Alte Waffen aus Sowjet-Ära der neuen westlichen Artillerie nicht gewachsen
«Den Russen geht die Puste aus»

Den Russen gehe im Krieg gegen die Ukraine die Luft aus, spottet der britische Geheimdienstchef. Moskaus alte Waffen aus der Sowjet-Ära setzen offenbar auch den eigenen Reihen zu. «Arme Kinder» dienen als Kanonenfutter, die Notversorgung von Verwundeten ist rudimentär.
Publiziert: 31.07.2022 um 03:50 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2022 um 18:51 Uhr

Nach dem britischen Verteidigungsminister Ben Wallace (52) spottet auch Chef des britischen Auslandsgeheimdiensts MI6 über Putins Armee. Moskaus Truppen «geht die Puste aus», schrieb MI6-Boss Richard Moore (59) am Samstag auf Twitter.

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Dabei zitiert Moore einen Tweet des britischen Verteidigungsministeriums vom Vortag. «Der Kreml ist zunehmend verzweifelt. Russland hat Zehntausende von Soldaten verloren und setzt Waffen aus der Sowjet-Ära ein. Ihre veralteten Raketen töten und verletzen unschuldige Ukrainer», schrieb das Ministerium. «Russland wird diesen ungerechten Krieg nicht gewinnen.»

Russische Truppen Ende Juli bei einem Einsatz in Luhansk
Foto: Keystone
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Putin schickt veraltete Sowjet-Panzer an die Front
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Hohe materielle Verluste:Putin schickt veraltete Sowjet-Panzer an die Front

Russische Verluste höher als angenommen?

Das britische Politmagazin «Economist», das keinesfalls für Sensationslust bekannt ist, rechnet derweil vor, dass Russland womöglich mit weit höheren Verlusten zu kämpfen hat als bislang angenommen.

Bei der Erhebung dieser Zahlen handelt es sich keinesfalls um eine präzise Wissenschaft. Dokumente werden abgefangen, Funksprüche abgehört und sogenannte «Kontaktberichte» von der Front ausgewertet. Daraus ergeben sich Annäherungen an die tatsächlichen Zahlen.

Laut Pentagon-Angaben sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar zwischen 15'000 und 20'000 Russen bei Kampfgeschehen gefallen. Der britische Verteidigungsminister Wallace sprach Ende Juni von rund 25'000 getöteten Russen. Die Ukraine gab am 30. Juli eine Zahl von 40'670 getöteten Gegnern auf dem Schlachtfeld an.

Wenig entwickelte Militärmedizin

Zur Errechnung aller Opfer dienen als Vergleich auch vergangene Kriege, eingesetzte Waffen sowie die Notversorgung von Verwundeten. Gerade Russlands Militärmedizin sei veralteter als die des Westens, sagt Ronald Ti, Experte für militärische medizinische Logistik am Londoner King's College. 60 Minuten gelten als die sogenannte «goldene Stunde», um Kriegsverletzte zu retten. Russlands Evakuierungslinien seien länger, um Verwundete zu bergen und zu versorgen. Das führt zu mehr Kampftoten.

Russlands Militärmedizin sei «weniger entwickelt» als die westliche, sagt Ti. Wohl ein Mitgrund, weshalb bereits Tausende von Offizieren sowie Hunderte von Kommandanten der Russen getötet worden seien, wie ein US-Beamter zitiert wird. Dies, während sich nach Berichten viele Tausende weigern, zu kämpfen.

Kanonenfutter für Putin

Damit haben die russischen Befehlshaber brisante Ausfälle in den eigenen Reihen wettzumachen. Laut der errechneten Zahlen hat Russland rund dreimal so viele Verwundete wie Tote zu beklagen. Demnach dürften zeitweise 100'000 russische Soldaten ausgefallen sein. Die neu eintreffende Artillerie aus dem Westen könne das Verhältnis sogar auf 4:1 erhöhen, wird vorgerechnet. Insgesamt dürften damit bis zu 125'000 russische Soldaten getötet oder verwundet worden sein.

Dabei würden «keine Mittelschichtskinder aus St. Petersburg oder Moskau» für Kriegspräsident Wladimir Putin (69) kämpfen, so MI6-Chef Moore. «Das sind arme Leuten aus ländlichen Gegenden Russlands. Sie kommen aus Arbeiterstädten in Sibirien.» Die meisten gehören ethnischen Minderheiten an, so Moore. «Sie sind Putins Kanonenfutter.» (kes)

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