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Umfrage am Skiort Chäserrugg:«Es ist so teuer hier, dass es fast keine Leute hat»

Weil Piste nach Piste wegschmilzt
Erstes Skigebiet reduziert Preise, andere reden sich raus

Wenn die Sonne scheint und die Wintersportler massenhaft die Berge stürmen, schrauben Skigebiete die Preise nach oben. Dynamische Preise heisst das Zauberwort. Doch jetzt, wo die Schneeverhältnisse vielerorts prekär sind, wird kaum nach unten korrigiert.
Publiziert: 21.02.2023 um 19:37 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2023 um 10:18 Uhr

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, das lernt schon jede Oberstufen-Klasse im Wirtschaftsunterricht. Das Angebot in den Schweizer Skigebieten lässt derzeit zu wünschen übrig: Die Pisten schmelzen den Wintersportlern unter den Füssen weg. Schon letzte Woche forderten erste Blick-Leserinnen und -Leser Preisnachlässe.

Ein erstes Skigebiet schraubt daher nun am Preis: In Braunwald GL kostet die Tageskarte für einen Erwachsenen 43 Franken. Es ist der Preis der Nebensaison. Und das mitten in den Sportferien, während der Hochsaison! Normalerweise würde das Ticket zu dieser Jahreszeit 54 Franken kosten. Der Rabatt beträgt satte 20 Prozent.

Frühbucher nicht verärgern

«Wenn viele Pisten geschlossen sind, macht eine Preisreduktion aus kommerzieller Sicht und auch der Fairness halber Sinn», lobt Roland Schegg (60), Professor für Tourismus an der Hochschule HES-SO Valais-Wallis.

Augenschein am Dienstag, 21. Februar: In Braunwald sind die Pisten mehr braun denn weiss – und es gibt einen Preisnachlass.
Foto: Webcam
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Mit seiner Preisreduktion steht Braunwald aber allein da. Das Problem: Immer mehr Skigebiete setzen auf dynamische Preise. Je besser das Wetter und je höher die Nachfrage, desto teurer das Skibillett. Beides ist momentan gegeben, auch wenn wenig Schnee liegt.

So argumentieren etwa das Ostschweizer Skigebiet Pizol oder Laax im Bündnerland mit ihrem Preismodell gegen Nachlässe. «Mit dynamischen Preisen wollen Skigebiete vor allem ihre Umsätze optimieren, vor allem an schwachen Tagen», kritisiert Experte Schegg.

Allerdings: Wer auf dynamische Preise setzt, verärgert mit einer Preisreduktion die Frühbucher. Wer bereits im Voraus gebucht hat, hat zu viel bezahlt. Sogar in Skigebieten ohne dynamische Preise spielt das eine Rolle, so etwa in Amden SG. «Durch kurzfristige Aktionen für Tagesgäste sollen Gäste, die ihre Wochenkarte bereits im Voraus gekauft haben, nicht benachteiligt werden», sagt Geschäftsführer Thomas Exposito.

Braunwald hat den Online-Ticketverkauf aufgrund der aktuellen Lage kurzerhand gestoppt. Die Tageskarten sind nur vor Ort und für den jeweiligen Tag verfügbar.

Ticketversicherung greift nicht

Neben dem Preismodell ist entscheidend, dass die Skigebiete in der aktuellen Lage mehr Aufwand für weniger Pistenkilometer betreiben müssen. «In diesem Winter ist die Präparation aufgrund der Schneesituation auch aufwendiger für das Pistenbully-Team», schreibt dazu etwa die Weisse Arena Gruppe, Betreiberin des Wintersportgebiets Laax.

In Disentis GR dagegen versprechen die Verantwortlichen immerhin, dass es eine Preisreduktion gäbe, wenn Pisten geschlossen werden müssten. Dass derzeit sowohl die Talabfahrt als auch ein höher gelegener Skilift zu sind, scheint für den Preisnachlass noch nicht auszureichen.

Ähnliche Versprechen machen auch die Verantwortlichen der Klewenalp NW. Für Rabatte seien aber noch zu viele Anlagen in Betrieb: zehn von 14. Bei den Pausierten handle es sich um einen Kinderlift und zwei Zubringerlifte. Das reiche für einen Rabatt noch nicht.

Noch mal anders reden sich die Toggenburger Bergbahnen raus. Sie verweisen auf die freiwillige Ticketversicherung. Sie kostet fünf Franken am Tag, greift aber erst, wenn sämtliche Anlagen geschlossen sind. Die Toggenburger Bergbahnen lassen derzeit alle Lifte laufen. Von den 23 Pisten sind aber nur gerade neun befahrbar.

Neue Angebote sind gefragt

Die Skigebiete versuchen derweil, ihre Gäste mit alternativen Angeboten bei Laune zu halten. In der Mythenregion bei Schwyz haben die Verantwortlichen etwa eine Sommeraktion aus der Schublade geholt: Gäste können ein Ticket für die Bergbahn inklusive Mittagessen auf der Sonnenterrasse lösen.

Den Verantwortlichen blieb nicht viel anderes übrig: Der Schneemangel ist dermassen akut, dass die verschiedenen Skipisten in der Mythenregion nicht mehr miteinander verbunden sind. Einzelne Skilifte haben noch geöffnet, wie beispielsweise der Handgruobi. «Für diese Lifte kann man ein Billett vor Ort lösen», sagt Remo Gwerder (59), Geschäftsführer Rothenfluebahnen Mythenregion. Die Preise werden stündlich reduziert. Ein Ticket fürs ganze Skigebiet gibts hingegen nicht mehr.

Die Touristen lassen sich vom Schneemangel ganz offensichtlich nicht die Laune verderben. «Unser Restaurant und unsere Sonnenterrasse sind gut besucht», sagt Gwerder. Wandern und Gleitschirmfliegen sind hoch im Kurs. Am Mittwoch bietet sich Sonnenhungrigen dafür die vorerst letzte Gelegenheit. Danach ist in den Bergen zum ersten Mal seit Wochen Schneefall angesagt. Für mehr als ein paar Flocken dürfte es aber kaum reichen.

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