Rhetorik-Experte Thomas Skipwith analysiert die wichtigsten WEF-Reden
Note 4,5 für Trump, Merkel ungenügend

Wie hat Berset die Schweiz vertreten? Was müsste Merkel anders machen, damit man sich an sie erinnert? Rhetorik-Profi Thomas Skipwith hat für BLICK genauer hingehört.
Publiziert: 26.01.2018 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:40 Uhr
Aufgezeichnet von Konrad Staehelin

Einige Auftritte am WEF  werden noch Jahre in Erinnerung bleiben, andere hat die Öffentlichkeit schon fünf Minuten danach aus dem Gedächtnis verdrängt. Warum waren die guten  Reden gut und die miesen   mies? Für BLICK hat Experte Thomas Skipwith , der mit seiner Firma Descubris in  Oberwil-Lieli AG Rhetorik-Kurse anbietet, die wichtigsten Auftritte unter die Lupe genommen.

Donald Trump (71), US-Präsident

«Dass er seine rechte Hand spreizt und damit allen signalisiert, sie sollen jetzt mal ruhig sein, irritiert mich auch ein Jahr nach seinem Amtsantritt noch. Seine Stimme war monoton. Das Positive daran: Er hat damit diplomatisch ruhig gewirkt. Damit bietet er kaum Angriffsfläche. Und: Die Rede war kurz und mit klarer Botschaft – nämlich dass er und sein Land wieder super sind Note: 4.5

Experte Skipwith verteilte Mister President keine gute Note.
Foto: Nicholas Kamm
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Alain Berset (45), Schweizer Bundespräsident

«Sein Umgang mit dem Teleprompter war souverän. Er hat immer wieder Blickkontakt mit dem Publikum aufgenommen. Dass er zwischen Französisch und Englisch abgewechselt hat, beweist staatsmännisches Format. Bei ihm spürt man die Lust, dass er viel zu erzählen hat. So viel, dass er manchmal sogar die Lippen zusammenpressen muss, damit es nicht einfach aus ihm raussprudelt. Einziges Minus: Das allerletzte Wort hat er mit der Stimme herausgezogen – dieser Schluss war nicht gut.» Note 5.0

Angela Merkel (63), deutsche  Bundeskanzlerin

«Mit Abstand die Langweiligste. Sie wirkt wie eine Beamtin, die Bandwurmsätze machen das nur noch schlimmer. Sie nimmt alles sehr ernst, teilweise natürlich zu Recht. Der einzige Pluspunkt: Sie gliedert ihre Rede gut. Wer zwischenzeitlich eingeschlafen ist, weiss nach dem Aufwachen sofort wieder, wo in der Rede sie steht.» Note: 3.5

Emmanuel Macron  (40), Frankreichs Präsident

«Noch während Klaus Schwab ihn vorstellt und er auf seinem Stuhl sitzt, spasst  Macron mit dem Publikum. Das könnte man als Respektlosigkeit deuten. Ich aber denke viel eher, dass er einfach den Plausch hat. Super: Er beginnt seine Rede gleich mit einer Pointe, macht eine spontane Bemerkung zum vielen Schnee draussen. Das ist nicht geplant, der ist einfach so locker drauf. Aber ganz schlimm bei ihm: Die Rede dauerte fast eine Stunde. Alles über 45 Minuten geht überhaupt nicht!» Note: 5.0

Hervorragende Interaktion mit dem Publikum: Frankreichs Macron.
Foto: LAURENT GILLIERON

Justin Trudeau (46), Kanadas Premier

«Wie er auf die Bühne kommt, sein Gang: phänomenal. Als Erstes hat er die Frauen im WEF-Vorsitz alle mit Namen begrüsst – ein genialer Charmeur! Wie Macron macht er ganz früh in der Rede schon einen spontanen Witz und hat so alle Sympathien sofort auf seiner Seite. Was ich nicht verstehe: Warum er neuerdings so auffällige Socken trägt. Offensichtlich ist das in. Mir gefällt das nicht. Vielleicht ist das aber seinem Plädoyer für die Frauen geschuldet.» Note: 5.5

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