnahme wurde nach wie vor nicht eingeführt: die Maskenpflicht. Auf der Homepage der Gesundheitsbehörden wird sogar explizit festgehalten, dass man keine «breite Anwendung von Mundschutz» empfehle.

Tobias Keller geht nie ohne Maske einkaufen.
Foto: Zvg
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Staatsepidemiologe Anders Tegnell (64), der bisher Schwedens Sonderweg vorgab, ist der Meinung, dass Masken Ansteckungen nicht bremsen und den Trägern eine falsche Sicherheit versprechen würden. So tragen in den dichten Pendlerströmen lediglich etwa drei von hundert Personen eine Maske.

Diese Entwicklung beobachtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sorge. Sie hat daher Schweden aufgefordert, nebst dem Social Distancing auch das Tragen von Masken zu empfehlen.

Maskenverkauf steigt an

Einer, der in Schweden eine Maske trägt, ist der ausgewanderte Schweizer Tobias Keller (48), der mit seiner Familie in der kleinen Touristenstadt Västervik lebt – rund 200 Kilometer südlich von Stockholm. «Da ich von der Schutzwirkung überzeugt bin, trage ich beim Einkaufen im Laden immer eine Maske», sagt er gegenüber BLICK. Doch der Preis ist hoch: «Die Schweden gehen mir aus dem Weg, wie einem Aussätzigen.»

Er beobachtet, dass im Supermarkt etwa zwei von hundert Personen eine Maske tragen, im Bus seien es vereinzelte. Die Tendenz allerdings sei leicht steigend. «Vor allem ältere Personen schützen sich inzwischen vermehrt mit einer Maske», sagt Keller. Tatsächlich ist der Verkauf von Masken innert weniger Wochen von wöchentlich 80'000 auf 700'000 angestiegen.

Rufe nach Maskenpflicht

Was müsste passieren, damit auch die Schweden eine Maske tragen würden? Tobias Keller: «Es müsste eine klare Empfehlung von Anders Tegnell kommen. Die Schweden sind sehr autoritätsgläubig.»

Immerhin mehren sich die Rufe nach einer Maskenpflicht. Von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften etwa ist zu vernehmen, dass es inzwischen genügend Beweise gebe, dass «ein Mundschutz die luftgebundene Übertragung des Virus minimiert».

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