Wegen Folgen der Corona-Krise
Joe Ackermann glaubt an Staatshilfen für Banken

Der frühere Chef der Deutschen Bank, Joe Ackermann, geht davon aus, dass Staaten den Banken beistehen müssen, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus zu stemmen.
Publiziert: 10.03.2020 um 17:03 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2020 um 12:41 Uhr

Erstmals meldet sich mit Joe Ackermann (72) einer der ganz Grossen der Finanzbranche zu Wort. Der frühere Deutsche-Bank-Chef hält wegen des Coronavirus staatliche Hilfen für den Banksektor für möglich. «Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt», sagte der Schweizer dem Magazin «Der Spiegel». «Aber die Regierungen werden der Wirtschaft insgesamt, also auch der Finanzwirtschaft, beistehen müssen», sagt er.

Die Institute seien heute zwar besser kapitalisiert als vor der Finanzkrise 2008 und durch die Zentralbanken auch gut mit billigem Geld versorgt. «Aber viele Banken besonders in Europa sind nicht profitabel genug, um eine solchen Schlag einfach wegstecken zu können», sagte Ackermann.

Ackermann hat seine Meinung geändert

Ackermann war von 2006 bis 2012 Chef der Deutschen Bank. In seiner Zeit an der Spitze des grössten deutschen Geldhauses fällt damit der Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise. Ackermann lehnte damals Staatshilfen für das Geldhaus ab. «Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden», sagte er im Herbst 2008.

Josef Ackermann geht davon aus, dass mehrere Banken die Corona-Krise nicht ohne Staatshilfe überstehen werden.
Foto: picture alliance / dpa

Anfangs kam die Deutsche Bank vergleichsweise gut durch die Finanzkrise, doch Altlasten und juristische Probleme holten das Geldhaus ein. Seit Jahren jagt ein Konzernumbau den nächsten, die Verluste gehen in die Milliarden.

Immer mehr Finanzinstitute in Europa schalten wegen der Corona-Epidemie in den Notfallmodus. Die Institute verteilen Mitarbeiter auf verschiedene Standorte oder schicken sie ins Home Office, um wichtige Geschäftsbereiche wie Handel und Zahlungsverkehr am Laufen zu halten. Gleichzeitig schliessen sie Filialen und Büros, in denen Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet wurden. Die Europäische Bankbehörde (EBA) nimmt die Notfallpläne der Geldhäuser genau unter die Lupe.

Lage in Italien besonders kritisch

Wie viel für die Institute der Euro-Zone wirtschaftlich auf dem Spiel steht, ist noch gar nicht absehbar. Einige Banken sind eng verbandelt mit Italien, wo das Virus besonders stark grassiert.

Die Deutsche Bank musste in der Nacht zum Dienstag ihre Handelsabteilung im Frankfurter Bankenviertel schliessen und grundreinigen, weil das Virus bei einem Mitarbeiter festgestellt wurde. Ein Teil der Beschäftigten arbeitet in einem Ausweichbüro in der Nähe von Frankfurt, andere bleiben in dem desinfizierten Gebäude oder arbeiten zu Hause am Laptop. Die Notfallmassnahme gelten zunächst bis 27. März. Laut Finanzkreisen ist eine höhere zweistellige Personenzahl davon betroffen.

In London gelten die Notfallmassnahmen schon seit Anfang der Woche. Folgen für den laufenden Betrieb sieht die Bank nicht. «Wir erwarten keine Auswirkungen auf unsere Dienstleistungen für unsere Kunden und sind uns bewusst, dass diese Massnahmen zusätzliche Anstrengungen und Disziplin von allen erfordern werden», schrieb sie in einem Mitarbeiterbrief, der Reuters vorliegt.

Nur noch Notbesetzung in Mailand

Die Commerzbank schloss wegen der Massnahmen der italienischen Regierung zur Eindämmung der Epidemie ihre Büros in Mailand, rund 50 Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus. In der Mailänder Filiale gebe es aber eine Notbesetzung, sagte ein Banksprecher. Einen bestätigten Corona-Fall gab es bislang bei der Commerzbank nicht. Institute wie die DZ Bank, die staatliche Förderbank KfW und die Deka proben bisher nur für den Ernstfall. Sie schickten Mitarbeiter in wichtigen Abteilungen vorsichtshalber in unterschiedliche Gebäude, um bei bestätigten Corona-Fällen schnell handlungsfähig zu sein.

Auch in anderen europäischen Ländern setzen Geldhäuser ihre Notfallpläne um. BBVA und Santander in Spanien teilten Beschäftigte auf. Die britische Bank Lloyds schickte gleich 1000 Beschäftigte der Hypotheken-Tochter Halifax nach Hause oder in andere Büros, nachdem ein Mitarbeiter an dem Virus erkrankt war. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) meldete einen ersten Corona-Fall. Mitarbeiter arbeiten nun von zu Hause, die Zinssitzung am Donnerstag soll nach aktuellem Stand dennoch stattfinden.

Mit Blick auf die bald beginnende Hauptversammlungssaison empfahl Santander den Aktionären, das jährliche Treffen aus Sicherheitsgründen über das Internet zu verfolgen. In den vergangenen Jahren hatten bei den Hauptversammlungen rund 2000 Menschen teilgenommen. Viele Länder haben Grossveranstaltungen inzwischen untersagt.

Die Experten der Ratingagentur Moody's warnten davor, dass sich die Folgen der Coronavirus-Epidemie vor allem im ersten Halbjahr negativ in den Bankbilanzen niederschlagen. Eine länger anhaltende Wirtschaftskrise werde zu höheren Kreditausfällen führen. Zudem belaste ein anhaltendes Zinstief sowie eine geringere Nachfrage nach Anleiheemissionen, Börsengängen und anderen Kapitalmarkttransaktionen die ohnehin geringe Profitabilität der Banken. Deutsche-Bank-Chefökonom Stefan Schneider rechnet wegen der Coronavirus-Krise mit dem ersten Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung seit dem Finanzkrisenjahr 2009.

In Grossbritannien fangen die drei grössten Geldhäuser Lloyds, RBS und Barclays bereits an, den besonders stark von Corona betroffenen Kunden Kreditstundungen anzubieten. Bei den deutschen Banken gehen die Überlegungen in dieser Richtung noch nicht so weit. Sie stehen in dem vom Coronavirus stark betroffenen Italien mit 72,4 Milliarden Euro im Feuer, wie Daten der Bundesbank zeigen. Das Land ist der fünftwichtigste deutsche Handelspartner nach China, den Niederlanden, den USA und Frankreich. (pbe/SDA)

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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