Wegen Gotthard-Schliessung
«Es wird einen Schaden geben – für Industrie und Gewerbe»

Schon zum zweiten Mal innert weniger Wochen sorgt ein Gotthard-Tunnel für Schlagzeilen. Nun ist auch der Verkehr fernab der Schienen betroffen – und bringt die Tessiner Wirtschaft unter Druck.
Publiziert: 12.09.2023 um 16:10 Uhr
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Im Gotthard-Strassentunnel geht seit Sonntagabend nichts mehr. Weder Lieferwagen-Chauffeure noch Pendler oder Touristen mit dem Auto können den Tunnel zurzeit durchqueren. Grund ist ein 25 Meter langer Riss in der Decke des Tunnels. Auch Betonteile haben sich von der Decke gelöst. Dabei ist das Nadelöhr Gotthard sowieso bereits unter Druck: Seit der Entgleisung eines Güterzugs im August ist der Weg auf den Schienen eingeschränkt.

Die Aufregung ist gross. Am Montagnachmittag kam die Beschwichtigung von Bundesrat Albert Rösti: Die Gotthard-Röhre für Lieferwagen und Autos soll spätestens Ende Woche wieder offen sein. Das Tessin atmet auf – das sind gute Nachrichten für die Wirtschaft. 

«Auswirkungen wird es sicher geben. Da der Tunnel aber nur einige Tage geschlossen ist, sind diese verkraftbar», sagt Luca Albertoni (59) im Gespräch mit Blick. Er ist Präsident der Tessiner Wirtschaftskammer. Einen Krisenstab fordert die Kammer nun aber nicht mehr unmittelbar, da es sich nicht um eine länger dauernde Schliessung handle. «Die Situation wäre dramatisch, wenn sie länger als ein paar Tage dauern würde», sagt Albertoni weiter.

Nachdem bereits die Gotthardröhre auf den Schienen eingeschränkt ist, ist es auch der Tunnel für Autos zu.
Foto: imago/Geisser
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Industrie und Gewerbe leidet

So sieht es auch der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). Obwohl die Schliessung kürzer ist als erwartet, ist sich Fabio Regazzi (61) – Präsident des Verbands sowie Tessiner Nationalrat – sicher: «Es wird einen Schaden geben – für die Industrie und das Gewerbe. Aber auch für die Autofahrer.» 

Lieferanten, die normalerweise durch den Gotthard fahren, müssen jetzt auf die Passstrasse ausweichen. Das braucht mehr Zeit – und verursacht dadurch mehr Kosten. Zum Teil müssen die Chauffeure auf kleinere Lieferwagen ausweichen, was ebenfalls zu Verzögerungen führt. Die Ware braucht also länger als üblich für den Weg von der Deutschschweiz ins Tessin oder umgekehrt – und kostet dann auch mehr.

Einige Tage seien für die Firmen noch verkraftbar. Wenn das Problem aber länger bestehe, könne es sein, dass sich Deutschschweizer Unternehmen lieber einen Lieferanten auf ihrer Gotthardseite suchen. Die Hoffnung ist deshalb gross, dass die Röhre – wie angekündigt – bald wieder befahrbar ist. 

Die Situation regt den Gewerbeverband zum Nachdenken an. «Wir brauchen einen Plan B – um in Zukunft besser auf solche Situationen vorbereitet zu sein», fordert Regazzi. Bereits der Unfall im August, als ein Güterzug wegen eines defekten Rads entgleiste, erweckte beim SGV Bedenken. 

Mehr Besucher auf Gotthard-Pass

Die Tagesausflügler scheint die Gotthard-Panne nicht gross zu stören. «Wir haben normalerweise unter der Woche nicht so viele Gäste wie heute», heisst es aus Hospiz auf dem Gotthardpass gegenüber Blick. Zum Hospiz zählen auch zwei Restaurants. Am Montag waren es sogar noch mehr Gäste. Dabei half das gute Wetter und der Feiertag in Zürich. 

Einige seien sogar froh, dass sie den Weg über den Pass nun doch mal gemacht haben. Dabei werden aber wohl nicht alle Zeit für einen Kaffee oder Zmittag in der Beiz haben. «Die Leute, die im Stress sind, fahren einfach vorbei.» Dazu zählen wohl auch die zahlreichen Chauffeure, die jetzt länger unterwegs sind als üblich.

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