Aktivist Keith Begg (46) wagte es, die schwedische Corona-Politik zu kritisieren. Dafür erntete er Hass und Häme
«Sie nannten mich einen Terroristen»

Wer in Schweden die Corona-Politik kritisiert, dem droht kalter Gegenwind. Das musste auch der Ire Keith Begg erfahren. Um sich zu schützen, hat er das Land verlassen. Gegenüber BLICK spricht er von seiner grossen Enttäuschung über seine Wahlheimat.
Publiziert: 26.02.2021 um 10:22 Uhr
|
Aktualisiert: 26.02.2021 um 10:30 Uhr
Interview: Guido Felder

Der schwedisch-irische Doppelbürger Keith Begg (46) hat Schweden nach acht Jahren verlassen und ist nach Irland zurückgekehrt. Der Hass gegen ihn war zu gross geworden. Er hatte es gewagt, in der privaten Facebook-Gruppe namens Media Watchdogs of Sweden mit rund 200 Mitgliedern die offene Corona-Politik von Staatsepidemiologe Anders Tegnell (64) zu kritisieren. Der «schwedische Weg» hat bisher über 12'750 Tote (Schweiz: 9940) gefordert.

Das Staatsradio und den Gesundheitsbehörden nahestehende Wissenschaftler schlugen zurück und warfen Begg vor, eine «Bedrohung für die Demokratie» zu sein. Im BLICK-Interview (via Videocall) erzählt er, warum die Schweden so schlecht mit Kritik umgehen können.

BLICK: Keith Begg, warum genau haben Sie Ihre Wahlheimat verlassen?
Keith Begg: Aus Sicherheitsgründen. Wegen meiner Kritik an der Corona-Politik wurde ich anfänglich noch als Nazi, als schmutziger Ausländer und Verräter beschimpft, woran ich mich gewöhnt hatte. Inzwischen aber werde ich des Terrorismus, der Anstiftung zum Verbrechen und der Bedrohung der Demokratie bezichtigt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich selbst, meinen Ehemann und meine beiden Katzen zu schützen.

Hat seine Wahlheimat verlassen: Keith Begg zog den Hass der Schweden auf sich.
Foto: zVg
1/14

Wie werden und wurden Sie bedroht?
In den sozialen Medien gibt es viele und heftige Hasskommentare. Auch ein Drohbrief landete in meinem Briefkasten. Ich musste jeden Moment damit rechnen, dass mir Steine durch die Scheibe geworfen werden. Das Bedrohlichste aber ist die Rhetorik der Behörden und der Medien, die mich an ein totalitäres Regime erinnern.

Was stört Sie an der schwedischen Corona-Politik?
Die nationale Gesundheitsbehörde hält zum Beispiel immer noch daran fest, dass das Virus nicht über die Luft übertragen wird. Auch verneint sie eine präsymptomatische Verbreitung und dass Kinder das Virus übertragen können. Der schwedische Weg ist aus wissenschaftlicher, ethischer und moralischer Sicht eine Bankrotterklärung. Die Schweden schlagen die Vorgaben der WHO in den Wind. Die Strategie ist ein Desaster.

Schwedische Medien und Behörden bezeichnen Ihre Facebook-Gruppe als gefährlich.
Wegen meiner Kritik wurde ich schon bald an den Pranger gestellt. In einem Facebook-Forum wurden alle Details wie Adresse und Telefonnummer preisgegeben. Dazu hiess es: «Hier ist er!» Mit meiner eigenen geschlossenen Gruppe wollte ich einen sicheren Ort für Gleichgesinnte schaffen, damit wir uns in geschütztem Rahmen austauschen können. Wir sind kritisch, aber nicht gefährlich.

Wer ist dabei?
Wir sind eine Gruppe mit rund 200 Mitgliedern. Weil wir uns international zusammensetzen, vergleichen wir, wie in unseren Herkunftsländern mit Covid umgegangen wird. Es gibt ja auch eine Anders-Tegnell-Gruppe mit mehreren Zehntausend Mitgliedern, die giftig und nationalistisch reagiert und Tegnell-Gegner attackiert. Mir scheint diese Gruppe die grössere Bedrohung für die Demokratie zu sein als wir 200 Nasen.

