Über 100 Kader flogen nach Ho-Chi-Minh-Stadt
In Vietnam geht die Post ab

Während die Angestellten um höhere Löhne kämpfen, lud Jörg Vollmer, Chef von Swiss Post Solutions, im Januar über 100 Kader zu einem Treffen nach Vietnam. Wie viel der Kadertrip gekostet hat, behält die Post lieber für sich.
Publiziert: 29.01.2019 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2019 um 11:13 Uhr
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Sven ZauggRedaktor SonntagsBlick

Ein neuer Fall zeigt, dass der von Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (66) proklamierte Neuanfang beim gelben Riesen nicht bei allen Kadern des Konzerns angekommen ist. BLICK weiss von einem exotischen Ausflug des Kaders von Swiss Post Solutions (SPS). Die Posttochter beschäftigt weltweit knapp 7000 Mitarbeiter an 24 Standorten – von Nordamerika bis Asien.

Jedes Jahr veranstaltet SPS-Chef Jörg Vollmer (59) ein Kadertreffen. In den vergangenen Jahren fand das Stelldichein mit Vorträgen, Workshops und Galadinners jeweils in der Schweiz oder in Deutschland statt.

Heuer musste es aber besonders ausgefallen sein. Vollmer lud die über 100 SPS-Chefs vom 21. bis 22. Januar ins 10'000 Kilometer entfernte Vietnam ein. Genauer: nach Ho Chi Minh City, dem Hauptstandort von SPS in Asien. Die meisten Kader reisten aus Europa an – auf Firmenkosten versteht sich!

Jörg Vollmer (l.) an einer Preisverleihung Ho Chi Minh City. Der SPS-Chef lud über 100 Chefs vom 21. bis 22. Januar ins 10'000 Kilometer entfernte Vietnam ein.
Foto: Facebook
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Die Baustellen des neuen Post-Chefs

Auf den designierten Post-Chef, Roberto Cirillo (47), der am ersten April am Hauptsitz in Bern sein Büro bezieht, warten einige Baustellen: Finanziell ist der Subventionsbetrug bei Postauto zwar erledigt. Die Post zahlt 205 Millionen Franken an die Kantone zurück. Juristisch ist die Erschleichung von Geld aus den öffentlichen Kassen indes noch nicht ausgestanden. Zudem muss Cirillo bei den Auslandsengagements von Postauto in Frankreich und Liechtenstein den Scherbenhaufen zusammenkehren. Gleichzeitig wird der neue Chef die Zahl der Poststellen bis in gut zwei Jahren weiter von 1400 auf 800 senken – zum Unmut der Bevölkerung. Der damit verbundene Stellenabbau stösst auch bei den Gewerkschaften auf Widerstand. Bei der Postfinance hat Cirillo ebenso mit Stellenabbau zu kämpfen. Zudem sind die Erträge der Staatsbank, die einst so ordentlich an den Konzern flossen, eingebrochen. Nebst alledem muss Cirillo den Umbau des einst betulichen Staatsbetriebs zu einem modernen Logistikunternehmen vorantreiben. Eine Herkulesaufgabe.

Auf den designierten Post-Chef, Roberto Cirillo (47), der am ersten April am Hauptsitz in Bern sein Büro bezieht, warten einige Baustellen: Finanziell ist der Subventionsbetrug bei Postauto zwar erledigt. Die Post zahlt 205 Millionen Franken an die Kantone zurück. Juristisch ist die Erschleichung von Geld aus den öffentlichen Kassen indes noch nicht ausgestanden. Zudem muss Cirillo bei den Auslandsengagements von Postauto in Frankreich und Liechtenstein den Scherbenhaufen zusammenkehren. Gleichzeitig wird der neue Chef die Zahl der Poststellen bis in gut zwei Jahren weiter von 1400 auf 800 senken – zum Unmut der Bevölkerung. Der damit verbundene Stellenabbau stösst auch bei den Gewerkschaften auf Widerstand. Bei der Postfinance hat Cirillo ebenso mit Stellenabbau zu kämpfen. Zudem sind die Erträge der Staatsbank, die einst so ordentlich an den Konzern flossen, eingebrochen. Nebst alledem muss Cirillo den Umbau des einst betulichen Staatsbetriebs zu einem modernen Logistikunternehmen vorantreiben. Eine Herkulesaufgabe.

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Kosten bleiben Geheimnis der Post

Zu den genauen Kosten will sich die Post nicht äussern. Nur: «Die Gesamtkosten für das diesjährige Meeting mit rund 100 Teilnehmern entsprachen exakt den Kosten der Vorjahre und bewegen sich im normalen Rahmen für die Reise dieser Grössenordnung», sagt Sprecherin Léa Wertheimer. Die SPS sei eine global aktive Tochtergesellschaft. Da ergebe es durchaus Sinn, dass man sich alternierend an verschiedenen Standorten treffe.

