Überraschender Schritt
Darum schliessen Spitäler mitten in der Pandemie

Das Gesundheitswesen in der Schweiz gilt als eines der besten der Welt. Ein Grund ist die hohe Dichte an Spitälern. Just jetzt, mitten in der Pandemie, schliessen Krankenhäuser. Damit werden Arbeitskräfte gebündelt.
Publiziert: 03.09.2021 um 15:10 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2021 um 15:23 Uhr
Fabio Giger

Heute gibt es in der Schweiz rund 160 Spitäler. Eines nach dem anderen schliesst aber seine Türen. Experten gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren rund ein Zehntel der Spitäler und ein Viertel aller Spitalbetten verschwinden werden.

Dieses Jahr ging es schon los – trotz Corona-Pandemie: Im Kanton St. Gallen etwa haben in diesem Jahr die Spitäler Rorschach und Flawil dichtgemacht. Tönt absurd, mitten in der grössten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten.

«Unglaublicher Kraftakt»

«Nicht die Anzahl Betten und Beatmungsgeräte sind das Problem, sondern das fehlende Fachpersonal», sagt Philipp Lutz von der Direktion des Kantonsspitals St. Gallen, an das die beiden Regionalspitäler angeschlossen waren. Intensivbetten gingen mit den Spitalschliessungen keine verloren. In den meisten Regionalspitälern gibt es keine Intensivstationen.

Das Regionalspital in Flawil SG Schloss vor zwei Monaten für immer seine Pforten.
Foto: keystone-sda.ch
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Ein Grossteil der Angestellten der Spitäler Rorschach und Flawil arbeitet heute im Kantonsspital. Der Kanton kämpft mit der Spital-Konzentration gegen den Fachkräftemangel an. «Und doch ist es ein unglaublicher Kraftakt, wenn wir aufgrund der vielen Covid-Patienten unsere Beatmungsplätze und IPS-Betten erhöhen müssen», sagt Lutz.

Intensivstationen müssen vergrössert werden

Grössere Intensivstationen wird die Schweiz wohl auf Dauer brauchen. «Corona wird nicht verschwinden», ist Reto Schüpbach (50) überzeugt. Er leitet das Institut für Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich. «Wir werden in den nächsten Jahren mehr Kranke auf den Intensivstationen haben.»

Deshalb brauche es auf lange Sicht mehr Intensivpersonal, um sowohl Corona-Patienten als auch alle übrigen in Intensivbetten zu behandeln. Diese Bildungsgänge müssten jetzt starten. «Ansonsten müssen wir noch in Jahren nicht-dringliche Eingriffe aufschieben und das wäre fatal für die Qualität unseres Gesundheitswesens», so Schüpbach.

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Weniger Spitäler, dafür spezialisiertere

Wie wird die Spitallandschaft der Schweiz künftig aussehen? «Langfristig wird es weniger stationäre Regionalspitäler und mehr ambulante Einrichtungen brauchen», sagt Philip Sommer, Leiter Beratung Gesundheitswesen bei PwC. Künftig werde es weniger Spitäler brauchen, dafür spezialisiertere.

Die Pandemie habe diese Entwicklung beschleunigt. «Kleine Spitäler, das hat uns Corona gezeigt, sind häufig gar nicht mit entsprechenden Intensiv-Plätzen und dem entsprechenden Personal ausgestattet», sagt Sommer. Die Fachkräfte zu bündeln mache Sinn. Und dazu sind Spitalschliessungen wohl unumgänglich.

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