Was planen Sie als Nächstes?
Ich finde, dass die verantwortlichen Architekten dieses Desasters wegen Verletzung der Menschenrechte vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Von der EU erwarte ich die Einleitung einer Untersuchung über den schwedischen Weg. Inwieweit ich selber dafür kämpfen werde, weiss ich noch nicht.

Was raten Sie der schwedischen Regierung?
Der erste Schritt: ehrlich sein und die Fehler zugeben. Und dann müssen Köpfe rollen. Anders Tegnell und Johan Carlson, der Chef der Gesundheitsbehörde, müssen zurücktreten oder zum Rücktritt gezwungen werden. An diesen Schlüsselpositionen braucht es endlich kompetente Leute. In Schweden gibt es viele.

Wann werden Sie wieder nach Schweden zurückkehren?
Zurückkehren werde ich erst wieder, wenn das Land zur Demokratie zurückgefunden hat und die freie Meinungsäusserung akzeptiert wird. Ich hoffe, dass das bald sein wird, da Schweden meine Heimat geworden ist.

Auch die Wissenschaft hadert mit Tegnell

Ein bekannter Kritiker von Schwedens Corona-Weg ist auch der emeritierte Professor Anders Vahlne (74). Der Virologe führt die Gruppe Vetenskapsforum covid-19 an, der inzwischen rund 40 bekannte Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen angehören und die schon im April 2020 warnte, dass sich Schweden auf dem falschen Weg befinde.

Die Gruppe fordert Maskenpflicht, Quarantäne für alle Verdachtspersonen und deren Haushaltskontakte sowie umfassende Tests und konsequentes Contact Tracing. Vahlne sagt zu BLICK: «Unser Staatsepidemiologe Anders Tegnell zweifelt auch heute noch am Nutzen der Masken. Das ist schon fast kriminell.»

Auch Vahlne ärgert sich über die Kritikresistenz der zuständigen Behörden. «Wie sie mit Kritik umgehen und einen angreifen, erinnert mich geradezu an die Stasi in der ehemaligen DDR.» Selbst das staatliche Radio berichte einseitig. So sei dessen Berichterstattung über die Facebook-Gruppe von Keith Begg tendenziös ausgefallen. «Solche Gruppen sind überhaupt nicht geheim, wie behauptet wurde, es gibt doch so viele davon.»

Inzwischen sei Schweden aber am Erwachen. Vahlne: «Immer mehr Medien getrauen sich, die Regierung zu kritisieren, weil sie sehen, dass sie den falschen Weg eingeschlagen hat.» Selbst König Carl XVI. Gustaf (74) kritisierte die Strategie der Regierung öffentlich und bezeichnet sie als «gescheitert».

Guido Felder

Der schwedische Virologe Anders Vahlne (74) kritisiert die Corona-Politik seines Landes.
ZVG

Ein bekannter Kritiker von Schwedens Corona-Weg ist auch der emeritierte Professor Anders Vahlne (74). Der Virologe führt die Gruppe Vetenskapsforum covid-19 an, der inzwischen rund 40 bekannte Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen angehören und die schon im April 2020 warnte, dass sich Schweden auf dem falschen Weg befinde.

Die Gruppe fordert Maskenpflicht, Quarantäne für alle Verdachtspersonen und deren Haushaltskontakte sowie umfassende Tests und konsequentes Contact Tracing. Vahlne sagt zu BLICK: «Unser Staatsepidemiologe Anders Tegnell zweifelt auch heute noch am Nutzen der Masken. Das ist schon fast kriminell.»

Auch Vahlne ärgert sich über die Kritikresistenz der zuständigen Behörden. «Wie sie mit Kritik umgehen und einen angreifen, erinnert mich geradezu an die Stasi in der ehemaligen DDR.» Selbst das staatliche Radio berichte einseitig. So sei dessen Berichterstattung über die Facebook-Gruppe von Keith Begg tendenziös ausgefallen. «Solche Gruppen sind überhaupt nicht geheim, wie behauptet wurde, es gibt doch so viele davon.»

Inzwischen sei Schweden aber am Erwachen. Vahlne: «Immer mehr Medien getrauen sich, die Regierung zu kritisieren, weil sie sehen, dass sie den falschen Weg eingeschlagen hat.» Selbst König Carl XVI. Gustaf (74) kritisierte die Strategie der Regierung öffentlich und bezeichnet sie als «gescheitert».

Guido Felder

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?