«Am Ende werden Sie mich verarschen»
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Enthüllungsbuch von Woodward:So schlimm steht es um Donald Trump

BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Enthüllungsbuch von Watergate-Journalist Bob Woodward
So schlimm steht es um Donald Trump

Watergate-Journalist Bob Woodward hat ein Enthüllungsbuch geschrieben. Erste Auszüge daraus und aufgetauchte Tonaufnahmen sorgen nun für riesigen Wirbel.
Publiziert: 10.09.2020 um 04:15 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2020 um 16:08 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Rund zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen sorgt ein Enthüllungsbuch von Bob Woodward (77) über Donald Trump (74) für grosse Aufregung. Der berühmte Journalist, der die Watergate-Affäre ins Rollen gebracht hat, bringt sein neues Buch «Rage» über den amtierenden US-Präsidenten kommende Woche in den Handel. Bereits am Mittwoch wurden erste Auszüge und Tonaufnahmen durch den Sender «CNN» und die Zeitung «Washington Post» veröffentlicht. Und die haben es in sich!

BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Enthüllungen von Bob Woodward – jenem Journalisten, der mit seinen Recherchen bereits Präsident Richard Nixon (1969–1974) zu Fall gebracht hatte.

Wie ist Woodward vorgegangen?

Die 77-jährige Journalistenlegende hat für sein Buch zwischen Dezember und Juli insgesamt 18 Interviews mit dem US-Präsidenten geführt – und diese auf Erlaubnis von Donald Trump hin auch aufgezeichnet. Es bestehen also keine Zweifel über die Richtigkeit der Angaben.

Diese Enthüllungen dürften US-Präsident Donald Trump überhaupt nicht gefallen.
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Was kam genau raus?

Jede Menge! Vorwiegend geht es um die Corona-Politik des US-Präsidenten. Hintergrund: Trump hat die Pandemie im Frühjahr stets heruntergespielt. Ende Februar bezeichnete er das Ganze als «Schwindel der Demokraten». Er prophezeite etwas später, dass das Problem bis im April «wie durch ein Wunder» verschwinden werde und verglich das Coronavirus mit einer saisonalen Grippe.

Jetzt zeigen die veröffentlichten Tonaufnahmen klipp und klar: Donald Trump war sich den Gefahren sehr wohl bewusst, hat sie aber absichtlich kleingeredet. «Ich wollte es immer herunterspielen. Ich spiele es auch immer noch gern herunter, weil ich keine Panik erzeugen will», offenbarte der Präsident in einem Gespräch am 19. März.

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Woodward enthüllt weiter ein Geheimdienstbriefing, das am 28. Januar im Weissen Haus stattgefunden hatte. Robert O'Brien (54), Trumps Nationaler Sicherheitsberater, teilte dem US-Präsidenten damals mit, dass das Virus die «grösste nationale Sicherheitsbedrohung» seiner Präsidentschaft sein werde. Trump sei erschrocken gewesen.

Die dritte Enthüllung stammt aus einem Interview, das Woodward am 7. Februar mit dem Präsidenten führte. Zwei Tage zuvor war Trump vom Senat im Impeachment-Verfahren freigesprochen worden. Journalist Woodward erwartete, dass der Präsident über diesen Erfolg sprechen möchte. Doch weit gefehlt! Trump sagte ganz zu Beginn des Gesprächs: «Wir haben mit dem Virus, der in China grassiert, einen kleinen, interessanten Rückschlag erlitten.»

Der US-Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt gerade eben erfahren, dass sich das Coronavirus über die Luft überträgt. «Das ist sehr heikel. Das Virus ist auch tödlicher als die normale Grippe», sagte Trump. Pikant: Öffentlich schlug der US-Präsident im Februar einen ganz anderen Ton an und verglich das Virus mit der Grippe. Und: Obwohl Trump von den Gefahren gewusst hatte, hielt er weiterhin seine Wahlkampfveranstaltungen mit Tausenden von Menschen ab.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Trump wird harsch kritisiert. Journalist Carl Bernstein (76), der zusammen mit Bob Woodward die Watergate-Affäre aufgedeckt hatte, glaubt, dass die Enthüllungen seines Kollegen «gravierender» sind als damals bei Watergate. «Das ist das schlimmste Verbrechen eines US-Präsidenten. Und wir haben den Beweis dazu auf Tonaufnahmen», sagte er in einem Interview auf CNN. Tausende und Abertausende von Menschen seien gestorben, weil Trump seine eigene Wiederwahl über die Sicherheit, Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen in den Vereinigten Staaten gestellt habe, so Bernstein weiter. «Wir hatten noch nie einen Präsidenten, der so etwas getan hat.»

