Von wegen ehrliche Eidgenossen
Schweizer bunkern Milliarden an Schwarzgeldern

Ab Oktober können sich Steuersünder nicht mehr straflos selbst anzeigen. Denn dann startet der automatische Informationsaustausch (AIA). Tausende haben bis zuletzt daher Vermögen nachdeklariert. Es geht um Milliarden an Schwarzgeld.
Publiziert: 28.09.2018 um 01:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 12:25 Uhr
Vinzenz Greiner

Aus ein paar Tausend Mark, versteckt auf einem Konto in der Schweiz, wurden Abertausende, Hunderttausende, zum Schluss zehn Millionen Franken. Schwarzgeld. Ein Deutscher hatte es 1920 angelegt, damit spekuliert, es seinem Sohn und der wiederum dem seinen vermacht.

Der ist heute 70 Jahre alt. Nun hat er sich bei der Thurgauer Steuerverwaltung gemeldet und das Schwarzgeld angegeben. Der Mann ist einer von 169 Personen, die sich im Thurgau in diesem Jahr bis zum 14. September selbst als angezeigt haben – kurz bevor die Amnestie für Steuersünder bei Selbstanzeige jetzt ausläuft.

Die gilt seit 2010 – bis einschliesslich 2017 waren laut «NZZ am Sonntag» fast 32 Milliarden Franken nachdeklariert worden. 2018 kommt noch mal ein Batzen drauf: In fünf Kantonen wurden 2018 fast 1,7 Milliarden Franken an nicht deklarierten Vermögen offengelegt, wie eine BLICK-Anfrage bei allen Kantonen zeigt. Mehrere Kantone geben an, dass vor allem Vermögen in Deutschland, Italien und Portugal nachdeklariert wurden. In zehn Kantonen kamen rund 11'200 Selbstanzeigen zusammen. 

Beihilfe zur Steuerhinterziehung: Die UBS wurde von Bradley Birkenfeld bei US-Behörden verpfiffen. Dann bröckelte das Bankgeheimnis.
Foto: KEYSTONE
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Milliarden-Nachdeklarationen für 2018 «absehbar»

Manche Kantone erfassen die Summe der nachdeklarierten Auslandsvermögen statistisch gar nicht. Andere bereiten die Daten erst 2019 auf. In Appenzell Innerrhoden verweigert der Säckelmeister detaillierte Antworten – sonst könne «aufgrund der engräumigen Verhältnisse» auf «allfällige Personen geschlossen werden».

Dennoch lassen jene Zahlen, die BLICK erhalten hat, klar das Ausmass der Steuerhinterziehung erahnen. Das ist zumindest die Meinung Jakob Rütsches (66), Präsident der Konferenz der kantonalen Steuerverwaltungen: «Es ist jetzt schon absehbar, dass in diesem Jahr mehrere Milliarden Franken an Vermögen nachdeklariert wurden. Das sind schon grosse Summen und eine direkte Folge des automatischen Informationsaustauschs.»

Der startet an diesem Wochenende (siehe Box). Seit 2017 sammelt die Schweiz Daten, die sie nun erstmals mit der EU, Gibraltar und neun anderen Staaten austauscht – darunter Australien und Südkorea. So sollen Fälle wie des FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeness (66), der über ein Schweizer Konto 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hatte und dafür ins Gefängnis kam, nicht mehr möglich sein.

Ende der Amnestie für Steuersünder

Mit dem Beginn dieses Datenaustauschs endet auch die Galgenfrist für Schweizer Steuersünder, die bisher noch hatten straffrei Vermögen nachdeklarieren können. Ab Oktober drohen auch bei Selbstanzeige Bussen.

Dem wollten viele Steuersünder noch rasch entgehen. Von Nidwalden übers Mittelland bis zur Romandie tönt es überall gleich: Wegen des AIA kam es zu einer wahren Rallye an Selbstanzeigen. Dieser «Hype», wie es Jakob Rütsche nennt, sei nun vorbei. «Bis zum nächsten Jahr wird es noch eine kleine Welle an Selbstanzeigen geben.» Wegen Gelder in Liechtenstein. Mit dem tauscht die Schweiz erst im kommenden Jahr Daten aus.

Das ist der automatische Informationsaustausch

2006 verpfiff Bradley Birkenfeld die UBS bei den US-Finanzbehörden wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Danach begann das Bankgeheimnis zu bröckeln.

Seit 2015 unterzeichnete die Schweiz mit mehreren Staaten das Abkommen über den automatischen Informationsaustauschs (AIA). Wenn eine Person im Ausland lebt und beide Länder Teil des AIA sind, tauschen sie Daten wie Namen, Adresse, Geburtsdatum, alle Einkommensarten und das Konto-Saldo dieser Person aus. Gelder im Ausland vor dem Fiskus zu verstecken, geht damit kaum mehr.

2006 verpfiff Bradley Birkenfeld die UBS bei den US-Finanzbehörden wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Danach begann das Bankgeheimnis zu bröckeln.

Seit 2015 unterzeichnete die Schweiz mit mehreren Staaten das Abkommen über den automatischen Informationsaustauschs (AIA). Wenn eine Person im Ausland lebt und beide Länder Teil des AIA sind, tauschen sie Daten wie Namen, Adresse, Geburtsdatum, alle Einkommensarten und das Konto-Saldo dieser Person aus. Gelder im Ausland vor dem Fiskus zu verstecken, geht damit kaum mehr.

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