100 Tage bis Brexit
Britische Regierung beschleunigt Brexit-Vorbereitung für «No Deal»

Gut hundert Tage vor dem Austritt Grossbritanniens aus der EU treiben London und Brüssel ihre Notfallplanungen voran.
Publiziert: 19.12.2018 um 11:15 Uhr
|
Aktualisiert: 29.08.2019 um 15:26 Uhr

Das britische Kabinett hat am Dienstag in London in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr beschlossen, die Planung für einen ungeregelten Brexit zur «Priorität» zu machen.

Die Ministerrunde habe beschlossen, «dass die Vorbereitung für ein No-Deal-Szenario operative Priorität in der Regierung haben wird», sagte Brexit-Minister Steve Barclay.

So wollen die Ministerien die Ausarbeitung von Leitlinien nun beschleunigen, mit denen sich britische Unternehmen für den Fall eines ungeregelten Brexit vorbereiten können. Unternehmen sollten bald online ein mehr als hundert Seiten starkes Info-Paket konsultieren können, sagte Barcley. Die rund 80'000 am meisten betroffenen Unternehmen sollten in den kommenden Tagen direkt per E-Mail kontaktiert werden.

Der Countdown für den Brexit läuft, und noch immer gibts keinen Austrittsvertrag zwischen der EU und Grossbritannien. Noch 100 Tage bleiben bis zum EU-Austritt von Grossbritannien am 29. März 2019.
Foto: Keystone
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Laut Barclay strebt die britische Regierung als oberstes Ziel aber nach wie vor einen geregelten Austritt auf Grundlage eines Abkommens mit der EU an.

Soldaten für den Notfall

Ausserdem kündigte der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson im Unterhaus die Mobilisierung von 3500 Soldaten an, um für den Fall eines Chaos-Brexit im März 2019 auf «alle Eventualitäten» vorbereitet zu sein. Die Soldaten würden bereitgehalten, um «im Notfall die Regierungsinstitutionen zu unterstützen», sagte er.

Die «Sunday Times» hatte kürzlich aus einem internen Behördenpapier zitiert, wonach sich die britische Polizei für den Fall eines harten Brexit auf «Unruhen bis hin zu weitreichendem Aufruhr» vorbereite.

Denn bei einem ungeregelten Brexit könnten Grossbritanniens Exporte einbrechen, Supermärkte und Apotheken müssten Lieferengpässe befürchten, Flugverbindungen in die EU müssten gestrichen werden, grenzüberschreitende Lieferketten etwa in der Autoindustrie würden blockiert und Waren sowie Menschen müssten beim Überschreiten der Grenze zur EU wieder kontrolliert werden.

Foto: Blick Grafik

«No Deal»-Brexit vermeiden

Einen ungeregelten Brexit wollen sowohl London als auch Brüssel zwar vermeiden, doch dem fertig ausgehandelten Austrittsabkommen will das britische Parlament bisher nicht zustimmen.

Beim EU-Gipfel vergangene Woche versuchte die britische Premierministerin Theresa May ihre Kollegen in Brüssel zu Zugeständnissen am Brexit-Abkommen zu bewegen, was ihr aber nicht gelang. Damit ist völlig unklar, unter welchen Bedingungen der Austritt am 29. März 2019 vollzogen wird.

Als neuen Zeitrahmen für das Votum im britischen Parlament nannte May nun die dritte Januarwoche. «Wir müssen unserer Verpflichtung nachkommen und diesen Auftrag zu Ende bringen», sagte die Premierministerin am Montag.

Auch die EU-Seite beschleunigte ihre Vorbereitungen für den Notfall. Nach den ergebnislosen Gipfelberatungen vergangene Woche in Brüssel hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für Mittwoch die Vorlage von Leitlinien für den Fall eines harten Brexit angekündigt. «Es geht darum, vorbereitet zu sein», sagte er am Freitag. (SDA)

Staats- und Regierungschefs greifen Theresa May unter die Arme
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EU will Backstop verhindern:Staats- und Regierungschefs greifen Theresa May unter die Arme
Die Schritte ins Brexit-Chaos
  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

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    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

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  • 26. Februar 2019
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Mehr
Der Brexit-Fahrplan - so geht es weiter
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
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  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
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