Wüster Streit von Swiss-Kunde um Flugkosten
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Vom Flieger in die Quarantäne
Wüster Streit von Swiss-Kunde um Flugkosten

Ein Flug nach Taiwan entpuppt sich wegen Corona zum Rohrkrepierer. Die Swiss reagiert kulant. Und trotzdem bleibt der Kunde auf den Kosten sitzen. Der Grund liegt bei einem grossen Reiseportal.
Publiziert: 29.02.2020 um 21:10 Uhr
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Aktualisiert: 29.02.2020 um 22:40 Uhr
Marc Iseli

Die Reiseindustrie leidet an den Folgen der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus. Hotels sind leer, Flüge gestrichen, Jobs nicht besetzt. Für die Unternehmen ist das ein Ärgernis. Aber auch Reisende kämpfen mit grossen Problemen.

Wie kompliziert es ist, zeigt ein Fall aus der Schweiz. Er zeigt auch, wie sich gewisse Unternehmen in solchen Ausnahmesituation kulant zeigen. Und wie andere Firmen knallhart bleiben, um das Loch in der Kasse nicht noch grösser werden zu lassen.

Der Fall beginnt Mitte Januar. Ein 60-jähriger Treuhänder aus Morgarten ZG bucht ein Flugticket für seine Frau, die Wurzeln in Asien hat. Die Strecke: Zürich-Taipeh retour mit Halt in Hongkong. Geplant ist ein knapp zweiwöchiger Aufenthalt in Taiwan. Die Familie soll wieder mal besucht werden. Pünktlich zum Geburtstag des Treuhänders soll das Paar aber wieder in der Schweiz vereint sein.

Mit der Swiss nach Hongkong und dann nach Taiwan: Das war der Reiseplan.
Foto: keystone-sda.ch
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Coronavirus in Hongkong

755 Franken kostet die Flugverbindung. Der Betrag wird noch gleichentags von der Kreditkarte abgebucht. Die Vorfreude auf die Reise ist gross, das Coronavirus damals noch eine rein chinesische Angelegenheit. In Südkorea wird der erste Fall bekannt. In Hongkong ist noch kein Corona-Patient gemeldet.

Drei Tage später ändert sich die Situation. In Hongkong wird der erste Corona-Fall publik. Anfang Februar stirbt der erste Patient in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Die Lage wird prekär. Erste Länder stellen Reisende aus Hongkong unter Quarantäne, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Taiwan gehört dazu. Das Land legt eine klare Regel fest: Wer aus Hongkong anreist, muss 14 Tage in Isolation. «Haus-Quarantäne» heisst die Massnahme der taiwanesischen Gesundheitsbehörden. Und sie gilt auch für Transit-Reisende.

Quarantäne nach Landung

Die Hotels halten sich an die Weisung von oben. Internationale Gäste, die via Hongkong reisen, werden nicht mehr aufgenommen. Die Kosten für das gebuchte Zimmer werden zurückerstattet.

So auch im Fall des Treuhänders aus der Zentralschweiz. Weil die gebuchte Reise zur Farce geworden ist, storniert der 60-Jährige das Hotel. Kostenlos und ohne Probleme. Beim Flug gestaltet sich die Situation anders. Diverse Telefone und Schreiben an das Online-Reisebüro Ebookers, eine Tochter des US-Milliardenkonzerns Expedia Group, bleiben ohne Erfolg. Die Flüge wurden über das Portal gebucht.

Also wendet sich der Treuhänder direkt an die Fluggesellschaft. Die Swiss ist für die gebuchte Verbindung von und nach Hongkong zuständig. Sie blockt zunächst ab, zeigt sich anschliessend auf Intervention des BLICK aber kulant.

Swiss zeigt sich kulant

«Eine Einreise nach Taipeh via Hongkong ist immer noch möglich», schreibt eine Vertreterin der Fluggesellschaft. «Da diese aber mit einer Quarantäne verbunden ist, welche über das geplante Rückreisedatum reicht, kann dem Reisezweck nicht mehr gerecht werden. Der betroffene Flugschein darf deshalb ausnahmsweise entgegen den ursprünglichen Tarifkonditionen erstattet werden.»

Diese Kulanz ist nicht selbstverständlich. Die Airline leidet massiv an den Folgen des Corona-Virus. Flüge fallen aus und das Personal muss neu geplant werden. Der Mutterkonzern Lufthansa schnürt ein grosses Sparpaket. Die Konkurrenz von Easyjet stellt alle Neuanstellungen und Beförderungen zurück.

Die ganze Industrie ist im Ausnahmezustand. Der US-Konzern Expedia aber schaltet auf stur. Er macht keine Anstalten, die Kulanz der Swiss weiterzugeben. Die Flugverbindung wird nicht annulliert. Die Kosten werden nicht zurückerstattet. Der Kunde wird stattdessen einfach umgebucht. Der Hinflug geht neu via Frankfurt.

Odyssee geht weiter

Der Treuhänder fällt aus allen Wolken. Nach mehreren Telefonaten mit dem Kundendienst, nach Stunden in der Warteschlaufe und nach viel Kulanz seitens der Swiss hat er darauf gehofft, dass Ebookers einlenkt. Aber er hat keine Chance. Das Reiseportal sperrt sich gegen eine volle oder teilweise Rückerstattung der Flugkosten.

Konfrontiert mit den Details, reagiert das Unternehmen nur mit einem generellen Statement. «Die Sicherheit der Reisenden hat für uns höchste Priorität», heisst es. Man beobachte die Situation mit dem Coronavirus. Reisende sollen sich «online über die aktuellsten Informationen zur Verwaltung oder Änderung Ihrer Buchung informieren».

Der Treuhänder hat derweil genug. Er schaltet in den Konfrontationsmodus, droht mit rechtlichen Folgen und setzt der Firma eine letzte Frist zur Rückerstattung. Der Ausgang des Duells ist offen.

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