Ein ehemaliges Kader der SPS bezeichnet den Entscheid, das Treffen in Ho-Chi-Minh-Stadt zu veranstalten, als Ohrfeige für die Angestellten, die sich täglich für das Unternehmen abmühten. «Die Mitarbeiter erhalten den Minimallohn, müssen Wochenenddienst leisten, während die Chefs in Asien dem schönen Leben frönen», sagt der Insider*. Er schätzt die Kosten der Reise konservativ auf mindestens 200'000 Franken.

Dass bei der SPS mit der grossen Kelle angerichtet wird, sei der Normalfall, sagt der Insider. Es sei ein offenes Geheimnis, dass es Vollmer gerne opulent mag. Für Gesprächsstoff bei den SPS-Kadern sorgte bereits eine Weinverkostung im Flimser Viersternhotel Adula. Im Januar 2017 lud Vollmer, der als Konzernleitungsmitglied der Post über eine halbe Million Franken verdient, die Führungsriege nach Flims GR.

Entkorkt wurde nicht etwa ein solider Malanser, sondern Weine der Cru-Klasse aus Frankreich. Dem Vernehmen nach wurde das geplante Essen gestrichen und fröhlich weitergebechert – auf Firmenkosten versteht sich! Viel Alkohol und «Hire und Fire» – das sei der Stil von Vollmer, sagt der Insider. Die Post bestätigt, dass ein Leadership-Meeting stattgefunden habe. Zu den Kosten und den pikanten Details will sie sich nicht äussern.

Auch Post-Chef Hurni in Vietnam

Mit der Kritik ist das ehemalige Kader nicht allein. Mitarbeiter der SPS lassen am Führungsstil des Unternehmens kein gutes Haar. Sie sprechen von «Intransparenz beim Umgang mit den Mitarbeitern», von «hoher Fluktuation», von «schlechter Bezahlung» und von einem «orientierungslosen Management». 

Mit den Vorwürfen – auch zu Vollmer – konfrontiert, antwortet die Post schriftlich: «Auf die Branche und damit auf vergleichbare Dienstleistungsunternehmen bezogen, bezahlt SPS faire Löhne.» Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Tatsächlich sind die Löhne bei SPS das grosse Thema. Als die Postfinance im September 2018 bekannt gab, dass 120 Beschäftigte an die SPS ausgelagert werden, gingen die Wogen hoch.

Den Postfinance-Angestellten wurde zwar zugesichert, in den ersten zwölf Monaten des Wechsels zu den gleichen Konditionen angestellt zu werden. Danach, so Sprecher Johannes Möri damals zu BLICK, seien aber Einbussen möglich. Gewerkschaften sprachen von «konzerninternem Lohndumping». Damit hat die SPS bereits Erfahrung: Vergangenes Jahr sanktionierte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Post-Tochter wegen Verstössen gegen den Lohnschutz. Und das nicht zum ersten Mal.

«Für die Angestellten sind die Arbeitsbedingungen bei der SPS miserabel. Für das Management ganz offensichtlich nicht», kritisiert Syndicom-Sprecher David Roth. Das «Luxusreisli» nach Vietnam zeige, wie abgehoben das Kader sei. Syndicom verlangt, dass die Kosten und das Programm für die Reise offengelegt werden. Davon sieht die Post ab.

Ob sich der Vietnam-Ausflug für die Kader der SPS gelohnt hat, ist nicht bekannt. Gemäss BLICK-Informationen hat auch Interims Post-Chef Ulrich Hurni (58) am Treffen teilgenommen. Gleich wie SPS-Chef Vollmer flog auch er Business-Class!

* Name  der Redaktion bekannt

Swiss Post Solutions

Swiss Post Solutions (SPS) ist ein Konzernbereich der Schweizerischen Post mit Hauptsitz in Bern. Für seine Geschäftskunden übernimmt die Post unterschiedlichste Aufgaben aus dem Bereich Kommunikation. Das kann etwa die Abwicklung der Korrespondenz sein oder die Sicherung der elektronischen sowie das Verarbeiten und Digitalisieren der schriftlichen Kommunikation. Der Fokus der SPS mit ihren fast 7000 Angestellten weltweit, 900 davon in der Schweiz, liegt auf Banken, Versicherungen, Telekommunikation und Gesundheitswesen.

Swiss Post Solutions (SPS) ist ein Konzernbereich der Schweizerischen Post mit Hauptsitz in Bern. Für seine Geschäftskunden übernimmt die Post unterschiedlichste Aufgaben aus dem Bereich Kommunikation. Das kann etwa die Abwicklung der Korrespondenz sein oder die Sicherung der elektronischen sowie das Verarbeiten und Digitalisieren der schriftlichen Kommunikation. Der Fokus der SPS mit ihren fast 7000 Angestellten weltweit, 900 davon in der Schweiz, liegt auf Banken, Versicherungen, Telekommunikation und Gesundheitswesen.

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