Wer günstig bucht, muss für Lieblingsplatz extra zahlen
Swiss schafft Sitzplatz-Präferenzen ab

Swiss-Passagiere müssen zahlen, wenn sie einen ganz bestimmten Sitz wollen. Dass die Airline aber Sitzplatzpräferenzen absichtlich falsch ausspielt, um Geld für Sitzplatzänderungen zu generieren, dementiert sie vehement. Die Swiss änderte inzwischen ihre Regelung.
Publiziert: 27.02.2023 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2023 um 08:48 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Dieser Verdacht gegenüber der Schweizer Lufthansa-Tochter hat es in sich. Die Swiss soll mit hinterlegten Kundenprofilen tricksen, um bei Sitzplatzreservationen im Flugzeug zusätzlich Geld zu scheffeln. So lauten Meldungen, die auf der Blick-Redaktion eingehen. Leser Damian R.* (58) wettert stellvertretend: «Die Fluggesellschaft Swiss missbraucht meine Daten, um ihre Einnahmen zu optimieren.»

R. möchte anonym bleiben, weil er im Umfeld des Flughafens arbeite und dort bekannt sei. Da der Zürcher regelmässig fliegt, verfügt er sowohl bei der Swiss als auch beim Vielfliegerprogramm «Miles & More» der Lufthansa-Gruppe über ein Kundenprofil. Darin sind nebst den üblichen Angaben zur Person und Zahlungsmodalitäten auch Sitzplatzpräferenzen hinterlegt. In seinem Profil gibt R. beispielsweise an, dass er auf Flügen mit der Swiss jeweils einen Gangplatz bevorzugt.

«Früher wurden meine Präferenzen tadellos berücksichtigt», sagt R. Das habe sich ab Ende Juni 2022 mit der Einführung der kostenpflichtigen Sitzplatzumbuchung bei Swiss geändert. «Seitdem bekomme ich immer einen Fensterplatz und muss dann 30 Franken in die Hand nehmen, um auf den Gangplatz zu wechseln», hält R. fest. Er geht davon aus, dass die automatische Sitzplatzzuteilung so programmiert ist, dass sie das Gegenteil des hinterlegten Wunsches tut, damit der Passagier dann kostenpflichtig auf den Wunsch umbucht.

Hat man beim Check-in keinen genehmen Sitz, fällt eine Sitzplatz-Änderungsgebühr an – sofern im Tarif Light gebucht wurde.
Foto: Nabilah Saleh / Unsplash
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Beweisen kann er dies nicht. Er habe aber beim letzten Swiss-Flug als Test seinen Wunsch auf «Fensterplatz» festgelegt und prompt einen Gangplatz erhalten. Beim Rückflug lief das Ganze wieder umgekehrt ab. Deshalb sieht R. hier System dahinter.

Keine Präferenzangabe mehr

Ist das tatsächlich so, wäre es ungeheuerlich. «Diesen Vorwurf weisen wir vehement zurück», sagt Swiss-Sprecherin Karin Montani, von Blick auf die angeblichen Tricksereien angesprochen. Das im Profil hinterlegte Feld mit den Präferenzen werde für die Sitzplatzzuteilung nicht mehr genutzt – und zwar schon vor der Einführung der kostenpflichtigen Sitzplatzänderung. Dies habe damit zu tun, dass die Buchungsprozeduren bei allen Fluggesellschaften der Lufthansa Group harmonisiert wurden.

Damit ist seit 23. Februar 2023 Schluss. «Im Rahmen der Einführung der Travel ID werden gar keine Sitzplatzpräferenzen mehr erhoben», kündigt Montani die Neuerung an. Die Travel ID ermöglicht den einheitlichen Zugang zu den digitalen Kanälen aller Fluggesellschaften der Lufthansa-Gruppe sowie zu «Miles & More».

Kosten entstehen nur beim Light-Tarif

Die kostenpflichtige Sitzplatzänderung gelte zudem lediglich für Passagiere, die mit der kostengünstigsten Ticketkategorie Light innerhalb Europas unterwegs sind. In dieser sind keine kostenfreie Sitzreservation und auch kein kostenloser Sitzplatzwechsel beim Check-in inkludiert. In den anderen Tarifkategorien Classic und Flex ist die kostenlose Sitzplatzänderung beim Check-in inbegriffen.

«Zum vorliegenden Fall kann ich nichts sagen, da wir keinerlei Details kennen und demzufolge auch keine Überprüfung machen konnten», sagt Montani.

Das Geschäftsmodell mit den Sitzplatzwünschen

Datentricksereien zur Einnahme-Optimierung kann sich eine Gesellschaft wie Swiss nicht erlauben. Dennoch bleibt bei den Sitzplatz-Zuweisungsgebühren ein fader Beigeschmack. Diese richten sich an Personen, die klare Vorstellungen hinsichtlich ihrer Sitze haben, oder an nervöse Eltern, die hohe Zusatzkosten auf sich nehmen, um auf einem Flug nicht von ihren Kindern getrennt zu sein. Mit solchen und weiteren Zusatzgebühren und Einkünften, «Ancillary Fees» genannt, nahmen Fluggesellschaften laut einer Schätzung von Ideaworks im letzten Jahr 103 Milliarden Dollar ein.

Die automatische Sitzplatzzuteilung basiert laut Montani primär darauf, ob jemand alleine, zu zweit, in einer Gruppe, als Familie oder auch mit einem Tier reist. Theoretisch ist auch in solchen Fällen möglich, dass man nicht beieinander sitzt: etwa wenn fast alle Sitze im Flugzeug von Passagieren belegt sind, welche eine kostenpflichtige Sitzplatzreservation vorgenommen haben. Dies sei aber «ein sehr unrealistisches Szenario», sagt Sprecherin Montani.

Wer sichergehen will, die gewünschte Sitzplatzkonstellation zu erhalten, muss eine kostenpflichtige Sitzplatzreservation eigentlich bereits zum Zeitpunkt der Buchung vornehmen. Damit gibt es beim Check-in garantiert keine böse Überraschung. Oder aber man bucht eine höhere Tarifklasse, die kostenlose Sitzplatzänderungen zulässt.

In beiden Fällen verdient die Fluggesellschaft an den Wünschen oder Ängsten mit.

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