Vorsicht trotz Börsen-Talfahrt
«Es ist zu früh für eine Aktien-Schnäppchenjagd»

Weltweit erleben die Börsen seit Januar ein Auf und Ab. Bekannte Unternehmen verzeichnen grosse Wertverluste. Für den Experten Thomas Stucki ist die Zeit aber noch nicht gekommen, um breit Aktien zu kaufen.
Publiziert: 01.02.2022 um 16:24 Uhr
Kilian Marti

Die Aktienmärkte sind weltweit auf Achterbahnfahrt. Ein ständiges Auf und Ab gehörte die letzten Wochen zum Börsen-Alltag. Bekannte Titel stürzten so tief wie lange nicht mehr, und einige Neulinge sorgten für Überraschungen an den Märkten. Welche Aktien zurzeit eine Investition wert sind und welche nicht, weiss Thomas Stucki (58), Anlagechef bei der St. Galler Kantonalbank (SGKB).

«Aktuell sollte sich niemand auf die nächsten Tage fokussieren, sondern auf die nächsten Monate», sagt Stucki. Generell ist er der Ansicht, dass es wirtschaftlich gut aussehe, um bald in Aktien zu investieren. Denn bekannte Titel im Sinkflug haben Potenzial, wenn es wieder aufwärts geht. «Von einer Schnäppchenjagd kann man aber momentan noch nicht reden, dafür sind die Aktien zu wenig gesunken», erklärt der Investment-Chef. Stucki rät jedem, der Aktien hat, sie auf keinen Fall zu verkaufen.

CS muss Vertrauen gewinnen

Ein Beispiel dafür ist die Credit Suisse. Der SGKB-Experte sagt, dass die CS zuerst wieder das Vertrauen ihrer Anleger gewinnen muss. «Der Kurs ist aktuell so tief, dass man die Aktie jetzt auch nicht mehr verkaufen muss», sagt Stucki. Er geht davon aus, dass das absolute Tief der Grossbank bereits erreicht sein könnte. Derzeit kostet eine CS-Aktie knapp 9 Franken.

Die Börsen machen aktuell grosse Kursschwankungen durch.
Foto: Keystone
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Stucki rät auch von einem Verkauf der Aktie der Schweizer Firma Givaudan ab. Das Papier des weltweit grössten Herstellers von Aromen und Duftstoffen hat innerhalb eines Monats einen Kurssturz von 4800 Franken auf 3800 Franken erlitten. Das US-Analysehaus Bernstein Research schätzt sogar, dass die Aktie auf 3550 Franken fällt. Diese pessimistische Prognose kann Thomas Stucki nicht teilen: «Givaudan ist ein solides Unternehmen. Den Moment zum Verkaufen hat man als Anleger aber definitiv schon verpasst.»

Nicht mehr auf Moderna setzen

Ebenfalls zu spät dran ist man mit der Moderna-Aktie. Das Wertpapier des Impfstoffherstellers stieg 2021 um 146 Prozent. Im Januar 2022 gabs einen Rückschlag von 34 Prozent – so viel hat kein anderer Titel aus dem amerikanischen S&P-500-Index verloren. «Moderna ist durch den Impfstoff sehr gestiegen, jetzt findet eine Normalisierung statt», sagt Stucki. Er fügt an: «Die Firma wird weiterhin gute Produkte liefern, aber es ist nicht die Aktie, die man im Portfolio haben muss.»

Für den obersten Investmentchef der SGKB ist ein anderer Impfstoffhersteller viel interessanter: «Die Aktie von Pfizer ist attraktiver, da sie auch Medikamente zu Corona haben. Diese sind in Zukunft wichtiger als Impfungen.»

Wer sein Geld lieber in ein Schweizer Pharmaunternehmen stecken möchte, dem empfiehlt Stucki den Kauf der Lonza-Aktie, Partnerfirma von Moderna bei Corona-Impfstoffen: «Der Titel galt lange als Mauerblümchen. Doch die Firma hat qualitativ gute Arbeit geleistet, da ist noch Potenzial.»

Unklare Zeichen für Krypto

Sehr erfolgreich unterwegs ist die Westschweizer Logitech-Gruppe. Der international tätige Computerzubehör-Hersteller konnte in der ersten Jahreshälfte enorm zulegen. Die Aktie ist aber nun deutlich gefallen. So lag der Titel beim Höchstwert Ende Juni noch bei über 120 Franken. Per Anfang Februar kostet eine Aktie nur noch 75 Franken. «Logitech ist aktuell sehr attraktiv. Die Firma wird den Rückschlag vom letzten Jahr wieder aufholen», ist sich Stucki sicher.

Keine Prognose abgeben möchte der Anlagechef zu Kryptowährungen: «Die extremen Schwankungen werden weitergehen. Es ist reine Spekulation, wenn man in diese Digitalwährungen investiert».

Stucki selber hat auch nichts in Kryptowährungen investiert. «Ich habe normale, alte Aktien», so der SGKB-Experte.

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