Vögele-Shoes-Chef Max Bertschinger bricht sein Schweigen
«Der Abbau war kein einfacher Entscheid»

Bei der zweitgrössten Schweizer Schuhhändlerin kommt es nun doch zu einem Stellenabbau. Vögele-Shoes-Chef Max Bertschinger erklärt den Abbau in der Schweiz erstmals öffentlich und sagt, wo er investieren will.
Publiziert: 15.09.2019 um 22:57 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2020 um 10:54 Uhr
Marc Iseli

Als die Familie Vögele letztes Jahr eine Mehrheit von 70 Prozent von Vögele Shoes nach Polen verkaufte, war die Welt der 1200 Mitarbeiter noch in Ordnung. Der verbliebene Familienaktionär (30 Prozent), Max Manuel Vögele, sah damals keinen Anlass für eine Reduktion des Mitarbeiterbestands.

Doch dann gab das Unternehmen mit Sitz in Uznach SG letzten Monat den Abbau von 60 bis 80 Stellen bekannt. Nun nimmt der seit Juli amtierende Unternehmenschef, Max Bertschinger (59), gegenüber BLICK erstmals öffentlich Stellung.

Die ersten 20 Kündigungen bei Karl Vögele seien bereits erfolgt, diesen und nächsten Monat sollen weitere folgen, sagt Bertschinger. «Der Abbau war kein einfacher Entscheid.» Bertschinger ist seit zwei Dekaden im Sold der Traditionsfirma, zunächst als HR-Verantwortlicher, dann als Finanzchef, nun als CEO. Einige Betroffene kenne er seit Jahren.

Vögele Shoes: Der Schuhhändler gehört zusammen mit den Marken Bingo Shoe-Discount und Max Shoes zu Karl Vögele.
Foto: Keystone
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Der Grund für den Stellenabbau und die Kündigungen: die Auslagerung der Logistik nach Polen. Dort sitzt die Muttergesellschaft, die CCC-Gruppe. Das Unternehmen aus Osteuropa kaufte im Juni 2018 die Mehrheit an Karl Vögele mit den Marken Vögele Shoes, Bingo Shoe-Discount und Max Shoes.

Ein Drittel des Umsatzes soll online erzielt werden

Bertschinger bemüht sich, die Ü55-Mitarbeiter am längsten im Betrieb zu halten. «Damit sie Zeit haben, sich neu zu orientieren», so der Chef von Karl Vögele. «Wir wissen alle, dass es für ältere Arbeitnehmer schwerer ist auf dem Arbeitsmarkt.»

Mit der Auslagerung will Karl Vögele Kosten sparen – aber nicht nur. Das Unternehmen stellt sich neu auf, um im wachsenden Online-Handel Schritt halten zu können. Die CCC-Gruppe will künftig einen Drittel des Umsatzes im Internet machen. Das Mutterhaus hat dafür ein neues Lager geschaffen und neue Personen angestellt. Ziel ist es, ein möglichst breites Sortiment zu haben und möglichst schnell liefern zu können.

«Geschwindigkeit und Auswahl: Das sind die zentralen Herausforderungen für Schuhhändler», sagt auch Bertschinger. Noch dümpeln die Umsätze im einstelligen Prozentbereich. Nur gerade 750’000 Franken waren es in den Monaten April, Mai und Juni zusammen, wie Zahlen der in Warschau kotierten Muttergesellschaft zeigen.

450 Brands im neuen Online-Store

Das soll sich ändern. Bertschinger peilt 30 Prozent an. «Mit unseren Ressourcen und dem heutigen System ist das nicht möglich», sagt er. Deshalb habe er einen Entscheid getroffen, den er als «sehr mutig» und gar «radikal» bezeichnet. Der Online-Shop ist temporär geschlossen und soll «in den nächsten Tagen» wieder eröffnet werden.

Alsbald treffen Kunden auf ein neues Angebot. Ein deutlich ausgebautes Sortiment wartet auf die online-affinen Käufer. Über den neuen Partner-Online-Store von der CCC-Gruppe werden neben den Eigenmarken auch knapp 450 Brands vertrieben. Darunter sind Fashion-Labels wie Adidas, Puma, Lacoste, Tommy Hilfiger oder Armani.

Neun Schliessungen wegen OVS-Konkurs

Und was bedeutet das für das traditionelle Ladengeschäft? Seitdem die Polen am Ruder sind, hat Karl Vögele das Filialnetz auf 187 Shops gestrafft. Vor dem Verkauf zählte die Firma 213 Ableger. Macht in der Summe 26 Schliessungen.

«13 Verträge waren schon vor der Übernahme gekündigt», sagt Bertschinger. Und neun Schliessungen stünden in Zusammenhang mit dem Konkurs der italienischen Modekette OVS, die Charles Vögele übernommen hatte. «Diese Filialen wollten wir gar nicht aufgeben, das Aus war aber unvermeidlich, weil wir historisch eng mit Charles Vögele und dessen Nachfolger verbunden waren.»

Neues Store-Konzept

Bertschinger dementiert, dass die Schliessungen auf Druck aus Polen folgten. Er macht auch keine Angaben dazu, wie viele Stores noch verschwinden. «Karl Vögele überprüft regelmässig das Filialnetz», heisst es lediglich. Und Bertschinger weist darauf hin, dass im stationären Bereich nicht nur abgebaut, sondern auch investiert wurde. Fünf Filialen sind umgebaut: Wil SG, Haag SG, Tenero TI, Emmen LU und der Store im Seedamm-Center in Pfäffikon SZ.

Derzeit liegt das Traditionsunternehmen laut Bertschinger beim Budget deutlich über den Erwartungen. Der nach Dosenbach zweitgrösste Schweizer Schuhhändler ist nicht zu verwechseln mit der Modemarke Charles Vögele in Pfäffikon SZ. Die von Karl Vögeles Bruder Max gegründete Modekette wurde an die italienische Modefirma OVS verkauft. Diese zog sich aber mangels Erfolg aus der Schweiz zurück.

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