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Auch Joe Biden (77), demokratischer Präsidentschaftskandidat und somit Trump-Herausforderer bei den Wahlen im November, äusserte sich am Mittwoch zu den Tonaufnahmen: «Er wusste, wie tödlich es ist und hat es gezielt heruntergespielt. Schlimmer noch, er hat das amerikanische Volk angelogen», sagte er. Zehntausende Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn Trump schneller gehandelt hätte, so Biden weiter.

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Top-Virologe und Trumps Corona-Experte Anthony Fauci (79) gab sich am Mittwoch diplomatischer und verteidigte seinen Chef zuweilen gar. «Ich hatte nicht den Eindruck, dass er irgendetwas verzerrt hat», sagte Fauci am Mittwoch gegenüber dem Sender Fox News.

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Wie haben Trump und das Weisse Haus reagiert?

Der US-Präsident muss sich der misslichen Lage aufgrund der Tonaufnahmen bewusst gewesen sein, denn für einmal kritisierte er am Mittwoch nicht die Medien. Trump verteidigte aber seine Vorgehensweise. «Das Letzte, was man will, ist Panik im Land auszulösen», sagte er. Man habe «Zuversicht» und «Stärke» zeigen wollen. Gleichzeitig verteidigte Trump seine Corona-Politik und verwies auf Massnahmen wie Einschränkungen des Reiseverkehrs mit China und Europa.

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Schon vor Trumps Äusserungen sagte seine Sprecherin Kayleigh McEnany beim täglichen Briefing im Weissen Haus: «Der Präsident hat die amerikanische Öffentlichkeit nie über Covid belogen.» Es gehöre aber zu seinen Aufgaben, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung die Ruhe behalte. «Der Präsident hat das Virus nie heruntergespielt. Der Präsident hat Ruhe ausgestrahlt. Er war hoffnungsvoll», sagte McEnany (32).

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Was ist sonst noch enthüllt worden?

Während ihrer Gespräche hat Trump Woodward von einem neuen Nuklearprogramm berichtet. «Ich habe ein Atomwaffensystem gebaut – ein Waffensystem, das noch nie jemand in diesem Land gehabt hat», sagte der US-Präsident. Woodward hat dazu mehrere hochrangige Beamte befragt. Alle seien überrascht gewesen, dass Trump das Programm einem Journalisten offenbart hatte.

Weiter ging es auch immer wieder um Trumps Beziehungen zu Kim Jong Un. Der US-Präsident hat den nordkoreanischen Machthaber insgesamt dreimal getroffen. Bekannt war auch schon, dass sich die beiden Staatschefs Briefe geschrieben haben. Trump nannte Kim Jong Un in der Öffentlichkeit einen «guten Freund» der ihm «wundervolle Briefe» schicke. Woodward war nun der erste Journalist, der einige Briefe von Kim Jong Un zu Gesicht bekommen hatte.

Was steht in Kims Briefen an Trump?

Der Ton ist speziell. Kim nennt Trump wiederholt «Eure Exzellenz», was den US-Präsidenten laut Woodward besonders gefallen würde. «Er ist mehr als nur klug», sagte Trump über Nordkoreas Machthaber.

In einem Brief schreibt Diktator Kim, er befürworte ein weiteres historisches Treffen mit «Eurer Exzellenz». Der erste Gipfel in Singapur hat Kim an «Szenen aus einem Fantasyfilm erinnert». Die Treffen mit Trump bezeichnet er als «wertvolle Erinnerung». Sie würden unterstreichen, wie die «tiefe und besondere Freundschaft zwischen uns als magische Kraft wirken wird».

In einem zweiten Brief, den Trump Woodward gezeigt hatte, schmiert Kim Trump erneut Honig ums Maul: «Ich freue mich, gute Beziehungen zu einem so mächtigen und herausragenden Staatsmann wie Eurer Exzellenz aufgebaut zu haben.» Und zu anderer Gelegenheit denkt Kim über «diesen Moment der Geschichte nach, als ich die Hand Eurer Exzellenz fest an dem schönen und heiligen Ort hielt, während die ganze Welt mit grossem Interesse zugeschaut hat».

Werden die Enthüllungen Trumps Wahlchancen minimieren?

Vorweg muss man festhalten, dass die Öffentlichkeit erst einige Auszüge aus dem Buch «Rage», das kommende Woche erscheinen wird, gesehen hat. Die grösste Enthüllung bislang ist Trumps Geständnis, dass er die Coronavirus-Pandemie – die 190'000 Amerikanern das Leben gekostet hat – bewusst kleingeredet hat.

Einige Medien behaupten, dass diese Affäre Trump politisch sehr zusetzen könnte. «The Independent» schreibt sogar, dass Bob Woodward mit seinem Buch Trumps Gegner, Joe Biden, zum Präsidenten gemacht hat. Politologen äusserten sich in ersten Reaktionen allerdings zurückhaltend. Erste Auswirkungen könnte man bei Umfragen in der kommenden Woche erkennen.

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US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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