US-Steuerreform kostet Jobs und Investitionen
Trump benachteiligt Schweizer Firmen

Für die US-Firmen ist die Steuerreform ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, das ihnen Milliarden-Entlastungen bringt. In der Schweiz beginnt jetzt das grosse Zittern.
Publiziert: 20.12.2017 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 15:55 Uhr
Ulrich Rotzinger

Der US-Senat hat die grösste Steuerreform seit mehr als drei Jahrzehnten abgesegnet. Ein Grosserfolg für Präsident Donald Trump (71). Dass das Repräsentantenhaus das Prestigeprojekt annimmt und die Reform schon per 1. Januar 2018 in Kraft tritt, gilt als sicher.

Trump holt massive Steuererleichterungen für Unternehmen raus. Eine Senkung des Steuersatzes von 35 auf 21 Prozent. Die Absicht dahinter: US-Unternehmen investieren das gesparte Steuergeld im eigenen Land, schaffen dort neue Stellen und holen Niederlassungen vom Ausland in die Staaten zurück.

Für US-Präsident Donald Trump ist die Reform ein erster grosser Triumph.
Foto: SAUL LOEB
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Erst vor wenigen Wochen erschütterte der Kahlschlag des US-Kolosses General Electric die Schweiz. Im Aargau verschwinden 1400 Jobs. Weiter zurück im September berichtete BLICK von Werkschliessungen und Massenentlassungen durch weitere US-Firmen in der Schweiz. Darunter die US-Medizinaltechnik-Firma Edwards und Rockwell Automation.

Wird Trumps Steuer-Triumph nun zum Katalysator für weitere Job-Beben in der Schweiz?

Marco Salvi (48), Ökonom bei der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse: «Die US-Steuerreform schafft nun Unsicherheit für den Unternehmensstandort Schweiz. In manchen Fällen könnte sie auch zu einer Verlagerung von Investitionen und Arbeitsplätzen in die USA führen.»

US-Multis treiben Schweizer Wachstum an

Amerikanische Multis sind ein Wachstumsmotor für die Schweiz. Rund 8 Prozent des Bruttoinlandprodukts BIP wird von ihnen in der Schweiz erwirtschaftet, sagt Salvi. Zum Vergleich: In Deutschland erwirtschaften US-Firmen lediglich 2 Prozent des BIP.

Jetzt von einem drohenden Exodus von US-Firmen zu sprechen, geht laut Martina Walt (40) vom Beratungsunternehmen PwC zu weit. «Die Steuern sind sicher wichtig, aber es zählen auch andere Faktoren für den Verbleib in der Schweiz», so die Steuerexpertin. Dazu zählt Walt die Nähe zum europäischen Markt, die politische Stabilität und besonders der grosse Talent-Pool der Schweiz. «Aber gewiss, der Standortwettbewerb USA gegenüber der Schweiz verschärft sich.»

Deloitte schätzt, dass US-Firmen in der Schweiz über 30'000, oft hochqualifizierte Mitarbeiter beschäftigen. «Indirekt dürften es noch um ein Vielfaches mehr sein», sagt Jackie Hess, Steuerexpertin beim Beratungsunternehmen. Hess fürchtete aber weniger einen Job-Abbau durch US-Firmen in der Schweiz, sondern mehr einen Kapitalabzug in Milliardenhöhe.

Gewinne werden vermehrt in den USA versteuert. Jackie Hess: «US-Unternehmen dürften in der Schweiz angefallene Gewinne wegen tieferer Steuern nun zu einem beträchtlichen Teil in die USA zurückführen.» Sie schätzt, dass US-Firmen ausserhalb der USA bis zu 3000 Milliarden Franken liegen haben. «Davon entfällt ein signifikanter Anteil auf die Schweiz», sagt Hess, ohne genauer zu werden. 

Schweizer US-Niederlassungen im Nachteil

Und was bedeutete Trumps Steuerreform für Schweizer Unternehmen mit ihren Niederlassungen in den USA? «Sie könnten gegenüber amerikanischen benachteiligt werden», sagt Avenir-Suisse-Ökonom Salvi. Dies, wenn gewisse Leistungen, die bislang in der Schweiz verrechnet werden – zum Beispiel für die Forschung und Entwicklung – nun auch in den USA besteuert würden. «Das macht diese Aktivitäten in der Schweiz unattraktiver.»

Laut Salvi sind hiervon besonders Pharmakonzerne und Grossbanken betroffen. Sie machen ein Grossteil ihres Geschäfts in den USA, «beziehen aber viele Leistungen aus den Zentralen in der Schweiz».

Wer von der US-Steuerreform wirklich profitiert und wer verliert, kann heute noch keiner der von BLICK befragten Experten sagen. Wer mit Sicherheit gewinnt, sind die zahlreichen Steuerberater. Sowohl in den USA als auch in der Schweiz.

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